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Schwere Covid-19-Infektionen

Keine zu hohen Erwartungen an Dexamethason

In einer Studie konnte die Sterberate von schwer kranken, künstlich beatmeten Covid-19-Patienten mit dem Steroid Dexamethason gesenkt werden. Die WHO spricht von »großartigen Neuigkeiten«, doch deutsche Experten dämpfen allzu große Hoffnungen. Viele Fragen seien noch offen.
AutorKontaktDaniela Hüttemann
AutorKontaktdpa
Datum 17.06.2020  11:52 Uhr

In der RECOVERY-Studie der britischen Universität Oxford werden derzeit sechs verschiedene Behandlungsansätze bei Covid-19-Patienten erprobt. Am Mittwoch gab die Universität die Daten aus dem Arm mit niedrig dosiertem Dexamethason im Rahmen einer Pressemitteilung bekannt. Die Meldung schaffte es sogar zum Aufmacher in der »Tagesschau«. Die Daten wurden jedoch noch nicht einmal auf einem Preprint-Server, wie derzeit üblich, vorab publiziert, geschweige denn in einem Peer-reviewed-Journal veröffentlicht.

»Dies ist die erste Therapie, die zeigen konnte, dass sie die Mortalität senkt bei Patienten mit Covid-19, die auf Sauerstoff oder eine künstliche Beatmung angewiesen sind«, teilte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus mit. Die Mortalität konnte bei Patienten mit künstlicher Beatmung um etwa ein Drittel gesenkt werden und unter Sauerstoffzufuhr um etwa ein Fünftel, so die vorläufigen Studienergebnisse in aller Kürze. »Das sind großartige Neuigkeiten«, kommentierte Tedros. Von einem wirklichen Durchbruch, wie einige Medien titeln, kann aber aus wissenschaftlicher Sicht noch nicht die Rede sein.

Eine abschließende Einschätzung zur Qualität sei erst möglich, wenn die Originaldaten ausführlich gesichtet seien, sagte Professor Dr. Maria Vehreschild, Leiterin des Schwerpunkts Infektiologie am Universitätsklinikum der Goethe-Universität Frankfurt, der Nachrichtenagentur dpa. Wichtig sei unter anderem, die Nebenwirkungen noch weiter aus den Daten herauszuarbeiten. »Aus biologischer Sicht ist dieser Effekt nicht völlig überraschend, da insbesondere die schwer erkrankten Patienten unter einer überschießenden Immunreaktion leiden«, so Vehreschild. »Überraschend ist aber die Stärke des nachgewiesenen Effektes.«

»Bevor man das vollständige, durch unabhängige Gutachter beurteilte Manuskript gesehen hat, kann man die Wertigkeit der Studie nicht beurteilen«, dämpft auch der Pneumologe Professor Dr. Tobias Welte von

der Medizinischen Hochschule Hannover die Erwartungen. Kritisch zu prüfen ist bei Vorlage der Publikation, ob die beiden Patientengruppen (Dexamethason-Gruppe und Vergleichsgruppe) wirklich vergleichbar waren.

Zu bedenken sei bei den Ergebnissen auch, dass Dexamethason die Immunantwort gegen das Virus bremst und so dazu führen könnte, dass das Virus langsamer eliminiert wird, ergänzt Professor Dr. Bernd Salzberger, Bereichsleiter Infektiologie am Universitätsklinikum Regensburg und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie, gegenüber dpa. Zudem weist der Chefarzt der Infektiologie und Tropenmedizin am München Klinik Schwabing, Professor Dr. Clemens Wendtner, daraufhin, dass geprüft werden müsse, inwieweit der Mehrwert von Steroiden wie Dexamethason hinsichtlich der Sterberate mit Superinfektionen erkauft werden muss.

Steroide nicht routinemäßig anwenden!

Glucocorticoide sind auch bei anderen schweren Infektionen ein klassischer Behandlungsansatz. Sie werden zum Teil bei schwer verlaufenden Covid-19-Infektionen gegeben, um eine überschießende Immunreaktion zu dämpfen. Allerdings gehören sie nicht zur Standardbehandlung. »Wir haben bereits im März eine S1-Empfehlung zur intensivmedizinischen Therapie von Patienten mit Covid-19 herausgegeben. Darin raten wir ausdrücklich von einer routinemäßigen Gabe von Steroiden ab«, hatte Professor Dr. Stefan Kluge, Internist und Direktor der Klinik für Intensivmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) in einem Interview zur Standardbehandlung der Covid-19-Erkrankung, das er der Pharmazeutischen Zeitung Mitte Mai gegeben hatte, geäußert. Hintergrund ist, dass die Gabe von Steroiden die virale Clearance zu verzögern scheint. Studien bei SARS und Influenza hätten nachteilige Effekte gezeigt.

Spannend werde sein, ob andere Interventionen gegen eine überschießende Immunantwort wie der Einsatz von teuren Interleukin-1- oder Interleukin-6-Rezeptor-Blockern vergleichbare Effekte wie Dexamethason haben, erklärte Wendtner. Entsprechende Studien laufen derzeit, unter anderem wird der IL-6-Hemmer Tocilizumab auch in einem weiteren Arm der RECOVERY-Studie untersucht.

Weltweit gehen Forscher aber davon aus, dass die Coronavirus-Pandemie nur mit Impfstoffen endgültig in den Griff zu bekommen ist. So meint auch Wendter: »Angesichts des insgesamt nur kleinen, wenn auch signifikanten Herabsetzens der Sterblichkeitsrate durch Steroide bleibt die beste Medizin die Verhinderung der Covid-19-Erkrankung durch einen effizienten Impfstoff.«

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