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Antikörper-Wirkstoff-Konjugate
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Magic bullets in der Onkologie

Antikörper-Wirkstoff-Konjugate haben sich zu einer wichtigen Säule in der Tumortherapie entwickelt und helfen Patienten mit soliden Tumoren und mit Blutkrebs. Wie sind die ebenso spezifischen wie toxischen Arzneimittel aufgebaut und wie wirken sie?
AutorKontaktManfred Schubert-Zsilavecz
Datum 26.01.2025  08:00 Uhr

Konjugate im Einsatz bei Blutkrebs

Aktuell sind fünf ADC für hämato-onkologische Erkrankungen in Deutschland verfügbar (Tabelle). Eines ist für die Behandlung der akuten myeloischen Leukämie (AML) zugelassen, vier weitere für die Therapie von malignen B-Zellerkrankungen: Lymphome und die chronisch lymphatische Leukämie (CLL).

Da diese Erkrankungen auch mit nicht konjugierten Antikörpern behandelbar sind, zum Beispiel Rituximab bei Non-Hodgkin-Lymphomen, und es eine wachsende Zahl alternativer Therapieansätze einschließlich bispezifischer Antikörper und CAR-T-Zellen gibt, werden die nächsten Jahre darüber entscheiden, welchen klinischen Stellenwert die ADC in diesen Indikationen künftig haben werden.

Loncastuximab Tesirin (Zynlonta®) ist ein auf CD19 abzielendes ADC. Das Protein CD19 wird an der Zelloberfläche der meisten B-Zell-Neoplasien exprimiert und ist deshalb ein wichtiges Target für die Behandlung von B-Zell-Lymphomen. Die SG3199-Komponente von Loncastuximab Tesirin ist ein als Alkylans wirkendes Pyrrolobenzodiazepin-(PBD-)Dimer, das nach Aufnahme des Konjugats proteolytisch freigesetzt wird. SG3199 bindet an die kleine Furche der DNA und bildet stark zytotoxische Crosslinks zwischen DNA-Strängen, was zur Apoptose der Tumorzellen führt.

Polatuzumab Vedotin (Polivy®) ist ein Anti-CD79b-Antikörper, der über einen Peptid-Linker an den Mitosehemmstoff MMAE gekoppelt ist. CD79b ist eine Komponente des B-Zell-Rezeptors, die bei mehr als 95 Prozent der diffusen großen B-Zell-(DLBC-)Lymphome exprimiert wird. Nach Bindung an CD79b wird Polatuzumab Vedotin Rezeptor-vermittelt internalisiert und der Linker durch lysosomale Proteasen abgespalten. In der Folge wird MMAE freigesetzt, das als Spindelgift über Mitosehemmung die Apoptose der Tumorzellen induziert.

Bei Gemtuzumab Ozogamicin (Mylotarg®) ist der gegen den B-Zell-Rezeptor CD33 gerichtete monoklonale Antikörper Gemtuzumab kovalent an Ozogamicin gebunden. Letzteres ist ein Derivat des hochgradig zelltoxischen Wirkstoffs Calicheamicin, verbunden mit einem Hydrazon-Linker. CD33 wird bei mehr als 90 Prozent der AML-Patienten auf der Oberfläche von Myeloblasten exprimiert. Bindet das ADC an das CD33-Antigen auf der Zelloberfläche, wird es in die Zelle aufgenommen und Ozogamicin anschließend freigesetzt, was den Zelltod verursacht.

In Inotuzumab Ozogamicin (Besponsa®) ist der gegen den B-Zell-Rezeptor CD22 gerichtete monoklonale Antikörper Inotuzumab kovalent an Ozogamicin gebunden.

Der Antikörper von Brentuximab Vedotin (Adcetris®) richtet sich gegen das Oberflächenprotein CD30, sein Toxin MMAE gegen den Mikrotubuli-Apparat der Tumorzelle. Die Störung des Mikrotubuli-Apparats unterbricht den Zellzyklus und führt wie bei Polatuzumab Vedotin zum programmierten Zelltod der CD30-positiven Lymphomzelle.

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