Kampf um Gleichpreisigkeit |
Julia Endris |
06.05.2019 12:06 Uhr |
Auch wenn die Zeiten für Apotheker bitterernst sind – es gab auch Grund zum Lachen bei der politischen Podiumsdiskussion. Von links: Dr. Hans-Peter Hubmann, Thomas Benkert, Emmi Zeulner (CSU), Dr. Manuela Rottmann (Grüne), Sylvia Gabelmann (Linke), Katja Hessel (FDP) und Moderator Ralph Erdenberger. / Foto: PZ/Alois Müller
Moderator Ralph Erdenberger erinnerte die Apotheker daran, dass sie gerade in »Spahnenden Zeiten« leben. Auf seine Frage, wie schwer es gewesen sei, Einigkeit bei der ABDA-Versammlung herzustellen, sprach Benkert von einem »harten Kampf und schweren Ringen«. Man habe sehr lange und sachlich diskutiert. »Auch die kritischen Stimmen wurden gehört. Wir begrüßen ausdrücklich das »Vorhaben« des Gesetzes, die Vor-Ort-Apotheken zu stärken.« Der BAV-Vorsitzende Dr. Hans-Peter Hubmann ergänzte: »Das Parlamentarische Verfahren geht erst los.« Unbedingt wichtig sei die Unterstützung durch die Abgeordneten im Parlament. »Kein Gesetz verlässt das Parlament so, wie es eingebracht wurde.« Der Erhalt von § 78 Absatz 1 Satz 4 Arzneimittelgesetz (AMG) bleibe die zentrale Forderung der Apotheker.
Wenn die Preisbindung nur noch für GKV-Versicherte gelte, würden PKV-Versicherte und Selbstzahler zu den Arzneimittelversendern aus dem Ausland abwandern, unterstrich Benkert in der Diskussion. In der Folge würden die Versandapotheken im Inland ebenfalls die Aufhebung der Preisbindung einfordern, was das Ende der Gleichpreisigkeit bedeute. Da die Krankenkassen dem Wirtschaftlichkeitsgebot unterliegen, befürchtet Hubmann als Konsequenz einer Aufhebung der Gleichpreisigkeit eine aktive Steuerung durch die Kostenträger, die wirtschaftlich handeln müssten.
Die Juristin Dr. Manuela Rottmann (Grüne) ist skeptisch: Mit dem Referentenentwurf könne man die Gleichpreisigkeit nicht retten. »Erst gab es die lange Debatte über den Versandhandel, jetzt über die Gleichpreisigkeit – beides führt nicht zu einer besseren Versorgung der Patienten«. Den Botendienst halte sie für wichtig. Um gezielt dort einzugreifen, wo Apotheken fehlen, hätten die Grünen auch das Thema »Umverteilung« in die Debatte eingebracht. Der Grünen-Vorschlag sieht vor, Gelder von den umsatzstärksten Apotheken auf strukturschwache Landapotheken umzuverteilen.
Die Bundestagsabgeordnete Katja Hessel (FDP) lehnte eine »Rolle rückwärts« beim Rx-Versandverbot ab. Sie bemängelte, dass Beratung bisher schlecht oder gar nicht bezahlt werde. Im Moment gebe es weder Gleichpreisigkeit noch faire Rahmenbedingungen. »Die FDP will keine Preisbindung, aber auch keine Rosinenpicken«, so Hessel. Konkrete Vorschläge machte die Abgeordnete allerdings nicht.
Apothekerin Sylvia Gabelmann (Linke) warf der ABDA vor, seit 20 Jahren zu versuchen, sich mit der Situation zu arrangieren. Jetzt stehe die Existenz der Apotheker auf dem Spiel: »Wenn § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG gestrichen wird, wird es einen Wettbewerb um die günstigsten Preise und nicht um die beste Versorgung geben. Es geht um die Zukunft der Apotheken«. Sie plädierte dafür, die Apothekenkunden in die Debatte einzubeziehen und so mehr Druck auf der parlamentarischen Ebene zu machen. Als Apothekerin setze sie sich weiterhin für das Rx-Versandverbot ein.
Gleiches Votum vertritt die CSU. Für Emmi Zeulner (CSU) ist zwar bei den Vorschlägen des Gesundheitsministers weiterhin »Luft nach oben«. Doch mit ihrer Aussage, »was Spahn macht, finde ich gut«, kann sich Gabelmann wohl eher nicht anfreunden. Zeulner möchte das Problem der fehlenden Preisbindung für Selbstzahler und Privatversicherte nochmal mit dem Gesundheitsminister diskutieren und sich auch weiterhin für die Gleichpreisigkeit einsetzen. Mit ihrem Ausspruch »Wenn ich und Melanie Huml kommen, versucht er immer abzuhauen«, regte Zeulner die Fantasie und die Lachmuskeln der Zuhörer gleichermaßen an. Doch nicht nur den Minister, auch andere in der Regierung gelte es zu überzeugen, betonte sie. Gabelmann hielt dagegen: »Ich bin stinksauer auf Jens Spahn. Das ist Erpressung, er hat einen Kuhhandel angeboten«.
Aus dem Auditorium fragte eine Apothekerin, warum alle aus der Politik das Rx-Versandverbot als Schutz der Vor-Ort-Apotheken empfehlen würden, die ABDA diese Forderung aber so schnell und kampflos aufgegeben habe. Die Kollegin legte nach: »Wie lange ist der Minister denn Minister? Es geht um die Zukunft des Berufsstands, und ich kann den Beruf des Apothekers unter den aktuellen Bedingungen niemandem empfehlen.« Hubmann verwies darauf, dass die ABDA kein Blockaderecht im Bundestag habe und im Koalitionsvertrag leider nur steht, dass man sich für ein Rx-Versandhandelsverbot einsetze, aber nicht: »wir machen das«. Hier gehe es auch »ein wenig um politischen Realismus«, da es zurzeit keine parlamentarische Mehrheit für ein Rx-Versandverbot gebe.