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Langzeitfolge von Brustkrebs

Krebsfrei, aber depressiv

Der Brustkrebs ist überstanden, doch eine solch schwere Erkrankung hinterlässt bei vielen Spuren. Fast ein Drittel der Betroffenen leidet Jahre später noch unter Depressionen, zeigt eine neue Langzeituntersuchung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ). Die psychische Verfassung der ehemaligen Patientinnen dürfe auch langfristig nicht vernachlässigt werden.
PZ
27.10.2020  12:00 Uhr

»Während das Auftreten von Depressionen innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Brustkrebstherapie bereits recht gut untersucht ist, ist über die Häufigkeit von Depressionen bei Langzeitüberlebenden bislang wenig bekannt«, sagt Volker Arndt, Epidemiologe am DKFZ. »Wir wollten wissen, welche Rolle Depressionen bei Patientinnen auch noch viele Jahre nach der erfolgreichen Krebsbehandlung spielen, und welche Faktoren dies möglicherweise beeinflussen.«

Dazu befragten die Forscher 3010 ehemalige Patientinnen, bei denen die Diagnose 5 bis 15 Jahre zurücklag, sowie 1005 Kontrollpersonen ohne Krebserkrankung, aber mit ansonsten ähnlichem Hintergrund wie Alter und Einkommen, mittels eines standardisierten Verfahrens nach depressiven Symptomen. Die Ergebnisse sind im Fachjournal »Cancer Medicine« veröffentlicht worden. »Wir haben festgestellt, dass Langzeitüberlebende, deren Therapie bereits zwischen 5 und 15 Jahren zurückliegt, häufiger unter Depressionen leiden als Frauen, die nie an Brustkrebs erkrankt waren«, sagt Erstautorin Daniela Doege. Für Unter-80-Jährige galt: Während in der Kontrollgruppe 23,8 Prozent eine depressive Symptomatik zeigten, waren es unter den ehemaligen Brustkrebspatientinnen 30,4 Prozent. Der Unterschied war statistisch signifikant. Dagegen hatten unter den älteren Frauen sogar weniger ehemalige Patientinnen schwere Depressionen gegenüber der Kontrollgruppe.

Besonders betroffen waren Frauen, bei denen die Krebserkrankung wiedergekehrt war oder bei denen Metastasen festgestellt wurden. Weitere Risikofaktoren waren höheres Alter, Übergewicht sowie eine eingeschränkte oder aufgegebene Berufstätigkeit. »Wie die einzelnen Faktoren das Depressionsrisiko beeinflussen, können wir auf der Grundlage unserer Studie allerdings nicht erklären«, so Doege.

Epidemiologe Arndt betont: »Unsere Daten zeigen, wie wichtig es ist, dass behandelnde Ärzte bei Brustkrebspatientinnen, gerade bei Betroffenen mit Metastasen oder wiederkehrenden Tumoren, nicht nur die rein onkologischen Symptome therapieren. Entscheidend ist auch, die psychische Verfassung der Betroffenen im Blick zu behalten und bei Bedarf Hilfe anzubieten.«

Jährlich erkranken in Deutschland laut DKFZ rund 69.000 Frauen an einem Mammakarzinom. Es ist die häufigste Krebsform bei Frauen. Die Überlebenschancen habe sich in den vergangenen Jahre dank Fortschritten in Diagnostik und Therapie stetig verbessert, doch kann die Lebensqualität langfristig leiden, zum Beispiel durch ein chronisches Erschöpfungssyndrom (Fatigue) oder therapiebedingte Muskel- und Gelenkschmerzen.

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