Neue Option bei genetisch bedingter Fettleibigkeit |
Kerstin A. Gräfe |
21.07.2021 17:00 Uhr |
Patienten mit einer seltenen Mutation im POMC-kodierenden Gen leiden unter anderem unter massivem Übergewicht. So wog zum Beispiel ein betroffenes zwölfjähriges Mädchen 117 kg. / Foto: Adobe Stock/Olivier Le Moal
Die Zulassung beschränkt sich auf Menschen, die aufgrund einer seltenen Mutation einen Mangel an dem Hypophysenhormon Pro-Opiomelanocortin (POMC) aufweisen und infolgedessen unter anderem unter starkem Übergewicht leiden. Aus POMC werden die Hormone Corticotropin und Melanotropin gebildet. Corticotropin stimuliert die Produktion von Glucocorticoiden, Melanotropin produziert den Pigmentstoff Melanin. Melanotropin wirkt darüber hinaus aber auch als Agonist am Melanocortin-4-(MC4)-Rezeptor appetitzügelnd. Patienten mit einem Defekt im Gen, das für POMC kodiert, leiden daher nicht nur unter Hypopigmentierung und Hypocortisolismus, sondern auch unter Adipositas und Essstörungen.
Setmelanotid (Imcivree®, Rhythm Pharmaceuticals) ist ein Peptidanalogon des natürlich vorkommenden α-Melanozyten-stimulierenden Hormons. Es wirkt als selektiver MC4-Rezeptor-Agonist und stellt die Aktivität des MC4-Rezeptor-Signalwegs wieder her. Imcivree ist zugelassen zur Behandlung und Kontrolle von Übergewicht und Hungergefühl bei Patienten ab sechs Jahren mit einer nachgewiesenen POMC-Defizienz (einschließlich PCSK1) oder biallelischem Leptinrezeptor (LEPR)-Mangel.
Die Zulassung basiert unter anderem auf zwei klinischen Studien mit 21 Teilnehmern. 80 Prozent der POMC-Patienten und 45,5 Prozent der LEPR-Patienten erreichten mit Setmelanotid mindestens 10 Prozent Gewichtsverlust innerhalb des ersten Behandlungsjahre sowie eine klinisch bedeutsame Verbesserung der Hungerbewältigung. Häufigste Nebenwirkungen waren Hyperpigmentierung, Reaktionen an der Injektionsstelle, Übelkeit und Kopfschmerzen.