Neue Targets und Wirkstoffe in Sicht |
Iclepertin ist ein potenter und selektiver Inhibitor des Glycin-Transporters-1 und erhöht damit die Glycin-Konzentration im synaptischen Spalt. Weil dieser Neurotransmitter für die Lern- und Gedächtnisleistung wichtig ist, soll die Erhöhung der Glycin-Konzentration die kognitiven Leistungen verbessern (14).
Iclepertin wirkt auf sogenannte CIAS (cognitive impairment associated with schizophrenia). Aktuell ist noch kein Wirkstoff in dieser Indikation zugelassen. In Phase-II-Studien konnte der Wirkstoff die Kognition bei an Schizophrenie erkrankten Menschen signifikant verbessern (15). Es war zudem gut verträglich. Die Nebenwirkungsraten lagen teilweise unter denen der Placebogruppe. Mitte Januar 2025 wurden enttäuschende Studienergebnisse der Phase-III-Studie Connex-3 veröffentlicht: Die kognitive Leistungsfähigkeit änderte sich gegenüber Placebo nicht signifikant nach sechs Monaten. Die gute Verträglichkeit aus den Phase-II-Studien wurde bestätigt. Eine weitere Interpretation der Studiendaten bleibt abzuwarten.
Adipositas und Übergewicht sind bidirektional mit psychischen Erkrankungen verbunden. Übergewichtige haben ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen und psychisch erkrankte Menschen ein erhöhtes Risiko für Übergewicht und metabolisches Syndrom. So untersucht man schon lange, wie diese Erkrankungen zusammenhängen könnten (16, 17).
Glucagon-like-Peptide-1-(GLP-1-)Agonisten, bekannt für ihre Rolle im Glucosestoffwechsel, haben auch neuroprotektive und neuroregenerative Eigenschaften. GLP-1 ist auch im ZNS zu finden, vor allem im Hypothalamus und der Amygdala. GLP-1-Agonisten können die Blut-Hirn-Schranke passieren und daher im ZNS wirken (18). Wirkmechanismen umfassen antiinflammatorische Eigenschaften, Stimulation von Neuroneogenese, Wiederherstellung der Insulin-Signalübertragung im ZNS und verbesserte mitochondriale Biogenese.
Zunehmend werden GLP-1-Agonisten wie Liraglutid und Exenatid bei neurodegenerativen Erkrankungen und Depressionen erforscht. Nach anfänglichen Unsicherheiten konnte in Studien, die ein erhöhtes Depressionsrisiko unter GLP-1-Agonisten untersucht haben, kein erhöhtes Risiko festgestellt werden (19). Allerdings ist lange bekannt, dass bariatrische Operationen – und damit eine schnelle Gewichtsabnahme – mit einem erhöhten Suizidrisiko einhergehen (20). Für GLP-1-Agonisten zeigten viele Studien jedoch einen positiven Effekt auf depressive Symptome (21–24).
Übergewichtige Menschen haben ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen. Kann Metformin das Risiko für eine Depression senken? / © Adobe Stock/DimaBerlin
In einer Metaanalyse mit fünf randomisierten kontrollierten Studien (RCT) und einer Kohortenstudie war insgesamt ein antidepressiver Effekt für GLP-1-Agonisten festzustellen, auch in einer Subgruppenanalyse bei Betroffenen mit Diabetes (21). Dies ist insofern interessant, als dass Menschen mit Diabetes ein 1,5- bis 2-fach erhöhtes Risiko für Depressionen haben. Liraglutid und Exenatid zeigten in der Studie gleich gute Ergebnisse.
Liraglutid wirkt sich positiv auf die Neuroplastizität aus, sodass insbesondere kognitive Symptome wie Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen vermindert werden können. Die Synapsenneubildung wird verbessert. Neuroprotektive Effekte schützen vor der Apoptose von Neuronen. In einer Open-Label-Studie mit geringer Probandenzahl nahm die kognitive Leistungsfähigkeit unter Luraglutid nach vier Wochen signifikant zu (23).
Damit könnten GLP-1-Agonisten eine wichtige Lücke in der Behandlung von depressiv erkrankten Menschen schließen, die häufig aufgrund der persistierenden kognitiven Symptome noch lange nach Abklingen der depressiven Symptome krankgeschrieben sind.
Metformin, ein gängiges Medikament zur Behandlung von Typ-2-Diabetes, wird ebenfalls zunehmend bei Depressionen untersucht. Einige Studien deuten darauf hin, dass Metformin positive Auswirkungen auf die Stimmung haben kann, insbesondere bei Betroffenen mit Insulinresistenz oder metabolischem Syndrom. Laut einer Metaanalyse korreliert die Schwere der Depression mit dem Vorliegen einer Insulinresistenz (25).
Es wird angenommen, dass Metformin Entzündungen und oxidativen Stress reduziert, was zu einer Verbesserung der depressiven und kognitiven Symptome beitragen könnte (26). Dem Arzneistoff werden zudem antiapoptotische und neuroprotektive Wirkungen zugeschrieben.
Sehr interessant sind die Ergebnisse dänischer Registerstudien: Die adjustierten Daten zeigen, dass die längerfristige Einnahme von Metformin unter Real-Life-Bedingungen die Inzidenz depressiver Erkrankungen reduziert (27). Dies belegt auch eine australische Kohortenstudie über 16,6 Jahre mit 704 Frauen: Die Wahrscheinlichkeit, eine Depression zu entwickeln, war unter Metformin deutlich reduziert (28).
Insgesamt ist die Studienlage zwar noch nicht konklusiv, aber es gibt deutliche Hinweise, dass Metformin das Risiko für das Auftreten einer Depression senken kann. Die Ergebnisse lassen hoffen, dass sich aus dem besseren Verständnis der Zusammenhänge zwischen Insulinresistenz und Depression ein neuer Ansatz zur Behandlung von psychischen Erkrankungen ergibt.