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Psychische Erkrankungen

Neue Targets und Wirkstoffe in Sicht

Psychische Erkrankungen wie Depression, Schizophrenie und Angsterkrankungen belasten Patienten, Angehörige und das Gesundheitssystem erheblich. Der Bedarf an effektiveren und sichereren Psychopharmaka ist hoch. Der Blick in die Pipeline lohnt sich.
Martina Hahn
Sibylle C. Roll
02.02.2025  08:00 Uhr

Auch M1-Rezeptor-Antagonisten in Erprobung

Der M1-Rezeptor ist ein neues Target in der Behandlung der Depression. PIPE-307 ist ein hochselektiver M1-Rezeptor-Antagonist, der ZNS gängig ist. Ähnlich wie Ketamin zeigt er schnell antidepressive Effekte über eine vermehrte BDNF-Ausschüttung (BDNF: Brain Derived Neurotrophic Factor).

Die Wirkung beruht auf der verminderten GABA-Ausschüttung und dadurch einer erhöhten glutamatergen Neurotransmission, was die BDNF-Ausschüttung steigert. Dieser Effekt wurde schon mehrfach für den unselektiven Muskarin-Antagonisten Scopolamin belegt. Jedoch ist dessen Verträglichkeit stark eingeschränkt, sodass mit PIPE-307 ein hoffentlich besser verträgliches Molekül zur Verfügung stehen wird (4–7).

Auch in der Behandlung der Multiplen Sklerose (MS) zeichnet sich ein Paradigmenwechsel ab. Für die schubförmig-remittierende MS sind in Deutschland zahlreiche Therapeutika zugelassen, die über unterschiedliche molekulare Mechanismen den autoimmunen Entzündungsprozess effektiv kontrollieren. Bei progredienten Verlaufsformen haben diese Medikamente jedoch nur einen geringen Nutzen und können den Verlust der Axone nicht verhindern.

Als bester Schutz gegen den axonalen Untergang wird die Remyelinisierung angesehen, also der Ersatz verloren gegangener Myelinscheiden. PIPE-307 wird derzeit in Phase-II-Studien zur Behandlung der MS getestet. Die Differenzierung von Oligodendrozyten-Vorläuferzellen zu Myelin-exprimierenden Oligodendrozyten wird gefördert, was zu einer Remyelinisierung beiträgt (8, 9).

Der Kaliumkanal als neues Target

Spannungsabhängige Kaliumkanalöffner sind eine innovative Klasse von Wirkstoffen, die neuronale Erregbarkeit und synaptische Transmission regulieren. Retigabin war der erste zugelassene Vertreter dieser Klasse und wurde weltweit als Antiepileptikum eingeführt. Aufgrund eines geringen Zusatznutzens gegenüber Lamotrigin und Topiramat wurde es jedoch in Deutschland 2012 wieder vom Markt genommen.

Neue Vertreter wie BHV-7000 werden nun in anderer Indikation in Phase-II- und -III-Studien erprobt. Dieses kommt bei unipolarer Depression, bipolarer Manie sowie verschiedenen Epilepsieformen zum Einsatz. Als Wirkmechanismus wird eine Hyperpolarisation der Neurone postuliert, was die Rate an Aktionspotenzialen vermindert. Neurone sind so länger im Ruhezustand – ein bekannter Ansatz für antiepileptische und antimanische Wirkstoffe.

Bei der Depression wird seit einigen Jahren verstärkt auf das Symptom Anhedonie geachtet. Denn bei Menschen, die an einer schweren Depression leiden, liegt auch nach Abklingen der maßgeblichen depressiven Symptome oft noch eine »emotionale Abstumpfung« vor. Dabei scheinen die positiven Gefühle wie (Lebens-)Freude, Lust und Vergnügen durch die SSRI direkt in Mitleidenschaft gezogen zu werden.

Bildgebungsstudien zeigen, dass SSRI offenbar das »hedonistische«, also Freude vermittelnde Signal vermindern, und zwar im ventralen Striatum und im orbitofrontalen Cortex (10). Da diese Wirkstoffgruppe in der klinischen Praxis am häufigsten zur antidepressiven Behandlung eingesetzt wird, ist das Problem der Anhedonie weit verbreitet und häufig eine Herausforderung in der Therapie.

Diese Lücke könnten Kaliumkanalöffner schließen. Eine Studie zeigte, dass Anhedonie bei Betroffenen mit unipolarer Depression durch den KCNQ2/3-Öffner Ezogabin signifikant reduziert wurde (11).

Auch der Wirkstoff XEN1101 war in ersten Studien einem Placebo signifikant überlegen: Der MADRS-Score sank signifikant stärker innerhalb von sechs Wochen. Die Nebenwirkungen unterschieden sich bei Gabe von 20 mg hinsichtlich der Auftrittswahrscheinlichkeit von Schwindel, Kopfschmerzen, Aufmerksamkeitsstörung und Sehstörungen zugunsten von XEN1101. In der 10-mg-Stärke unterschieden sich die Nebenwirkungen nicht von Placebo. Es trat keine Anhedonie auf wie bei den SSRI. Der Kaliumkanalöffner befindet sich derzeit in der klinischen Phase II für majore Depression und Phase III für fokale und generalisierte Epilepsien (12).

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