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Finanzergebnisse 1. Halbjahr 2019

Kassen bauen Rücklagen ab

Erstmals seit Langem verbuchen die Krankenkassen unter dem Strich wieder ein leichtes Defizit. Das geht aus den aktuellen Finanzergebnissen des ersten Halbjahres 2019 hervor, die das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) heute bekannt gegeben hat.
Ev Tebroke
04.09.2019  18:20 Uhr

Nachdem die Kassen in den zurückliegenden Jahren stets mehr eingenommen hatten, als sie ausgaben, verbuchen sie nach den ersten sechs Monaten dieses Jahres einen Ausgabenüberhang von 544 Millionen Euro. Wie das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) heute mitteilte, stehen den Einnahmen in Höhe von 124,7 Milliarden Euro Ausgaben in Höhe von 125,2 Milliarden Euro gegenüber. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stiegen die Einnahmen damit um 3,6 Prozent, die Ausgaben um 4,7 Prozent.

Mitverantwortlich für den Ausgabenüberhang ist das sogenannte Versicherten-Entlastungsgesetz, das seit 1. Januar 2019 Kassen mit übermäßig hohen Finanzreserven verpflichtet, Rücklagen sukzessive bis auf das gesetzlich vorgeschriebene Mindestmaß abzubauen und ihre Versicherten über geringere Zusatzbeiträge zu entlasten. Ab 2020 müssen die Kassen dann Finanzreserven, die eine Monatsausgabe überschreiten, an den Gesundheitsfonds abführen. Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz lag nun zum Stichtag 1. Juli 2019 laut BMG erstmals seit 2015 wieder unter der 1-Prozent-Marke. 

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist zufrieden: »Die aktuellen Kassenzahlen zeigen in die richtige Richtung: Notwendige Leistungsverbesserungen kommen jetzt bei den Versicherten an. Und Krankenkassen mit übermäßig hohen Finanzreserven haben endlich begonnen, ihre Mitglieder über geringere Zusatzbeiträge zu entlasten.« Bei nach wie vor bestehenden Finanzreserven in Höhe von derzeit 20,8 Milliarden Euro stünden die Kassen weiterhin gut da. 

Arzneimittelausgaben

Was die Ausgabenpositionen betrifft, so stiegen die Arzneimittelausgaben im ersten Halbjahr um 4,9 Prozent auf 21,4 Milliarden Euro und liegen somit 946 Millionen Euro über dem Wert des Vergleichszeitraums in 2018. Für den Anstieg sind laut BMG weiterhin vor allem die Entwicklungen im Bereich innovativer Arzneimittel verantwortlich. Gleichzeitig konnte die Kassen durch einen Zuwachs von 8,3 Prozent bei den Rabattverträgen im ersten Halbjahr 2019 deutlich Kosten sparen. Hohe Zuwachsraten meldet das BMG hingegen bei den Ausgaben für Schutzimpfungen. Hier steht ein Plus von 13,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Bei den Hilfsmitteln gab es eine moderaten Ausgabenanstieg um 284 Millionen Euro auf 4,63 Milliarden Euro. Deutlich überproportional, mit einem Plus von 13 Prozent, haben sich nach BMG-Angaben erneut die Ausgaben für Heilmittel erhöht. Diese belaufen sich nach den ersten sechs Monaten auf 4,2 Milliarden Euro, 484 Millionen Euro mehr als im ersten Halbjahr 2018. Hier machten sich die gesetzlich vorgegebenen Honorarsteigerungen bei den Heilmittelerbringern bemerkbar.

Im Bereich der vertragsärztlichen Vergütungen liegen die Ausgaben um 4 Prozent über dem vom Vorjahreszeitraum und beziffern sich aktuell auf 22,88 Milliarden Euro.

Was die Festlegung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes für das kommende Jahr betrifft, so wird sich Mitte Oktober der Schätzerkreis aus Finanzexperten von Bundesversicherungsamt, Bundesministerium für Gesundheit und GKV-Spitzenverband mit der Finanzsituation der Kassen befassen. Nach Auswertung der Ergebnisse will das BMG am 1. November den Richtwert für 2020 bekannt geben.

 

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