Mehr Corona-Infektionen bei stärkerem Pollenflug |
Gegen Rosengewächse wie Apfel, Kirsche und Pflaume sind die wenigsten allergisch. Fliegen aber die Pollen von Birke, Hasel oder Ambrosia, können sich Allergiegeplagte und Personen mit hohem Covid-19-Risiko mit einer Staubfiltermaske schützen. / Foto: Adobe Stock/nicoletaionescu
Gibt es viele Pollen in der Außenluft, steigen die Corona-Infektionszahlen, berichtet ein internationales Team unter Leitung von Forschenden der Technischen Universität München (TUM) und des Helmholtz-Zentrums München im Fachmagazin »PNAS«.
An Orten ohne Lockdown-Regelungen stieg die Infektionsrate im Schnitt um vier Prozent, wenn sich die Anzahl der Pollen in der Luft um 100 pro Kubikmeter erhöhte. In manchen deutschen Städten seien im Untersuchungszeitraum zeitweise pro Tag bis zu 500 Pollen auf einen Kubikmeter gekommen – dabei stiegen die Infektionsraten um mehr als 20 Prozent. Die Erklärung für die Beobachtung laut Forscherinnen und Forschern: Wenn Pollen fliegen, reagiert die Körperabwehr in abgeschwächter Form auf Viren der Atemwege. Der Körper produziere dann unter anderem weniger antiviral wirksame Interferone.
Sei die Pollenkonzentration in der Luft hoch und werden neben Viren auch Pollen eingeatmet, würden weniger Interferone produziert. Auch die eigentlich heilsame Entzündungsreaktion werde beeinflusst. »Wenn viele Pollen fliegen, kann die Zahl der Atemwegserkrankungen daher ansteigen – dies gilt auch für Covid-19«, heißt es in einer Pressemitteilung der TUM. Dabei spiele es keine Rolle, ob Betroffene an Allergien gegenüber diesen Pollen leiden oder nicht.
Die täglichen Infektionsraten korrelierten mit der Pollenzahl in Ländern mit und ohne Lockdown. Galten in den untersuchten Gebieten Lockdown-Regeln, halbierte sich die Zahl der Infektionen im Schnitt bei vergleichbarer Pollenkonzentration in der Luft. Das Autorenteam hatte Daten zu Pollenbelastung und SARS-CoV-2-Infektionsraten aus 130 Regionen in 31 Ländern auf fünf Kontinenten analysiert. Sie berücksichtigten auch demografische Faktoren und Umweltbedingungen, darunter Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Bevölkerungsdichte und die Ausprägung des Lockdowns.
»Man kann nicht vermeiden, luftgetragenen Pollen ausgesetzt zu sein«, sagt Stefanie Gilles, eine Erstautorin der Studie. »Personen, die zu Hochrisikogruppen gehören, sollten deshalb darüber informiert sein, dass erhöhte Pollenkonzentrationen in der Luft anfälliger gegenüber viralen Infekten der Atemwege machen.«
Letztautorin Dr. Claudia Traidl-Hoffmann, Professorin für Umweltmedizin, rät, in den nächsten Monaten die Pollenflugvorhersagen zu Rate zu ziehen. »Staubfiltermasken zu tragen, wenn die Pollenkonzentration hoch ist, kann das Virus und den Pollen gleichermaßen von den Atemwegen fernhalten.«
Erstautor Athanasios Damialis betont: »Betrachtet man die Verbreitung des SARS-CoV-2, müssen Umweltfaktoren wie Pollen mit in die Rechnung aufgenommen werden. Das Wissen um diese Auswirkungen eröffnet neue Wege für die Prävention und Abmilderung von Covid-19.«
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.