Jetzt schon an die Finanzen im Alter denken? |
Gesetzliche Rentenversicherung oder Versorgungswerk: Zwischen diesen Möglichkeiten zur Altersvorsorge kann ein Pharmazeut im Praktikum beim Start ins Berufsleben wählen. / Foto: Adobe Stock / magele-picture
PZ: Was kann ich mir unter einem Versorgungswerk vorstellen?
Schmidt: Das Versorgungswerk einer Apothekerkammer ist eine berufsständige Versorgungseinrichtung auf Grundlage der Heilberufsgesetze des jeweiligen Bundeslandes. Das ist die formal - juristische Erklärung…
PZ: …und die Erklärung für Laien?
Schmidt: Es gibt bundesweit neun Apothekerversorgungswerke, einige Kammern haben also gemeinsame Versorgungswerke. Sie haben die Aufgabe, Mitglieder und ihre Familienangehörigen mit Versorgungsleistungen abzusichern. Das sind zum einen die Rentenzahlungen – hier sind wir die erste Säule der Absicherung. Zum anderen sind es die Zahlungen zur Berufsunfähigkeit. Zum anderen sind es die Zahlungen zur Berufsunfähigkeit und mögliche Hinterbliebenenzahlungen.
PZ: Ist das Versorgungswerk eine Ergänzung zur gesetzlichen Rentenversicherung?
Schmidt: Nein. Wenn Apotheker pharmazeutische Tätigkeiten ausüben, sind sie Pflichtmitglieder im Versorgungswerk, aber nicht Mitglied in der gesetzlichen Rentenversicherung. Das hat historische Gründe: 1957 hat der Bund entschieden, die Altersvorsorge für freie Berufe wie unseren, aber auch für Ärzte und Architekten, eigenständig abzusichern. Wir durften nicht Mitglied der Rentenversicherung werden. 1972 ist das aufgeweicht worden, trotzdem zahlt nach meiner Kenntnis kaum ein Apotheker in die Rentenversicherung ein.
PZ: Welche Rolle spielen die Apothekerkammern?
Schmidt: Die Apothekerkammern sind das Organ, das die Versorgungswerke gegründet hat. Das Parlament des Versorgungswerkes ist die Kammer. Ich bin zum Beispiel Vorstand in unserem Versorgungswerk in Westfalen-Lippe, kann das aber nur sein, weil ich Mitglied der Kammerversammlung Westfalen-Lippe bin. Die Kammerversammlung hat mich in den Vorstand gewählt.
PZ: Wie finanziert sich ein Versorgungswerk?
Schmidt: Wir finanzieren uns aus Eigenmitteln, wir bekommen weder staatliche Zuwendungen noch Steuerzuschüsse. Wir müssen also aus eigener Kraft mit den Beiträgen unserer Mitglieder arbeiten und funktionieren wie eine Solidargemeinschaft. Bisher haben wir es durch gute Anlagepolitik und trotz Niedrigzinsphase immer geschafft, dass die Rentenzahlungen auf einem sehr guten Niveau waren.
PZ: Wie hoch ist meine Rente, wenn ich 40 Jahre lang ins Versorgungswerk eingezahlt habe?
Apotheker Christian Schmidt ist Vorsitzender der Ständigen Konferenz der Versorgungswerke für Apotheker. / Foto: VAWL
Schmidt: Das hängt von verschiedenen Faktoren ab, etwa ob Sie Teilzeit oder Vollzeit gearbeitet haben, ob sie selbständig waren oder in die Höherversorgung eingezahlt haben. Die Höhe richtet sich schlussendlich nach der Höhe der eingezahlten Beiträge.
PZ: Wie hoch sind die monatlichen Beiträge, die Ihre Mitglieder einzahlen?
Schmidt: Das sind die gleichen Beiträge wie in der gesetzlichen Rentenversicherung*. Zudem kann man freiwillig einen Beitrag zur sogenannten Höherversorgung einzahlen, damit erhöht man seine späteren Rentenansprüche. Ich empfehle jungen Kollegen, damit zeitig zu beginnen, selbst wenn die Beiträge zu Beginn des Arbeitslebens gering sind.
PZ: Muss ich als Pharmazeut im Praktikum (PhiP) Mitglied im Versorgungswerk sein?
Schmidt: Das ist regional unterschiedlich. Bei uns in Westfalen-Lippe ist es freiwillig. Aber die Voraussetzung, um überhaupt Mitglied im Versorgungswerk zu sein – auch als Pharmazeut im Praktikum – ist die Mitgliedschaft in einer Apothekerkammer.
PZ: Welchen Vorteil hat es, wenn man schon als PhiP ins Versorgungswerk einzahlt?
Schmidt: Ein aus meiner Sicht großer Vorteil vor allem für unsere jungen Kollegen ist die Absicherung im Fall einer Berufsunfähigkeit. Die ist bereits ab dem ersten Beitragsmonat gewährleistet.
PZ: Was empfehlen Sie denjenigen, die vor dem Studium eine Ausbildung zur PTA abgeschlossen haben?
Schmidt: Denen empfehle ich, sich bei ihrem jeweiligen Versorgungswerk beraten zu lassen. Gegebenenfalls hat es für sie Sinn, zunächst weiter in die gesetzliche Rente einzuzahlen, dort fünf Jahre vollzumachen, um Ansprüche zu erwerben.
PZ: Muss ich jeden Beschäftigungswechsel beim Versorgungswerk melden?
Schmidt: Ja. Denn der Arbeitgeber zahlt die Beiträge ins Versorgungswerk ein.
PZ: Was ändert sich, wenn ich in ein anderes Bundesland ziehe?
Schmidt: Dann ändert sich gegebenenfalls die Zuständigkeit beim Versorgungswerk. Wenn jemand zum Beispiel von Westfalen-Lippe nach Hannover umzieht, dann ist das Versorgungswerk Niedersachsen zuständig.
PZ: Was passiert in einem solchen Fall mit den eingezahlten Beiträgen?
Schmidt: Die »wandern« mit. Es sei denn, man hat schon fünf Jahre in das vorherige Versorgungswerk eingezahlt. Dann hat man dort eigene Ansprüche erworben und bekommt später Rentenzahlungen von zwei Versorgungswerken.
PZ: Muss ich in das Versorgungswerk auch einzahlen, wenn ich mich in Elternzeit befinde?
Schmidt: Das Elterngeld ist sozialversicherungsfrei. Auch wir als Versorgungswerk und viele mir bekannte Versorgungswerke erheben keinen Beitrag.
PZ: Und wie verhält es sich, wenn ich ein Sabbatjahr einlege?
Schmidt: Während eines Sabbatjahres ist ein Mitglied beitragsfrei im Versorgungswerk und zwar unabhängig davon, ob seine Beschäftigung bestehen bleibt oder nicht. Beiträge nehmen wir als Versorgungswerk Westfalen-Lippe und die meisten anderen Versorgungswerke nur dann entgegen, wenn eine versicherungspflichtige Tätigkeit mit Entgelt ausgeübt wird. Wer nicht tätig ist, kann freiwillig einen Beitrag zahlen.
Mitglieder in eigenständigen Versorgungswerken sind Ärzte, Apotheker, Architekten, Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater beziehungsweise Steuerbevollmächtigte, Tierärzte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Zahnärzte sowie selbstständige Ingenieure und Psychotherapeuten. Im Jahr 2017, mehr als 80 Jahre nach Gründung des ersten Versorgungswerkes, gab es bundesweit insgesamt 90 Versorgungswerke mit mehr als eine Million Mitglieder. Im System der Alterssicherung in Deutschland gehört die berufsständische Versorgung zur Regelsicherung der »1. Säule« - zusammen und gleichberechtigt mit der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung. Die Anlagen der Versorgungswerke folgen grundsätzlich der Maxime »Sicherheit geht vor Rendite«, danach wird ein Großteil der Gelder in festverzinslichen Wertpapieren mit festen Laufzeiten angelegt. Aber: Weil die Deutschen immer älter werden, reagieren die Versorgungswerke auf die deutlich veränderten Altersstrukturen. Das bestehende Leistungsniveau wird demnach vielfach nur bei Anpassung der Altersgrenze erhalten bleiben können – das aber weiterhin ohne staatliche Subventionen.
* Für 2020 liegen die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bei 18,6 Prozent des Bruttogehaltes.