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Schilddrüsen-Operation

Nachsorge optimieren

Nach einer Schilddrüsen-Operation müssen manche Patienten vorübergehend oder dauerhaft Calcium und Vitamin D einnehmen. Doch die Nachsorge klappt nicht immer optimal. Laut einer Studie kommt es sowohl zu Über- als auch Unterversorgung.
Brigitte M. Gensthaler
11.11.2019  11:00 Uhr

Die vier, jeweils erdnussgroßen Nebenschilddrüsen (Glandulae parathyroideae) haben eine wichtige Funktion: Sie produzieren Parathormon (PTH), das den Calciumstoffwechsel reguliert. Werden sie bei einer Operation verletzt oder entfernt, resultiert ein Hormonmangel. Dieser Hypoparathyreoidismus gilt als häufigste Komplikation nach einer totalen Schilddrüsenentfernung und führt zum Calciummangel. Die Patienten müssen dann vorübergehend oder dauerhaft Calcium substituieren. Die Zufuhr von Vitamin D steigert dessen Aufnahme aus dem Darm. Die Substitution wird fortgeführt, bis sich die Werte normalisieren.

Nach dem Klinikaufenthalt übernehmen in der Regel Hausärzte die individuelle Nachsorge des Patienten. Dass diese nicht immer optimal klappt, zeigten Ärzte vom Schilddrüsenzentrum an der Raphaelsklinik in Münster in einer Studie, die in der Fachzeitschrift »DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift« erschienen ist. Dr. Erik Hermann Allemeyer und Mitarbeiter bewerteten anhand eigener Patientendaten die Qualität der Nachbehandlung nach einer totalen Thyreoidektomie. Dafür wurden 117 Patienten acht bis 32 Monate postoperativ untersucht und zur Behandlung beim Hausarzt befragt. Bei 62 Patienten (53 Prozent) war direkt nach der Operation ein Hypoparathyreoidismus festgestellt worden, die anderen 55 (47 Prozent) hatten postoperativ normale Hormonwerte.

Bei der Nachuntersuchung hatten nur noch sieben einen Hormonmangel (PTH unter 15 pg/ml); bei den anderen 110 Patienten hatten sich die Nebenschilddrüsen erholt. In der Gruppe mit permanentem PTH-Mangel nahmen sechs Patienten Calcium und Vitamin D ein; jedoch hatten zwei zu niedrige Calciumwerte. Die Autoren empfehlen häufigere Laborkontrollen, um einen Abfall der Calciumwerte frühzeitig zu erkennen. Die Praxis sieht offenbar anders aus: Zehn Patienten, die postoperativ einen Hormonmangel hatten, gaben an, dass der Hausarzt keine Calciumkontrollen vorgenommen habe, und fünf wussten es nicht.

Häufiger als eine Unter- war eine Überversorgung. Fast 24 Prozent der Patienten, die bei der Nachuntersuchung keinen PTH-Mangel hatten, substituierten dennoch Calcium und Vitamin D. Dies sollte wegen der hohen jährlichen Therapiekosten und möglicher Nebenwirkungen vermieden werden, schreibt Allemeyer. Die Autoren empfehlen daher eine engmaschige Nachsorge, eine ausreichende Substitution bei allen Patienten mit permanentem Hypoparathyreoidismus und die Beendigung der Substitution bei normwertigem PTH.

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