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Bariatrische Chirurgie

Nachsorge ein Leben lang

Die bariatrische Chirurgie gilt als effektivste Therapieoption zur Reduktion des Körpergewichts bei Adipositas sowie signifikanten Remission von Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 oder arterielle Hypertonie. In der Folge ist eine lebenslange Nachsorge und damit auch professionelle Beratung in der Apotheke erforderlich.
Burkhard Kleuser
02.04.2023  08:00 Uhr

Operative Verfahren

Adipöse Menschen mit einem BMI von 40 bis 45 kg/m² haben eine um acht bis zehn Jahre verringerte Lebenserwartung. Mit der Erhöhung der Zahl der Übergewichtigen bei gleichzeitiger Steigerung der Schweregrade nimmt nicht nur die Gesamtmortalität zu. Auch die Qualität der verbleibenden Lebensjahre sinkt signifikant. Denn starkes Übergewicht beansprucht nicht zuletzt im besonderen Maße auch den Stütz- und Bewegungsapparat mit oftmals starken Schmerzen bis hin zur Notwendigkeit unter anderem auch des Gelenkersatzes.

Sind die konservativen Möglichkeiten der oftmals aus vielerlei Gründen notwendigen Gewichtsabnahme erschöpft, kann, insbesondere wenn Adipositas-assoziierte Begleiterkrankungen weiter bestehen, eine bariatrische Intervention (baros = griech: Schwere, Gewicht; iatros = griech: Arzt) gemäß Vorgaben zur Indikation und zum Operationszeitpunkt der S3-Leitlinie »Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen« unumgänglich werden.

Bei der Indikationsstellung unterscheidet die Leitlinie zwischen Adipositas-chirurgischen und metabolischen Eingriffen (8; Kasten). Ob restriktiv oder malabsorptiv: Die derzeit praktizierten bariatrischen Interventionen führen zu einer verminderten Energiezufuhr. Das Magenvolumen wird chirurgisch so stark reduziert, dass nur noch kleine Nahrungsmengen aufgenommen werden können. Malabsorptive Effekte werden dadurch erzielt, dass die Resorptionsfläche insbesondere im Duodenum verringert wird.

In mehr als 50 Prozent der Fälle und insbesondere bei superadipösen Patienten wird die sogenannte Schlauchmagenoperation, auch Sleeve-Gastrektomie (sleeve, engl.: Ärmel; Grafik B), durchgeführt. Dabei werden bis zu 90 Prozent des linksseitigen Magens entlang einer Kalibrationssonde entfernt, sodass nur ein schlauchförmiger kleiner Restmagen erhalten bleibt.

Nachteilig ist, dass es mit der Verringerung des Magenvolumens in der Folge in vielen Fällen zum Rückfluss des sauren Mageninhalts in die Speiseröhre kommen kann. Dieser chronische Reflux kann mit der Schädigung des gesunden Plattenepithels der Schleimhaut der distalen Speiseröhre und somit einem Barett-Ösophagus (9) einhergehen, der langfristig zu einem Adenokarzinom der Speiseröhre führen kann. Alle zwei Jahre sollte daher nach bariatrischen Eingriffen eine gastroskopische Kontrolle erfolgen.

In diesem Zusammenhang von Relevanz ist, dass Adipositas generell mit erhöhten Prävalenzen gastroösophagealer Refluxerkrankungen verbunden ist. Bei Betroffenen werden Sleeve-Gastrektomien daher per se gemieden. Vielmehr gilt hier der Magenbypass als geeignetere Operationstechnik.

Im Ranking der bariatrischen Interventionen folgt die nach dem schweizerischen Chirurgen César Roux (1857 bis 1934) benannte Roux-Y-Magenbypass-Technik in Deutschland an zweiter Stelle. Bei dieser Technik wird die Nahrungspassage im Magen-Darm-Trakt durch zwei künstlich geschaffene Verbindungen so umgeleitet, dass große Teile des Magens und des Dünndarms umgangen werden (Grafik C).

Der Magen wird knapp unterhalb des Mageneingangs durchtrennt. Es verbleibt ein kleiner Magenteil, der Magenpouch, der mit dem unterhalb des Zwölffingerdarms durchtrennten Dünndarm verbunden wird. Die in den Zwölffingerdarm sekretierten Verdauungssäfte der Galle und der Bauchspeicheldrüse werden so in den weiter unten liegenden Darmabschnitt geleitet. Die Nahrungspassage durch den Zwölffingerdarm wird komplett ausgeschaltet. Erst in den späteren Darm abschnitten treffen Nahrung und Verdauungssäfte aufeinander. Dieses bedeutet, dass für die Verdauung und Resorption der Nährstoffe weniger Zeit und weniger Oberfläche verbleiben.

Basieren circa 15 Prozent der bariatrischen Eingriffe auf der Ein-Anastomosen-Bypass- beziehungsweise Omega loop-Magenbypass-Methode, so wird im Gegensatz zum Roux-Y-Verfahren hier nur eine Anastomose (Neuverbindung) zwischen Magenpouch und dem Dünndarm hergestellt (Grafik D). Allerdings birgt der damit verbundene direkte Kontakt zwischen Magenpouch und Verdauungssekreten die Gefahr möglicher Gallerefluxe. Das Risiko der Entstehung ulzeröser Geschwüre im Bereich der Anastomose zwischen Magen und Dünndarm ist relativ hoch (10). Auch hier ist die langfristige engmaschige medizinische Kontrolle angezeigt.

Es gibt weitere Möglichkeiten der Intervention, zum Beispiel die Einengung des Magens durch die Anbringung eines Silikonbandes (Grafik E), wobei dieser Eingriff fast gar nicht mehr durch geführt wird. Studien mit Langzeit-Follow-up zeigen, dass diese Operationsmethode bezogen auf Langzeitgewichtsverlust und Komplikationsrate den anderen Methoden unterlegen ist. Als Medizinprodukte kommen zudem als Alternative vor bariatrischen Operationen teils schluckbare Magenballons (Grafik F) zur Verkleinerung des Magens und schnelleren Herbeiführung des Sättigungsgefühls zum Einsatz. Doch sind auch diese nicht frei von teils negativen Erfahrungen, Risiken und Nebenwirkungen.

Stichwort »Kontraindikationen«: Leitliniengemäß sollten bariatrische Eingriffe bei einer unbehandelten Bulimie, einer aktiven Substanzabhängigkeit und bei endokrinen Störungen als Basis der Adipositas gemieden werden.

Es gibt Hinweise, dass es bei einigen Patienten nach einer bariatrischen Operation zu einem erhöhten Alkoholkonsum kommt (11). Tatsächlich wird Alkohol nach dem Eingriff besser resorbiert, sodass schneller höhere Alkoholspiegel erreicht werden. Ebenso existiert ein Zusammenhang zwischen Adipositas und Depression.

Direkt nach einem bariatrischen Eingriff scheinen depressive Symptome abzunehmen; es kommt nach mehreren Jahren jedoch wieder zu einer Angleichung auf ein Depressionsniveau wie bei der nicht operierten Kontrollgruppe. Tatsächlich ist auch die Suizidrate bei operierten Patienten im Vergleich zur Kontrollgruppe erhöht (12). Eine psychotherapeutische Betreuung sollte daher nach der Operation für die Patienten zur Verfügung stehen.

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