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Viren, Bakterien und Parasiten

Krebs ist auch eine Infektionskrankheit

Die Evidenz lässt keine Zweifel zu: Krebs wird auch durch Viren, Bakterien und einige Parasiten hervorgerufen. Sind die infektiösen Agenzien bekannt, eröffnen sich zwei unmittelbare Handlungsoptionen: Vorsorge und/oder Therapie sind möglich. Denn die Zeitspanne zwischen der Infektion und der malignen Transformation ist teils sehr groß und die Infektionen lassen sich in der Regel früh gut diagnostizieren.
Theo Dingermann
26.04.2020  08:00 Uhr

2,2 Millionen Tumore durch Infektionen

Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass 15,4 Prozent aller Krebserkrankungen auf Infektionen zurückzuführen sind. Das bedeutet, dass weltweit 2,2 Millionen Krebserkrankungen durch Viren, Bakterien oder Parasiten (mit)verursacht werden. Das wiederum heißt, dass Krebsarten, die auf Infektionen zurückzuführen sind, weltweit mit einer höheren Inzidenz auftreten als jede einzelne Krebsart (12).

Elf Krankheitserreger wurden von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) als krebserregend für den Menschen eingestuft (Tabelle 1) (2). Nach dem Bakterium Helicobacter pylori (weltweit assoziiert mit 770.000 Krebserkrankungen) dominieren vier Viren: das humane Papilloma-Virus (assoziiert mit 640.000 Erkrankungen), das Hepatitis-B-Virus (HBV, assoziiert mit 420.000 Erkrankungen), das Hepatitis-C-Virus (HCV, assoziiert mit 170.000 Erkrankungen) und das Epstein-Barr-Virus (EBV, assoziiert mit 120.000 Erkrankungen).

Erreger Ausgelöste Karzinomarten
Bakterien
Helicobacter pylori Magenkarzinom (GNCA), MALT-Lymphom, Gallenblasenkarzinom
DNA-Viren
Epstein-Barr-Virus Burkitt-Lymphom, Hodgkin-Lymphom, nasopharyngeale Karzinome
Hepatitis-B-Virus (HBV) hepatozelluläres Karzinom (HCC), Gallengangkarzinom
Humane Papilloma-Viren (HPV) Zervix- und Vaginalkarzinome, Peniskarzinom, Analkarzinom, Karzinome im Mundbereich, nicht-melanozytärer Hautkrebs
Humanes Herpesvirus Typ 8 (HHV-8) Kaposi-Sarkom, maligne Lymphome
Merkelzell-Polyomavirus (MCPyV) Merkelzellkarzinomen (MCC)
RNA-Viren
Hepatitis-C-Virus (HCV) hepatozelluläres Karzinom (HCC)
Humanes T-lymphotropes Virus 1 (HTLV-1) T-Zell-Leukämie
Parasiten
Opisthorchis viverrini. Clonorchis sinensis Gallengangkarzinom
Schistosoma haematobium Blasenkarzinom
Tabelle 1: Von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) als krebserregend für den Menschen eingestufte Erreger (2); GNCA: gastric noncardia adenocarcinoma

Viren als Auslöser von Tumoren

Ein aktuelles Bild der Krebsinduktion durch Viren lässt sich aus Daten ableiten, die im »Pan-Cancer Analysis of Whole Genomes«-Projekt (PCAWG; www.nature.com/collections/afdejfafdb), einer Initiative des »International Cancer Genome Consortium« (ICGC), erarbeitet wurden (12). Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) hatten das Erbgut von mehr als 2600 Tumorproben, die von Patienten mit 38 verschiedenen Krebsarten stammten, systematisch nach Spuren von Viren durchsucht. In 13 Prozent der Gewebeproben wurden sie fündig. Dabei entschlüsselte das Forscherteam, das von Professor Dr. Peter Lichter vom DKFZ geleitet wurde, teilweise auch Mechanismen, über die die Erreger krebsfördernde Mutationen im Erbgut auslösen.

In 382 Genom- und 68 Transkriptom-Datensätzen wurden Viren nachgewiesen. Insgesamt entdeckte das DFKZ-Team bei 356 Krebspatienten Spuren von 23 verschiedenen Virusarten.

Erwartungsgemäß wurden die Vertreter der gut bekannten Onkoviren am häufigsten gefunden. In 329 von 389 Tumoren (85 Prozent) ließen sich EBV, HBV, HPV 16 und 18 und in selteneren Fällen auch Cytomegalie-Viren (CMV) nachweisen.

  • EBV-DNA fand man in 145 Proben (5,5 Prozent). EBV ist als Verursacher zahlreicher Krebsarten, insbesondere von Lymphomen, aber auch Tumoren des Magens und des Nasen-Rachen-Raums, bekannt. Damit scheint EBV der bedeutendste virale Auslöser einer Tumorerkrankung zu sein. Dabei können sehr unterschiedliche Tumoren entstehen.
  • HBV ließ sich in 67 Proben (2,5 Prozent) nachweisen. Wie erwartet, handelte es sich fast immer um Leberkrebs.
  • HPV 16 und 18 wurden in RNA- und DNA-Proben, meist aus Gebärmutterhals- oder Hals-Rachen-Tumoren, gefunden. Dass in diesen Fällen auch virale RNA identifiziert wurde, ist nicht überraschend. Anders als bei anderen Viren wird das virale Genom der Papilloma-Viren permanent exprimiert. Als Folge werden die viralen Onkogene stetig in Onkoproteine umgeschrieben, die für das Tumorwachstum essenziell sind.
  • Bei wenigen Fällen von Magenkrebs fanden die Wissenschaftler auch CMV.

Trotz der sorgfältigen bioinformatischen Analyse konnte das Heidelberger Team keine bislang unbekannten Viren aufspüren.

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