Medikamente bei eBay unter dem Hammer |
26.07.2004 00:00 Uhr |
eBay hat die Ankündigung, seinen Online-Markt auch für nicht verschreibungspflichtige Arzneimitteln zu öffnen, wahr gemacht. Einige Apotheken bieten dort Arzneimittel an. Weitere Apotheken und sogar – rechtlich umstrittene – Versteigerungen sollen folgen.
Der Markt rund um Wellness und Gesundheit boomt. Davon will auch das Internet-Auktionshaus eBay profitieren und nutzt die veränderte Gesetzeslage. Die Versandhandelserlaubnis für Apotheker macht es auch für eBay möglich, sich ein Stück vom Kuchen abzuschneiden. Um Medikamente über eBay verkaufen zu können, hat sich das Unternehmen einiges einfallen lassen. So sträubte sich das Internet-Auktionshaus in der Vergangenheit gegen eine sichere Prüfung der Adressdaten seiner Kunden. Mit dem Postident-System der Deutschen Post soll in der Kategorie „Medikamente“ nun eine Ausnahme gemacht werden. Damit untergräbt eBay sein eigenes Motto und Geschäftsziel: sofort anmelden, mitbieten und verkaufen. Verkaufen dürfen nur die Apotheken, die schriftlich bei eBay angemeldet sind und über eine Versandhandelserlaubnis verfügen. In Deutschland besitzen derzeit etwa 600 Apotheken eine Versandhandelserlaubnis. Fünf von ihnen sind nun bei eBay als Verkäufer für nicht rezeptpflichtige Arzneimittel registriert. Weitere fünf bis acht stehen nach Firmenaussage in den Startlöchern. Demgegenüber nehmen bereits heute rund 5000 Apotheker am Homeservice von aponet teil.
eBay und die Betrüger
Ob die verschärften Sicherungsverfahren ausreichen werden, Betrüger fern zu halten, wird die Zukunft zeigen. Nicht nur eBay ist kreativ. Und so wird es stets Anbieter geben, die unzulässige Auktionen platzieren. Ob diese stets, wie das Unternehmen glaubhaft machen will, aufgespürt werden können, muss immer wieder kritisch hinterfragt werden. In Deutschland tauchten auf dem Online-Marktplatz von eBay beispielsweise des Öfteren Testosteron-Präparate zur Versteigerung auf (siehe PZ 21/04). Selbst vor HIV-Präparaten schreckten unseriöse Anbieter nicht zurück.
Die Hoffnung des Unternehmens, mit Medikamenten das große Geschäft zu machen, wird von der Preisentwicklung des Marktes und dem Konkurrenzdruck abhängen (siehe Wirtschaft und Handel). Jeder Einkauf ist mit Versandkosten gekoppelt, sodass sich das anscheinend günstige Schnäppchen schnell zum Wucher entwickeln kann. Selbst für die pharmazeutischen Anbieter wird sich die Frage stellen, ob das Geschäft lukrativ ist. Schließlich will eBay für jeden abgeschlossenen Kauf eine Provision im Durchschnitt von 5 Prozent des Verkaufspreises. Im Moment bieten Apotheker ihre Produkte über eBay noch zum Festpreis an. Aber das kann sich schnell ändern. Verboten ist es seitens eBay nicht, Arzneimittel dem Meistbietenden zu überlassen. Was bei Autos und Sofas noch lustig sein mag, kann sich bei Medikamenten schnell als bittere Pille erweisen.
Ähnlich problematisch sieht das auch Wolf-Ullrich Scherhag, Bayer Vital GmbH: „Aspirin und andere apothekenpflichtige Arzneimittel nun über das Auktionshaus eBay anzubieten, entspricht nicht der besonderen Bedeutung von hochwirksamen Arzneimitteln. Aspirin ist ein Problemlöser und kein Konsumgut. Die Gefahr der Trivialisierung des Arzneimittelgebrauchs ist zu groß.“ Das Versteigern von Medikamenten schade dem Image der Markenprodukte und Bayer werde Apotheker nicht unterstützen, die sich daran beteiligen. Die Präsenz-Apotheke bleibe für das Unternehmen vertriebsstrategisch der wichtigste Partner.
Zurzeit untersagt eBay ausländischen Internetanbietern das Verkaufen von Medikamenten über ihren Online-Marktplatz. Nur deutsche Apotheker mit Versandhandelslizenz dürfen sich um die Zulassung als eBay-Verkäufer bemühen.
Interview: Enorme NachfrageÜber die neuen Möglichkeiten zum Arzneimitteleinkauf bei eBay sprach die PZ mit der Projektleiterin des Auktionshauses, Dr. Stephanie Gerdes.
PZ: Welche Chancen oder welchen Nutzen bietet nach Ihrer Meinung eBay Apothekern?
Gerdes: Nutzen haben die Apotheker, die dem Versandhandel aufgeschlossen sind, die ohne große Investition sowie ohne viel Know-how in den Online-Versand einsteigen wollen.
PZ: Wie schätzen Sie das Interesse der Apotheker an eBay ein?
Gerdes: Das ist schwer zu sagen, weil wir uns bisher eher zurückgehalten haben. Grundsätzlich haben wir unter den Apothekern noch keine Akquise betrieben, allerdings haben uns schon viele Apotheker kontaktiert und nachgefragt, wieso wir bei eBay den Versandhandel mit nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten, der ja seit Jahresbeginn erlaubt ist, nicht gestatten. Dies ändert sich nun: Sicherlich ist es ein relevanter Vertriebskanal für Apotheker – ohne Frage!
PZ: Wie werden Apotheken geahndet, die sich nicht an die Vorschriften halten? Sind diese in Zukunft für immer gesperrt?
Gerdes: Wir überprüfen jeden Einzelfall und machen das abhängig von der Schwere des Vergehens. Wir haben über 100 Mitarbeiter im Sicherheitsteam. Außerdem holen wir uns in einigen Fällen externen Rat, wie wir damit umzugehen haben.
PZ: Wie schätzen Sie das Interesse der eBay-Kunden am Erwerb von Apothekenprodukten über eBay ein? Gibt es Meinungsumfragen dazu?
Gerdes: Meinungsumfragen brauchen wir nicht. Wir sehen über unser System, dass eine enorme Nachfrage besteht.
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