Keine Personalnot dank Medikationsanalysen |
Daniela Hüttemann |
28.03.2023 07:00 Uhr |
»Die Studierenden wollen stärker pharmazeutisch arbeiten«, weiß Apothekeninhaber Stefan Göbel, der auch einen Lehrauftrag für Klinische Pharmazie an der Uni Jena hat. Pharmazeutische Dienstleistungen seien daher ein Kriterium bei der Wahl des zukünftigen Arbeitgebers. / Foto: PZ/Alois Müller
120 Kilometer bis Marburg, 130 Kilometer bis Jena, 150 Kilometer bis Frankfurt am Main: Heringen an der Werra an der Grenze zwischen Hessen und Thüringen liegt nicht gerade zentral und weit entfernt vom nächsten Studienstandort für Pharmazie entfernt. Trotzdem hat Stefan Göbel, Inhaber von zwei Apotheken, keine Probleme, motiviertes Personal zu finden. Denn in seiner Apotheke wird besonderer Wert auf pharmazeutische Dienstleistungen gelegt, insbesondere die Medikationsanalyse.
»Unter wirtschaftlichen Aspekten darf man die erweiterte Medikationsberatung nicht nur auf die 90 Euro Honorar reduzieren«, meinte der Apothekenchef. Die regelmäßige Durchführung von Medikationsanalysen habe viel mit ihm und seinem Team gemacht – und auch den Patienten und Ärzten. »Zum einen ist da ein Lerneffekt«, berichtete Göbel. Die ersten Analysen mögen schwer fallen, doch dann erkenne man zunehmend Muster in Verordnungen. Die bearbeiteten Fälle werden im Team besprochen, auch mit den PTA und PKA.
»Das hilft auch in der herkömmlichen Beratung, und die Anzahl der gefundenen kritischen Medikationen steigt«, war der Apothekenleiter überzeugt. Das wiederum führe zu einem Kompetenz-Effekt. Die Patienten, aber auch die Ärzte nehmen das Apothekenpersonal anders wahr. »Mittlerweile rufen die Ärzte bei uns an, um beispielsweise mögliche Kombinationen zu erfragen, oder sie verweisen den Patienten zur Anwendungsschulung an uns – und diese Patienten kommen immer wieder zu uns, auch in OTC-Fragen, und empfehlen uns weiter.« Das wiederum bedeute Wertschätzung und Stolz für seine Mitarbeiterinnen.
Vor allem aber machen die pharmazeutischen Dienstleistungen Spaß und das Arbeiten in der Offizin wieder attraktiver. Bewerber lädt Göbel vorab zu den teaminternen Fortbildungen ein. Einen »Standort«-Vorteil in der Mitarbeiter-Gewinnung hat Göbel noch: Er hat einen Lehrauftrag für Klinische Pharmazie an seiner Alma Mater in Jena. »Die Studierenden wollen stärker pharmazeutisch arbeiten«, so seine Erfahrung. Drei von vier sei es bei der Apothekenwahl wichtig, dass der zukünftige Arbeitgeber auch pharmazeutische Dienstleistungen anbietet oder würde deswegen wechseln.
Nach der Übernahme der väterlichen Apotheke habe er das Personal stark aufgestockt. Die neuen Mitarbeiterinnen seien dabei alle auf ihn zugekommen, da sie durch Mund-zu-Mund-Propaganda auf seine Apotheken aufmerksam geworden seien. Stellenanzeigen musste er nicht schalten. Während die meisten aus der Gegend stammen, sei eine 20-jährige PTA sogar aufgrund der Apotheke dorthin gezogen.
Göbel betonte jedoch auch, dass die pharmazeutischen Dienstleistungen nicht der einzige Punkt seien, sondern auch selbstverantwortliches Arbeiten, flache Hierarchien, flexible Arbeitszeiten sowie Fortbildungs- und Team-Veranstaltungen und die regelmäßige Ausbildung von Praktikanten zu seiner Führungsidee gehören.
Hier sehen Sie ein Video-Interview mit Apothekeninhaber Stefan Göbel: