Melderückgang während der Lockdowns |
Daniela Hüttemann |
17.03.2021 09:30 Uhr |
Manche seltene Nebenwirkung steht anfangs nicht im Beipackzettel, weil sie erst nach der Zulassung bei breiter Anwendung bemerkt wird – doch nur, wenn Verdachtsfälle gemeldet werden. / Foto: Adobe Stock/Stockfotos-MG
8707 Spontanberichte aus 4582 Offizin- und Krankenhausapotheken gingen im Jahr 2020 an die AMK – »nie zuvor verzeichnete die AMK eine so starke relative Abnahme der Spontanmeldungen in einem Jahr (-19 Prozent), was eindrucksvoll den Wert des unmittelbaren Patientenkontaktes zur Identifizierung von (potenziellen) Arzneimittelrisiken unterstreicht«, teilt die AMK-Geschäftsstelle heute mit. Etwa drei Viertel der Meldungen betrafen Qualitätsmängel, der Rest unerwünschte Wirkungen, Medikationsfehler, Missbrauch sowie Medizinprodukte-Vorkommnisse.
Dabei sei der Rückgang im Meldeverhalten unmittelbar mit pandemiebedingten Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen verknüpft gewesen. »Während das Meldeaufkommen zu Beginn
des Jahres 2020 in etwa dem des Vorjahres entsprach, zeichnete sich bereits Ende Februar ein Melderückgang ab, der sich mit den am 13. März beginnenden ersten SARS-CoV-2-bedingten ›Lockdown‹- Maßnahmen verstärkte«, berichtet die AMK. Ende April hatte das Meldungsvolumen dagegen wieder den Vorjahreswert erreicht, während es ab Juli wöchentlich bergab ging, mit einem starken Abfall ab Kalenderwoche 50, dem Dezember-Lockdown. »Die Apotheken leisteten erneut einen bedeutsamen Beitrag zur Erhöhung der Arzneimittel(therapie)sicherheit und damit für die Patientensicherheit, auch unter den einschneidenden Bedingungen der Pandemie«, betont Professor Dr. Martin Schulz, Vorsitzender der AMK.
Zu Qualitätsmängel bei Arzneimitteln gingen 6336 Verdachtsmeldungen ein; vor allem Verpackungsfehler, galenische Mängel und mechanische Defekte fielen hier dem Apothekenpersonal auf. Von den insgesamt 2371 Berichten zu Arzneimittelnebenwirkungen wiesen laut AMK rund 800 aufgrund ihrer Klassifikation der Art oder Schwere eine Eilbedürftigkeit zur Weiterleitung an die zuständige Bundesoberbehörde auf.
6 Prozent der Nebenwirkungsmeldungen seien im Zusammenhang mit einer Arzneimittelsubstitution gemeldet worden, also beim Austausch des verordneten Arzneimittels zum Beispiel durch ein Rabattarzneimittel der entsprechenden Krankenkasse.
Doch die Meldungen der Apotheken an die AMK sind keine Einbahnstraße. So veröffentlichte die Kommission im vergangenen Jahr mehr als 300 Nachrichten, davon allein 33 Rote-Hand- und Informationsbriefe sowie 23 AMK-eigene Risikoinformationen. Hinzu kamen 170 Chargenrückrufe, zwölf Chargenüberprüfungen sowie 27 Rückrufe; zweimal berichtete sie mittels AMKPHAGRO- Schnellinformationen unmittelbar über dringende Arzneimittelrisiken.
34 AMK-Meldungen beruhten dabei auf auf 372 Meldungen aus 340 Apotheken. »Weitere 655 Spontanberichte aus 571 Apotheken führten zur Einleitung korrektiver, risikominimierender Maßnahmen beim betroffenen Hersteller«, so die AMK. Sie bittet alle pharmazeutisch Tätigen, auch weiterhin jeden Verdachtsfall auf Nebenwirkungen oder Qualitätsmängel möglichst konkret und bevorzugt über das Online-Formular der AMK zu melden.
AMK / Berichte von Apothekerinnen und Apothekern über unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) an die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) stellen einen unverzichtbaren Beitrag zur Arzneimittelsicherheit dar. Die Geschäftsstelle der AMK erfasst, sammelt, bearbeitet und leitet die aufbereiteten Berichte an die beiden zuständigen Bundesoberbehörden, BfArM und PEI, weiter. Aus der europäischen Spontanberichtsdatenbank EudraVigilance beziehen die Zulassungsinhaber dann Ihren Bericht. Somit genügt die Meldung an die AMK.
Für eine Meldung brauchen Sie nur zu vermuten, dass eine UAW durch ein Arzneimittel verursacht sein könnte. Nutzen Sie dazu das von der AMK bereitgestellte Online-Formular unter www.arzneimittelkommission.de.
Ihr Bericht sollte mindestens folgende Daten enthalten: Initialen, Alter und Geschlecht des Patienten, Ihren Namen mit Anschrift, den Arzneimittelnamen und die beobachtete UAW. Alle an die AMK berichteten Informationen werden zuverlässig, gesichert und vertraulich behandelt.
Ihre Meldung kann zu risikominimierenden Maßnahmen der Behörden führen. Hierzu zählen zum Beispiel aktualisierte Fachinformationen oder Rote-Hand- Briefe. Durch die Berücksichtigung dieser Informationen tragen Sie dazu bei, die Patientensicherheit zu verbessern. Über alle Themen der Pharmakovigilanz informiert die AMK. Schauen Sie hierzu auf der AMK-Webseite nach oder lassen Sie sich bequem mittels abonnierter RSSFeeds informieren.
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