Methylphenidat bringt Alzheimer-Patienten aus der Apathie |
Antriebs-, Empathie- und Interessenverlust sind neben dem Gedächtnisverlust typische Symptome einer Alzheimer-Demenz. Hier kann das Psychostimulans Methylphenidat helfen. / Foto: Getty Images/Westend61
Alzheimer-Demenz geht nicht nur mit kognitiven Einbußen, sondern auch neuropsychiatrischen Symptomen einher, unter anderem Apathie, sprich: vermindertem Antrieb sowie Empathie- und Interessenverlust. Mortalität und Morbidität werden dadurch zusätzlich erhöht.
In mehreren kleineren Untersuchungen wurden bereits günstige Effekte des Stimulans Methylphenidat auf die Apathie auch bei Alzheimer-Erkrankten belegt. Bestätigung gibt es nun durch die Ergebnisse der ADMET-2-Untersuchung (»Apathy in Dementia Methylphenidate Trial 2«) mit einer größeren Teilnehmerzahl. Im Rahmen der multizentrischen, randomisierten, verblindeten, placebokontrollierten Phase-III-Studie von 2016 bis 2020 in einem kanadischen und sieben US-amerikanischen Demenz-Zentren erhielten 99 von 200 Patienten (Durchschnittsalter: 76 Jahre, 66 Prozent männlich) mit moderaten kognitiven Beeinträchtigungen sowie häufigen und auch schweren Apathie-Zuständen über sechs Monate Methylphenidat (zweimal täglich 10 mg oral); die anderen 101 Teilnehmer bekamen ein Placebo.
Im Ergebnis zeigten sich nach diesen sechs Monaten in der Methylphenidat-Gruppe gegenüber Placebo signifikante Verbesserungen des Apathie-Scores gemessen mit dem Demenz-Fragebogen NPI (»Neuropsychiatric Inventory«).
»Bis heute gibt es keine in Europa zugelassene, ursächliche Therapie für die Alzheimer-Demenz. Umso bedeutsamer ist die Behandlung begleitender Symptome wie der Apathie, dieses allemal, da so auch die therapeutische Mitarbeit der Betroffenen erhöht und somit das Mortalitätsrisiko gesenkt werden kann«, unterstreicht Professor Dr. Richard Dodel, Essen, in einem Statement der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) zur ADMET-2-Studie.
Der Wirkmechanismus von Methylphenidat als Arzneistoff, der als Psychostimulans zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störungen (ADHS) zugelassen ist, ist nicht eindeutig geklärt. Ob peripher oder zentral: Diskutiert wird die Freisetzung sowohl von Noradrenalin als auch von Dopamin aus intraneuronalen Speichern und Wiederaufnahmehemmung am synaptischen Spalt. In Deutschland fällt Methylphenidat unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG).
Die pharmakologische Therapie der Alzheimer-Demenz setzt sich derzeit leitliniengemäß zusammen aus der Behandlung der Kernsymptomatik mit unter anderem kognitiven Störungen und Beeinträchtigungen der Alltagstätigkeiten sowie, falls notwendig, der Therapie psychischer und verhaltensauffälliger Symptome, zu denen neben Apathie auch Depressionen, Wahn und Halluzinationen zählen.
Die aktuell zugelassenen Medikamente mit Wirksamkeits-Nachweisen in der Behandlung der Kernsymptomatik der Alzheimer-Demenz sind die Acetylcholinesterase-Hemmer Donepezil, Galantamin und Rivastigmin sowie der nicht kompetitive NMDA-Antagonist Memantin, deren Therapieansätze auf Veränderungen der Neurotransmission beruhen, jedoch nicht über eine symptomatische Therapie hinausgehen.