Ist Amazon auf dem Sprung in den deutschen Apothekenmarkt? |
Cornelia Dölger |
13.05.2022 16:30 Uhr |
Der Versandhandelsriese Amazon, hier ein Bild des Paketzentrums in Berlin-Mariendorf, könnte bald versuchen, sein Engagement auf den deutschen Gesundheitsmarkt auszuweiten. / Foto: IMAGO/Schöning
Der deutsche Apothekenmarkt ist aufgrund seines riesigen Volumens zweifellos ein Magnet für Amazon. Die Digitalisierung sowie insbesondere das vor dem Start stehende E-Rezept machen ihn zum idealen Tummelplatz für den Versandgiganten – allerdings ist der Markt hierzulande stark reguliert. So wäre für Amazon alleine aufgrund des Fremd- und Mehrbesitzverbotes der Weg versperrt. Wahrscheinlicher wäre deshalb, wenn Amazon einen EU-Versender übernehmen und dies für einen Einstieg in den deutschen Markt nutzen würde.
Ein solches Szenario hält Ulrich Zander, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Sempora, für durchaus denkbar. In einem Interview mit der »Lebensmittelzeitung« (LZ) vom heutigen Freitag sagte Zander, er gehe davon aus, dass »vom Kauf oder Aufbau einer eigenen Versandapotheke bis hin zu verstärkten Kooperationen mit Apotheken in Deutschland als Plattform« alles möglich sei. Darüber gebe es derzeit viele Spekulationen im Markt. »Im E-Commerce ist sehr viel Phantasie vorhanden«, so Zander, dessen Unternehmen regelmäßig Studien zum Apothekenmarkt durchführt.
Amazon habe allein in Deutschland mehr als 40 Millionen Kunden, die regelmäßig dort einkauften, sagte Zander. In der jüngsten Sempora-Studie habe jeder zweite Befragte angegeben, er könne sich vorstellen, OTC-Produkte auch bei Amazon zu kaufen, »bei verschreibungspflichtigen Medikamenten ist es jeder vierte«, so Zander. Hochgerechnet auf die aktuelle Kundenanzahl ergebe dies in Deutschland theoretisch zehn Millionen Amazon-Kunden für Rx-Medikamente, rechnete er vor.
Dass lokale Apotheken beim potenziellen Amazon-Einstieg mit im Boot sind, hält Zander gleichzeitig für möglich. »Denkbar wäre auch eine enge Kooperation mit großen, lokalen Apotheken«, sagte er der LZ. Dies könne auch für die Apotheken profitabel sein. Amazon könne die Bestellungen und Auslieferungen bearbeiten, während die lokalen Partner-Apotheken »die gesetzlichen Vorgaben bezüglich Sorgfalt und pharmazeutischer Kontrolle« übernähmen, so Zanders Vorstellung. Viele Kunden nutzten sowohl die lokale als auch die Online-Apotheke für ihren Bedarf. Sowohl bei OTC als auch im Rx-Bereich sei mit einem Schub im Onlinebereich zu rechnen, insbesondere nach dem Start des E-Rezepts. Kundinnen und Kunden kauften erfahrungsgemäß nicht nur verschreibungspflichtige Medikamente, wenn sie ihr Rezept einlösten, sondern zusätzlich OTC und weitere Produkte.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.