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Ernährungsstudie

Iodmangel ist weit verbreitet

Eine aktuelle Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zeigt: Viele Menschen in Deutschland nehmen über die Nahrung zu wenig Iod zu sich. Besonders ausgeprägt ist der Iodmangel häufig bei Veganern.
Annette Rößler
02.09.2020  15:30 Uhr

Das Untersuchungsprojekt »Risiken und Vorteile der veganen Ernährung« (RBVD) hatte zum Ziel, Veganer und Menschen, die sich mit Mischkost ernähren, bezüglich ihrer Versorgung mit Makro- und Mikronährstoffen zu vergleichen. Statt auf eine Unterversorgung mit Vitamin B12 bei Veganern, die man hätte erwarten können, stießen die Forscher des BfR dabei aber auf einen eklatanten Iodmangel, und zwar nicht nur bei den Veganern. »Bei beiden untersuchten Ernährungsformen hapert es bei der Iodversorgung. Hierbei ist die Unterversorgung bei der veganen Variante jedoch deutlich ausgeprägter«, fasst BfR-Präsident Professor Dr. Andreas Hensel die Ergebnisse in einer Mitteilung des Instituts zusammen.

An der Studie nahmen jeweils 36 Veganer und Omnivoren teil. Sie führten drei Tage lang genau Protokoll über alle von ihnen verzehrten Nahrungsmittel und wogen diese ab. Anhand des Bundeslebensmittelschlüssels, einer Datenbank für den Nährstoffgehalt von Lebensmitteln, berechneten die BfR-Forscher daraus die mittlere aufgenommene Tagesmenge für diverse Makro- und Mikronährstoffe. Zudem gaben die Teilnehmer an, ob beziehungsweise welche Nahrungsergänzungsmittel sie in den vorangegangenen vier Wochen eingenommen hatten. Der Status wichtiger Basislaborparameter, Vitamine und Spurenelemente der Probanden wurde anhand von Blut- und Urintests ermittelt.

Die Ergebnisse der Untersuchung sind im »Deutschen Ärzteblatt« veröffentlicht. Demnach nahmen nahezu alle Veganer und von den Omnivoren immerhin ein Drittel Nahrungsergänzungsmittel ein. Für Veganer wird eine Supplementation insbesondere von Vitamin B12 empfohlen, da dieses in einer für den Menschen verfügbaren Form fast nur in tierischen Lebensmitteln vorkommt. Bei einer Ernährung mit Mischkost ist dagegen per se keine Ergänzung bestimmter Nährstoffe erforderlich. Dass die Teilnehmer der Studie es zu einem so hohen Prozentsatz dennoch taten, könnte ein Indiz dafür sein, dass es sich um besonders ernährungsbewusste Menschen handelte.

Umso bemerkenswerter ist das Ergebnis der Analyse: Bei drei Vierteln der Omnivoren und nahezu allen Veganern lag die Iodausscheidung im 24-Stunden-Sammelurin weit unter dem Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für eine Unterversorgung (100 µg/L). Bei einem Drittel der Veganer betrug er sogar weniger als 20 µg/L und erfüllte damit die Definition einer schweren Unterversorgung. Vitamin B12 war dagegen in beiden Gruppen ausreichend im Blut vorhanden, da die meisten Veganer das Vitamin supplementierten. Bei beiden Ernährungsstilen gab es bei circa 10 Prozent der Teilnehmer Hinweise auf einen Eisenmangel. Veganer nahmen mehr Ballaststoffe zu sich und hatten niedrigere Cholesterolwerte.

Um die Auswirkungen der Ernährungsweise auf Krankheitsrisiken langfristig zu untersuchen, braucht es weitere Studien mit größerer Teilnehmerzahl, so die Autoren. Zu denken geben sollte jedoch der unter Veganern offenbar weit verbreitete Iodmangel, da dieser zur Entwicklung einer Struma führen könne. Bei Veganern scheine eine ausreichende Iodversorgung nur schwer zu gewährleisten zu sein und eine Sensibilisierung für diesen möglichen Mangel nicht vorhanden zu sein. Daher könne es im Einzelfall empfehlenswert sein, Iod gezielt zu supplementieren.

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