Intuitiv und praxistauglich? |
Foto: Adobe Stock/Vasyl
Der dritte Fall betrifft eine 80-jährige Patientin. Sie legt dem Apothekenteam drei Rezepte mit acht verordneten Arzneimitteln vor.
Die Dame ist zwar ruhig und klagt nicht, macht aber dennoch einen unsicheren Eindruck. Der in der Apotheke gemessene Blutdruck liegt bei 110/80 mmHg. Die Überprüfung der Medikation und eine intensive Beratung scheinen hier angebracht.
Abbildung 1: Medikation im Praxisfall 3 / Foto: pharma4u GmbH
Bei den Analyseergebnissen fällt einmal mehr Metoprolol als Problemmedikation auf. Es verwundert schon, dass in bisher zwei (realen) Fällen, die von zwei verschiedenen Verordnern stammen, jedes Mal Metoprolol aufgeschrieben wurde, von dem unter anderem wegen der Metabolisierung über CYP2D6 erhebliche Probleme ausgehen können (siehe Fall 2).
Abbildung 2: Nebenwirkungen (AdRisc-Analyse) / Foto: pharma4u GmbH
Abbildung 3: Interaktionen / Foto: pharma4u GmbH
Die Kombination von Amiodaron und Metoprolol kann Probleme machen. Beide Arzneistoffe senken den Blutdruck. Der kardiodepressive Effekt kann synergistisch verstärkt werden. Daher sollten Arzt und Patientin bei gleichzeitiger Anwendung Blutdruck, Herzfrequenz und EKG sorgfältig überwachen. Das Problem könnte sich noch verschärfen, wenn die Patientin Metoprolol zu langsam metabolisiert (MediCheck-Hinweis auf Genotypisierung).
Der MediCheck regt an, generell den Einsatz eines Betablockers zu hinterfragen, wenn die Patientin gleichzeitig Formoterol inhaliert. Bei dieser Kombination muss man mit einer verminderten Wirksamkeit des Beta-Sympathomimetikums rechnen. Daher sind bei Asthma bronchiale sowohl nicht-selektive (Carteolol, Carvedilol, Labetalol, Levobunolol, Metipranolol, Oxprenolol, Penbutolol, Pindolol, Propranolol, Sotalol, Timolol) als auch kardioselektive Betablocker (Acebutolol, Atenolol, Betaxolol, Bisoprolol, Celiprolol, Esmolol, Landiolol, Metoprolol, Nebivolol) in der Regel kontraindiziert. In der Hypertonie-Behandlung stehen mögliche Alternativen wie ACE-Hemmer zur Verfügung. Differenzierter sollte das pharmazeutische Personal weitere kardiale Indikationen wie Herzinsuffizienz oder koronare Herzkrankheit betrachten, bei denen die Betablocker-Gabe einen höheren therapeutischen Stellenwert hat. Im vorliegenden Fall wäre es daher zielführend, die genauen Diagnosen der Patientin zu erfragen. Nur so könnten individuell eine Dosisreduktion oder alternative Arzneimittel vorgeschlagen werden.
Prinzipiell scheint die Patientin gut versorgt. wenn ein entsprechendes Monitoring erfolgt. Routinierte Kollegen mögen dies auch ohne eine Abfrage einer Experten-Datenbank erkennen. Allerdings sollte sich niemand zu sicher fühlen. In Fällen, wo es wirklich darum geht, höchste Sicherheit zu garantieren, ist bekannt, dass selbst einfachste Routinen in Form einer Checklisten-Abfrage vorgeschrieben sind. So hebt kein Flugzeug ab, bevor die Piloten nicht gemeinsam durch Routinen gegangen sind, die sie eigentlich im Schlaf beherrschen.
Wer sich dies in Erinnerung ruft und wer zur Selbstkritik in der Lage ist, kann im übertragenen Sinn mithilfe des MediChecks für seine Apotheke ein Stück Cockpit-Atmosphäre schaffen. Das Apothekenteam kann der Patientin die Dokumentation ihrer Medikationsanalyse erklären und mitgeben. Das Protokoll ist einfach und verständlich gestaltet. So bekommt die Dame die Sicherheit, dass sie medikamentös gut versorgt ist.