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WHO

Jeder zweite Europäer könnte in acht Wochen mit Omikron infiziert sein

Im Vergleich zu anderen Ländern kommt Deutschland noch relativ gut durch die Omikron-Welle. Das Schlimmste steht uns jedoch noch bevor, warnen die WHO und deutsche Epidemiologen.
AutorKontaktdpa
Datum 11.01.2022  16:00 Uhr

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt unter Berufung auf eine Hochrechnung davor, dass sich in zwei Monaten schon über die Hälfte der Menschen in Europa mit Omikron infiziert haben könnten. Omikron stelle eine Flutwelle dar, die von West nach Ost über die europäische Region hinwegfege und zu dem Anstieg der Delta-Zahlen hinzukomme, den die Länder bis Ende 2021 erlebt hätten, sagte WHO-Regionaldirektor Hans Kluge am Dienstag auf einer Online-Pressekonferenz in Kopenhagen.

In einem Bericht des Forschungsinstituts IHME vom 8. Januar heißt es wörtlich: «Unsere Modelle für die Europäische Region legen nahe, dass Mitte Januar mit mehr als 12 Millionen Infektionen pro Tag ein Höchststand erreicht wird, wobei die nationalen Höchststände erheblich variieren werden, mit späteren Höchstständen in Zentralasien.» Und weiter: «Wir rechnen damit, dass sich in den nächsten sechs bis acht Wochen mehr als 50 Prozent der Euro-Bevölkerung mit Omikron infizieren werden.» Laut WHO-EU-Direktor Kluge bleibe die Sterberate stabil und weiterhin in Ländern mit hohen Inzidenzen und niedrigen Impfzahlen am höchsten.

Die Corona-Zahlen steigen auch in Deutschland deutlich, doch verglichen mit den schon hohen Omikron-Mauern benachbarter Länder baut sich die Infektionswelle später auf – warum? Die größte Rolle spielen wahrscheinlich die Schutzmaßnahmen, wie der Immunologe Professor Dr. Carsten Watzl der Deutschen Presse-Agentur (dpa) sagte. Die Delta-Welle sei gerade gebrochen, die ihretwegen verschärften Maßnahmen aber noch gültig und weiter wirksam gewesen, als Omikron im November gekommen sei.

In den sehr rasch extrem betroffenen Ländern Großbritannien und Dänemark hingegen habe es zu der Zeit kaum noch Beschränkungen gegeben, das Verhalten der Bevölkerung sei der Normalität am nächsten gewesen, ergänzte Modellierer Professor Dr. Dirk Brockmann von der Humboldt-Universität Berlin. Generell spiele die Reaktion der Menschen eine sehr große Rolle, erklärte Professorin Dr. Christine Falk von der Medizinischen Hochschule Hannover. Die Bevölkerung hierzulande habe ihr Verhalten offensichtlich rasch an Omikron angepasst und sich vorsichtiger verhalten – und damit zum bisherigen Ausbleiben »der Wand« beigetragen. «Das Handeln jedes Einzelnen fließt in die Gesamtlage ein», betonte die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie (DGfI).

Dem Epidemiologen Professor Dr. Hajo Zeeb zufolge war zumindest anfangs vermutlich auch von Bedeutung, wie viele Fälle eingeschleppt wurden, schließlich bildeten sie die Basis, aus der sich die Welle aufbaue. Inzwischen spielten solche Einträge keine Rolle mehr für das Infektionsgeschehen, betonte Brockmann. «Es gibt ein verzerrtes Bild, was die Rolle der Mobilität angeht, wenn das Virus ohnehin schon überall verteilt ist.» Die Ausweisung von Hochrisikogebieten mache keinen Sinn mehr. «Die ganze Welt ist ein Hochrisikogebiet.»

Warum Impfen trotzdem wichtig ist

Kaum Effekt speziell auf die Infektionsdynamik hat den Experten zufolge auch die Impfquote. Die Grundimmunisierung wirke sich bei Omikron fast gar nicht, auch der Booster nur sehr wenig auf diesen Aspekt aus, sagte Brockmann der dpa. «Charakteristisch für Omikron ist, dass es sich so verbreitet, als wäre die Bevölkerung nicht geimpft. 2G ist da wie null G.» Darum sei es auch nicht verwunderlich, dass die Fallzahlen auch in Gegenden mit vergleichsweise hoher Impfquote wie Bremen hochschießen.

Für das Ansteckungsrisiko des Einzelnen hat der Booster vor allem in der ersten Zeit nach der Impfung durchaus Bedeutung: Der Virologe Professor Dr. Christian Drosten von der Berliner Charité verwies kürzlich etwa auf dänische Studiendaten, die zeigten, dass die Auffrischungs-Impfung das Risiko für eine Omikron-Ansteckung merklich senke.

Bei den hohen Fallzahlen in Bremen sieht DGfI-Präsidentin Falk auch eine psychologische Komponente: Wegen der dortigen Spitzenquote bei den Impfungen hätten die Menschen gedacht und von der Politik auch vermittelt bekommen, sie könnten es nun lockerer angehen lassen. «Doch dann kam Omikron.» Und zwischen den Ansteckungs- und Weitergaberisiken von Delta und Omikron lägen nun einmal Welten. In Bremen und etwa auch in Schleswig-Holstein, wo vor und zu den Feiertagen noch die Discos offen gewesen seien, habe das zu Superspreader-Events und in der Folge den nun so hohen Inzidenzen dort geführt.

Omikron traf größere Städte zuerst

Als eine Besonderheit von Omikron führt Modellierer Brockmann an, dass sie zunächst meist urbane Regionen ausgesprochen heftig trifft. «London ist derzeit extrem viel stärker betroffen als die ländlichen Gegenden Großbritanniens.» In Dänemark konzentriere sich der Anstieg auf Kopenhagen, eine ähnliche Entwicklung sei auch in Deutschland zu erkennen – derzeit etwa in Bremen, Hamburg und Berlin.

Generell gebe es Faktoren, die in Städten eine überproportional zur Populationsdichte steigende Fallzahl begünstigten – mehr Besuche in Kino, Museum oder Restaurant als auf dem Land zum Beispiel und damit mehr Kontakte in Innenräumen. «Das kommt bei Omikron ganz besonders stark zum Tragen.» Letztlich sei aber nicht nur für die Städte klar: «Die Wand kommt verzögert, aber sie kommt.»

Anfangs, bei kleineren Fallzahlen, lasse sich die Entwicklung kaum voraussagen – wie bei einem kleinen, immer mal aufflackernden und wieder nachlassenden Feuer. Ab einem bestimmten Punkt aber gehe es nur noch steil bergauf, sagte Brockmann. «Wenn es einmal lodert, dann lodert's.»

DGfI-Präsidentin Falk hofft, dass die Menschen weiter mit großer Vorsicht agieren und sich die Wand zumindest zur Welle reduzieren lässt. «Wir haben Omikron besser unter Kontrolle als andere, es ist machbar, dass uns die Zahlen nicht so sehr entgleiten wie anderen Ländern.» Im öffentlichen Raum eine FFP2-Maske zu tragen, sei eine der wirksamen Maßnahmen dafür.

Besser FFP2-Masken im öffentlichen Raum tragen

«Wir werden Inzidenzen von deutlich über 1000 bekommen – im Bundesdurchschnitt, regional auch deutlich darüber», ist Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, überzeugt. «Im Februar könnte der Höchststand erreicht sein.» Das ist noch viel zu weit weg vom Frühling, als dass der saisonale Rückgang einen mildernden Effekt bringen könnte.

«Der einzige Vorteil der verzögerten Omikron Welle bei uns ist, dass wir mehr Zeit für die Impfungen haben», erklärte Watzl. Denn auch wenn die Impfquote für die Ausbreitung nicht entscheidend ist – für die Belastung der Kliniken ist sie das. «Wenn Omikron auch bei uns zu 70 Prozent weniger Krankenhauseinweisungen im Vergleich zu Delta führen würde, hätten wir bei einer Inzidenz von 1500 wieder die gleiche Belastung wie bei der vierten Welle.»

Derzeit baut sich die Wand regional (in Bremen, Schleswig-Holstein und Hamburg etwa) schon «sehr schnell und sichtbar auf», wie Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen sagte. Auch bundesweit gebe es mit dem rasanten Anstieg der 7-Tage-Inzidenz «vielleicht keine Wand, die plötzlich da ist, aber doch eine steile Welle».

Die kommenden 10 Tage (auch mit dem Schulanfang in vielen Bundesländern) werden seiner Meinung nach zeigen, ob ähnliche Höchststände wie in anderen Ländern drohen. Für noch nicht geimpfte Menschen werde es zunehmend eng, betonte Falke. «Sie sind für Omikron wie ein Elfmeter ohne Torwart.»

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