Long-Covid-Risiko nach Omikron-Infektion geringer |
Theo Dingermann |
20.06.2022 13:00 Uhr |
Die Omikron-Variante von SARS-CoV-2 verursacht offenbar nicht nur mildere akute Krankheitsverläufe als ihre Vorgänger, sondern ist auch mit einem geringeren Risiko für Long Covid assoziiert. / Foto: Getty Images/CROCOTHERY
Man kann es zwischenzeitlich als gesichert betrachten, dass die Omikron-Variante des Coronavirus deutlich weniger schwer verlaufende akute Erkrankungen zu verursacht als frühere Varianten, zumindest in geimpften Populationen. Die Möglichkeit, dass eine große Zahl von Menschen an langfristigen Symptomen erkrankt, gibt jedoch Anlass zu großer Sorge. Dingend bedarf es Informationen, wie die Risiken für Long Covid in Abhängigkeit von der jeweiligen Virusvariante einzuschätzen sind.
Diese wichtige Frage adressieren Wissenschaftler um Dr. Michela Antonelli vom King’s College London jetzt im Fachjournal »The Lancet«. Es handelt sich um eine Fall-Kontroll-Beobachtungsstudie, in der die Autoren die relative Wahrscheinlichkeit ermitteln, im Vereinigten Königreich nach einer SARS-CoV-2-Infektion während des Omikron-Zeitraums im Vergleich zum Delta-Zeitraum an Long Covid zu erkranken. Die Basis für die Studie bilden selbstberichtete Daten aus der »Covid Symptom Study«.
Eingeschlossen waren Patienten, die nach einer Impfung positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurden, bei denen der Test über mindestens 28 Tage positiv blieb und die sich vor der Impfung nicht mit SARS-CoV-2 infiziert hatten. Berücksichtigt wurden 56.003 Omikron-Fälle und 41.361 Delta-Fälle. In beiden Zeiträumen waren in den Kohorten mehr Daten von Frauen als von Männern enthalten (55 beziehungsweise 59 Prozent Frauenanteil); die Altersverteilung war in beiden Kohorten ähnlich (Durchschnittsalter 53 Jahre), ebenso die Prävalenz von Komorbiditäten (rund 19 Prozent).
Während der Omikron-Periode wurden 2501 von 56.003 Personen identifiziert, die an Long Covid erkrankten (4,5 Prozent). Während der Delta-Periode waren mit 4469 von 41.361 Personen deutlich mehr Patienten betroffen (10,8 Prozent). Um einem möglicherweise nachlassenden Impfschutz Rechnung zu tragen, stratifizierten die Autoren die Teilnehmer abhängig vom Zeitraum, der zwischen der Infektion und der letzten Impfung verstrichen war, in drei Gruppen. In diesen war das Risiko für Long Covid nach einer Omikron-Infektion durchgängig deutlich niedriger als nach einer Delta-Infektion: Die Odds-Ratio betrug 0,50 bei einem Impfabstand von weniger als drei Monaten zur Infektion, 0,24 bei einem Abstand von drei bis sechs Monaten und 0,26, wenn die Impfung schon länger als sechs Monate zurücklag.
Die Autoren weisen darauf hin, dass die absolute Zahl der Menschen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt von Long Covid betroffen sind, allerdings auch vom Pandemieverlauf abhängt. Angesichts der hohen Zahl derer, die sich mit Omikron infiziert haben, werde somit auch die Zahl der Menschen mit Long Covid in Zukunft unweigerlich steigen.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.