Pharmazeutische Zeitung online Avoxa
whatsApp instagram facebook bluesky linkedin xign
Psychische Gesundheit

Jüngeren geht es schlechter als je zuvor

Weltweit fühlen sich junge Erwachsene so unglücklich wie nie zuvor. Das zeigen Daten aus mehr als 40 Ländern. Psychische Probleme beginnen schon in der Jugend. Besonders betroffen sind Mädchen und junge Frauen.
AutorKontaktPZ
AutorKontaktdpa
Datum 29.08.2025  09:30 Uhr

Junge Erwachsene sind heute im Schnitt deutlich unglücklicher, als sie es jahrelang waren. Ein Team um den Glücksforscher David Blanchflower vom Dartmouth College in Hanover (USA) beschreibt im Fachjournal »PLOS One« eine Trendwende. Lange ließ sich demnach die Unzufriedenheit von Menschen in einer Art Hügel darstellen: Sie nahm mit einigen Schwankungen bis zum mittleren Alter von etwa 50 Jahren – der sogenannten »Rush Hour« des Lebens – zu und danach wieder deutlich ab. Das galt sowohl für Industrie- als auch Entwicklungsländer, wie in verschiedene Studien ergeben hatten.

Sprich: Den jungen und alten Menschen ging es im Schnitt gut, den mittelalten, die oft Karriere, Kindererziehung und womöglich Altenpflege gleichzeitig jonglieren, ging es schlechter – Sorgen, Depressionen und Stress kamen bei ihnen häufiger vor. So weit, so normal. Nun sieht die Kurve im Groben anders aus: Junge Erwachsene sind am unzufriedensten, im Alter werden die Menschen glücklicher. Dieses Ergebnis bestätigt frühere Untersuchungen aus diesem Jahr.

Weltweites Phänomen

Die Forschenden analysierten für die aktuelle Studie umfangreiche Befragungsdaten von Erwachsenen in Großbritannien und den USA zu deren psychischer Gesundheit. Zudem zogen sie ähnliche Daten der sogenannten »Global Minds«-Studie von fast 2 Millionen Menschen aus 42 weiteren Ländern hinzu, aus denen sich dem Team zufolge ableiten lässt, dass es sich bei der beschriebenen Veränderung um ein weltweites Phänomen handelt.

Die Studie zeige für die USA und Großbritannien, dass »psychische Probleme bei jungen Menschen am häufigsten auftreten und mit zunehmendem Alter abnehmen«, schreiben die Autoren. »Dies ist eine enorme Veränderung gegenüber der Vergangenheit, als psychische Probleme ihren Höhepunkt im mittleren Alter erreichten.«

Die gemittelten US-Daten für die Zeitspanne von 2009 bis 2018 ergeben noch den bekannten Hügel-Verlauf von Jung nach Alt, die Daten für die Zeitspanne von 2019 bis 2024 zeigen hingegen die neue Tendenz hin zur späteren Zufriedenheit. Das Unzufriedenheits-Niveau in der mittelalten Altersgruppe sank nicht übermäßig stark, sodass der veränderte Verlauf vor allem durch die enorme Verschlechterung des Zustands der Jüngeren zustande kam.

Experten sind besorgt

Der Makroökonom und Glücksforscher Karlheinz Ruckriegel von der Technischen Hochschule Nürnberg hält die Ergebnisse der Studie für »sehr besorgniserregend«. Andere Studien hätten bereits ähnliche Tendenzen gezeigt. »Die Evidenz ist schlagend«, sagt er im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.

»Die Gründe für diese Veränderung sind umstritten, aber wir sind besorgt, dass es heute eine ernsthafte Krise der psychischen Gesundheit unter jungen Menschen gibt, die angegangen werden muss«, schreiben Studienautor Blanchflower und seine Kollegen – und führen drei mögliche Erklärungen an:

- langfristige Nachwirkungen der Finanzkrise auf jüngere Generationen auf dem Arbeitsmarkt

- Auswirkungen der Beschränkungen während der Corona-Pandemie und

- die Auswirkungen der von Jüngeren viel genutzten sozialen Medien

Vergleiche und Wohlbefinden

Eine übermäßige Nutzung sozialer Medien sieht der unabhängige Forscher Ruckriegel – im Gegensatz zu den Finanzkrisenfolgen – als großen Einflussfaktor an. Jugendliche würden sich dort ständig vergleichen, mit anderen oder mit unrealistischen Idealen. »Wir wissen, dass diese Vergleiche hochproblematisch sind für unser Wohlbefinden.«

Ähnlich ordnet dies die Soziologin Hilke Brockmann von der Bremer Constructor Universität ein, die darin auch einen Grund dafür sieht, dass bei Mädchen und jungen Frauen die Unzufriedenheit besonders ausgeprägt ist. In den sozialen Medien würden Mädchen oft auf ihre Optik reduziert oder sexualisiert, sie würden auch viel häufiger Opfer im Internet.

Darüber hinaus provozierten die Netzwerke, dass sie sich nicht nur mit den anderen Mädchen aus der eigenen Clique, sondern mit weit mehr anderen Menschen verglichen, auch mit Figuren, die es so real gar nicht gebe, erklärt die Wissenschaftlerin. »Die ganze Welt wird zu meiner Peer Group. Der Druck, sich anzupassen und zu bestehen, ist brutal.«

Knackpunkte bei der Methodik

Brockmann sieht jedoch auch einige Knackpunkte bei der Methodik der Studie: So sei die Datenauswertung nicht dazu geeignet, Aussagen darüber zu treffen, ob die beobachteten Zusammenhänge zur mentalen Gesundheit tatsächlich durch das Alter und nicht vielleicht durch andere unabhängige Faktoren – wie etwa die Verbreitung von Smartphones oder den Ukraine-Krieg – ausgelöst würden.

Denkbar sei auch, dass sich diese beobachteten Effekte nur auf eine Kohorte von Jugendlichen beziehen, etwa auf diejenigen, die in der Corona-Zeit in der Pubertät waren und besonders stark unter den Beschränkungen gelitten haben. »Deshalb weiß man jetzt nicht: Werden die Jüngeren auch in Zukunft eine labilere mentale Gesundheit haben oder ist das vielleicht nur ein vorübergehendes Phänomen? Letzteres wäre meine Vermutung – und Hoffnung«, so Brockmann. Längerfristige Veränderungen lassen sich jedoch aus den Daten nicht ablesen.

Krise, Kriege, Klimawandel

Sowohl Brockmann als auch Ruckriegel bestätigen den großen Einfluss der Corona-Pandemie und halten es zudem für wahrscheinlich, dass auch die düstere, unberechenbare Weltlage mit Kriegen und Klimakrise einen Einfluss hat. Bleibt die Frage: Ist die mögliche Trendwende eigentlich schlimm? Immerhin scheint die Zufriedenheit ja über die Lebensspanne hinweg zuzunehmen.

Das Forschungsteam weist jedoch auf die weitreichenden Auswirkungen psychischer Probleme hin – von damit verknüpften körperlichen Problemen bis hin zu Schulleistungen oder der Beteiligung am Arbeitsmarkt. Auch Brockmann betont: »Das Jugendalter ist ein besonders wichtiger Lebensabschnitt. Wenn man die jungen Menschen in diesem Alter an mentale Erkrankungen verliert, dann verliert man sie eventuell für das ganze Leben.«

Erst kürzlich hatte das Robert-Koch-Institut (RKI) eine Analyse präsentiert, der zufolge der Anteil derjenigen, die ihr Wohlbefinden als gering einstuften, mit fast 40 Prozent bei den 18- bis 29-Jährigen besonders hoch ist. Bei den 65- bis 79-Jährigen lag der Wert nur bei etwa 17 Prozent. Zudem zeigte eine im Journal »Nature Mental Health« vorgestellte Analyse, dass der Wohlbefinden-Index im Mittel von 22 betrachteten Länder bis zum 50. Lebensjahr im Wesentlichen gleich blieb und erst mit dem Alter anstieg. Jüngere Jahrgänge hätten offenbar mehr Probleme als frühere Generationen, schreibt das Team dieser Studie.

Frag die KI
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
BETA
Menü
Zeit
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
Zeit
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
Senden
SENDEN
KI
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
KI
KI
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa