Krebstherapie erhöht nicht die Sterblichkeit |
Laura Rudolph |
01.03.2022 09:00 Uhr |
Eine britische Studie macht Hoffnung: Eine Chemotherapie hat offenbar keinen negativen Einfluss auf den Covid-19-Verlauf bei Krebspatienten. / Foto: Getty Images/KatarzynaBialasiewicz
Das »UK Coronavirus Cancer Monitoring Project« ist eine prospektive Kohortenstudie an 69 britischen Krebskliniken, in der Forscher den Zusammenhang zwischen Covid-19 und der Sterblichkeit bei krebskranken Erwachsenen untersuchen. Jetzt veröffentlichte eine Gruppe um Dr. Csilla Várnai von der University of Birmingham im »JAMA Network Open« eine Auswertung dieser Studie (DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2022.0130). Berücksichtigt wurden 2515 Krebspatienten mit Covid-19. Das Durchschnittsalter war 72 Jahre. Da sich der Studienzeitraum von März bis August 2020 erstreckte, als noch keine Covid-19-Impfstoffe verfügbar waren, waren alle Probanden ungeimpft gegen das Coronavirus.
Die Sterblichkeit war hoch: Mehr als jeder dritte Krebspatient starb an der SARS-CoV-2-Infektion (38 Prozent). Eine besonders hohe Sterblichkeit gab es unter Patienten mit hämatologischen Neoplasien wie akuter Leukämie oder dem myelodysplatischen Syndrom – diese hatten verglichen mit den restlichen Probanden ein um mehr als das Doppelte erhöhtes Risiko, an Covid-19 zu sterben (Odds Ratio 2,16). Lungenkrebspatienten wiesen ein etwa um die Hälfte erhöhtes Risiko auf (OR 1,58).
Die hohe Covid-19-bezogene Mortalität aller Studienteilnehmer stand jedoch in keinem Zusammenhang zu einer systemischen Chemotherapie, die innerhalb der letzten vier Wochen vor dem positiven SARS-CoV-2-Nachweis erfolgt war. Dies zeigte sich nach einer Korrektur beziehungsweise der Berücksichtigung von Störfaktoren wie Alter, Geschlecht und Begleiterkrankungen.
Eine Immuntherapie, beispielsweise mit Checkpoint-Inhibitoren, im selben Zeitraum konnte die auf Covid-19 zurückzuführende Sterblichkeit sogar senken: Im Vergleich zu Corona-positiven Krebspatienten, die keine Krebstherapie erhielten, erniedrigte sich das Risiko um knapp die Hälfte (OR 0,52). Die Hintergründe dieses Zusammenhangs sind nach derzeitigem Forschungsstand noch unklar. Die Autoren vermuten, dass die Immuntherapie möglicherweise die körpereigene Immunabwehr gegen das Coronavirus verstärken könnte. Alternativ könnte auch eine Besserung der Krebserkrankung durch die Immuntherapie indirekt das Covid-19-bedingte Sterberisiko senken. Weitere Studien zur genaueren Untersuchung stehen noch aus.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.