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5-Punkte-Plan gegen Engpässe

Kein Retax und Austausch wird erleichtert

Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) hat heute zusammen mit Vertretern der Apotheker- und Ärzteschaft sowie der Industrie seinen 5-Punkte-Plan gegen Lieferengpässe bei Arzneimitteln vorgestellt. Er sieht für die Apotheken unter anderem vor, dass die Dringlichkeitsliste erweitert und der Austausch erleichtert wird.
Alexander Müller
14.09.2023  12:20 Uhr
Kein Retax und Austausch wird erleichtert

Minister Lauterbach sagte einleitend, man werde alles tun, um sicherzustellen, »dass Kinder die Arzneimittel, die sie benötigen, bekommen«. Das gelte für Medikamente, die im vergangenen Winter knapp gewesen seien.

Zur aktuellen Lage sagte Lauterbach: »Wir können Engpässe nicht komplett ausschließen, aber wir sind deutlich besser aufgestellt als im letzten Jahr.« Das sei auch Dank der Bereitschaft der Industrie möglich geworden, deutlich mehr zu produzieren – teilweise um bis zu 100 Prozent mehr. Man sei aber jetzt an der »technischen Leistungsgrenze«.

Trotzdem zeigte sich Lauterbach zuversichtlich: »Wenn wir keine große Welle bekommen, glaube ich, werden wir des Problems Herr werden können.« Das Gebot der Stunde sei: keine Hamsterkäufe, betonte Lauterbach. Ein kleiner Vorrat in der Hausapotheke sei angemessen, »das Horten ist einfach nicht sinnvoll«, so Lauterbach. Warnmeldungen zu drohenden Engpässen seien daher nicht hilfreich, weil dann unnötig gehortet werde.

Am Morgen hatte Lauterbach im ARD-«Morgenmagazin« noch scharf gegen die Apotheken geschossen. Beim öffentlichen Auftritt in seinem Ministerium an der Seite von ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening zeigte er sich versöhnlicher: »Bei der Apothekerschaft haben wir im vergangenen Jahr eine hervorragende Leistung gesehen.« Jetzt werde bei den gelockerten Regeln zu Austausch und Herstellung »Rechtssicherheit und wirtschaftliche Sicherheit geschaffen«. Der Austausch der Darreichungsform soll ohne Rücksprache mit dem Arzt möglich sein.

Overwiening: Austauschregeln erweitern und verstetigen

Konkret heißt es im 5-Punkte-Plan: »Der Austausch von Kinderarzneimitteln der Dringlichkeitsliste wird ausgeweitet und erleichtert. Für die Herstellung von Rezepturen und für den Austausch der Darreichungsform wird bei diesen Kinderarzneimittel eine Retaxation ausgeschlossen. Ebenso wird für diese Arzneimittel eine Beanstandung in Wirtschaftlichkeitsprüfungen für die Ärzteschaft ausgeschlossen.«

Das soll Lauterbach zufolge sehr schnell gehen. Die gesetzliche Änderung soll im Pflegestudiumsstärkungsgesetz (PflStudStG) untergebracht werden, das sich schon im parlamentarischen Verfahren befinde. Allerdings sind davon zunächst nur wenige Arzneimittel betroffen. Overwiening hat dem Minister aber das Versprechen abgerungen, die Austauschregeln insgesamt zu erweitern und zu verstetigen.

Lauterbach appellierte zudem an die Ärzte, keine Vorratsrezepte auszustellen. Eine »sparsame und evidenzbasierte Verschreibung« zählt ebenso zum 5-Punkte-Plan wie die Zusage, bei erneuten Engpässen zusätzliche Importe zu ermöglichen. Ferner sieht der Plan vor, dass die Festbeträge bei den dringlichen Kinderarzneimitteln weiter ausgesetzt bleiben und Rabattverträge für Kinderarzneimittel ausgeschlossen sind.

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