Neue Targets und Wirkstoffe in Sicht |
Schon 1990 wurde die Glutamat-Hypothese der Depression formuliert (8). Sie existiert neben der Monoaminmangel-Hypothese, die einige Jahre früher postuliert wurde.
Das glutamaterge System spielt eine zentrale Rolle bei der synaptischen Plastizität und neuronalen Kommunikation. Wissenschaftler erkannten schon früh, dass Menschen mit depressiven Symptomen erhöhte Glutamat-Konzentrationen im Gehirn aufweisen (13). Glutamat-Agonisten und besonders NMDA-Rezeptor-Agonisten zeigen vielversprechende Ergebnisse bei der Behandlung von Depressionen und Schizophrenien. Der Wirkstoff BI 1569912, ein negativ-allosterischer Modulator von NMDA-Rezeptoren, die aus NR2B-Untereinheiten aufgebaut sind, wird derzeit in Phase-II-Studien gegen Depressionen getestet, auch in Deutschland.
Weitere NMDA-Modulatoren (Antagonisten) sind Apimostinel, Rapastinel und Zelquistinel. Apimostinel wird ebenfalls in Phase-II-Studien bei Depressionen geprüft. Es ist 1000-mal stärker als Rapastinel, bindet an eine spezielle Glycin-unabhängige Bindungsstelle des NMDA-Rezeptors und erhöht so die NMDA-Rezeptor vermittelte Neuroplastizität. Die bei dem NMDA-Rezeptor-Antagonisten (Es-)Ketamin auftretenden Nebenwirkungen wie Dissoziationen, Derealisations- und Depersonalisationserleben treten bei Blockade an dieser Bindungsstelle des NMDA-Rezeptors nicht auf.
Apimostinel muss injiziert werden. Oral verfügbar ist Zelquistinel, das in Phase-II-Studien zur Behandlung von Depressionen geprüft wird.
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Dextromethorphan ist als Hustenstiller im Handel, wird aber zunehmend als potenzielles Mittel bei Depressionen erforscht. Es wirkt als NMDA-Rezeptor-Antagonist und beeinflusst das glutamaterge System im Gehirn ähnlich wie Ketamin, das für seine schnelle antidepressive Wirkung bekannt ist.
In Kombination mit dem Antidepressivum Bupropion, das die Wirkung von Dextromethorphan verstärkt (über CYP2D6-Inhibition), zeigt es in klinischen Studien vielversprechende Ergebnisse bei der Behandlung von therapieresistenten Depressionen. Die Kombination von 45 mg Dextromethorphan plus 105 mg Bupropion wird in den USA seit 2022 unter dem Handelsnamen Auvelity™ vermarktet.