Keine Mutter-Kind-Übertragung von Covid-19 |
Annette Rößler |
23.12.2020 13:28 Uhr |
Auch Frauen, die sich im letzten Drittel der Schwangerschaft mit SARS-CoV-2 infiziert hatten, entwickelten wenig überraschend Antikörper gegen das Coronavirus. Überraschender ist jedoch, dass sie nur in geringem Umfang an ihre Babys weitergaben, viel weniger, als das beispielsweise bei Anti-Influenza-Antikörpern der Fall ist. Warum das so ist, ist nicht geklärt. / Foto: Adobe Stock/S.Kobold
Schwangere gehören nicht per se zu den Risikogruppen für Covid-19. Laut Robert-Koch-Institut entwickeln sie bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 vergleichsweise seltener Symptome als die Normalbevölkerung. Besteht aufgrund des Alters der Frau oder anderer Faktoren eine Risikoschwangerschaft, ist jedoch das Risiko für Intensiv- und Beatmungspflicht erhöht. Abgesehen von diesen Punkten, die die Schwangere selbst betreffen, stellt sich aber auch die Frage nach möglichen Folgen einer Coronavirus-Infektion für das Ungeborene.
Dieser Frage sind Ärzte um Dr. Andrea Edlow vom Massachusetts General Hospital in Boston jetzt in einer prospektiven Kohortenstudie nachgegangen. Sie schlossen darin 127 Schwangere im dritten Trimester ein, von denen 64 mit SARS-CoV-2 infiziert waren. Die Infektion wurde mittels PCR-Test aus Nasen-Rachen-Abstrichen nachgewiesen. Im Blut war der Erreger bei keiner der Probandinnen nachweisbar, obwohl von den 64 Infizierten zwei kritisch an Covid-19 erkrankt waren, zehn waren schwer erkrankt und sieben mittelschwer. Die große Mehrheit der Frauen hatte somit nur schwache oder gar keine Symptome.
Auch im Nabelschnurblut und in der Plazenta war kein SARS-CoV-2 nachweisbar und keines der Neugeborenen steckte sich mit dem Virus an. Wie die Autoren im Fachjournal »JAMA« schreiben, liegt das vermutlich daran, dass der Erreger einerseits nicht im mütterlichen Blut zirkulierte und dass andererseits der ACE2-Rezeptor und das Enzym TMPRSS2, die SARS-CoV-2 beide braucht, um Zellen zu infizieren, auf Zellen der Plazenta selten gemeinsam vorkamen.
Die meisten der untersuchten Frauen mit SARS-CoV-2-Infektion entwickelten Antikörper gegen das Coronavirus. Diese gaben sie allerdings nur in geringem Umfang an ihre Babys weiter, viel weniger, als das beispielsweise bei Anti-Influenza-Antikörpern der Fall ist. Ein Nestschutz des Neugeborenen vor SARS-CoV-2 sei somit vermutlich unvollständig, so die Autoren. Es gelte nun herauszufinden, woran dies liege und ob es nach einer Impfung ebenso der Fall sei, so Edlow in einer Mitteilung des Krankenhauses.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.