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Pharmakologie und Klinik der Gabe von Kalium und Magnesium

01.07.2002  00:00 Uhr

Herzrhythmusstörungen

Pharmakologie und Klinik der Gabe von Kalium und Magnesium

von Rudy Susilo, Alsdorf, und Ernst Mutschler, Frankfurt am Main, Wolfgang Vierling, München

Kalium und Magnesium sind Mineralstoffe des Körpers, die bedeutende physiologische Funktionen ausüben. Sie sind entscheidend daran beteiligt, die elektrische Stabilität erregbarer Zellen zu erhalten. Beide Ionen sind deshalb wichtig, um Herzrhythmusstörungen zu verhindern oder bestehende Rhythmusstörungen zu durchbrechen.

Im Körper liegen vier wichtige Mineralstoffe gelöst als Kationen vor: Natrium, Calcium, Kalium und Magnesium. Natrium hat große Bedeutung für die Wasser- und Osmoregulation des Körpers und der Zellen, ist aber auch maßgeblich an der Entstehung der elektrischen Erregung von Zellen beteiligt. Calcium, ein wichtiger Bestandteil des Knochens, spielt eine wesentliche Rolle als intrazellulärer Signalstoff, zum Beispiel für die Auslösung der Kontraktion von Skelettmuskulatur, glatter Muskulatur und Herzmuskulatur, sowie für die Auslösung der Sekretion von Drüsen. Daneben ist Calcium für die Erregbarkeit der Gewebe von Bedeutung. Eine Absenkung der extrazellulären Konzentration kann zu neuromuskulärer Übererregbarkeit und damit zur Tetanie führen.

Für die elektrische Stabilität der Zelle sind neben Calcium besonders Kalium und Magnesium entscheidend. Das Ruhepotenzial der Zellmembran beruht auf einem Kaliumgleichgewicht, das heißt, es wird durch den Konzentrationsgradienten von Kalium zwischen Intra- und Extrazellulärraum bestimmt. Dabei kann sowohl ein Absinken als auch ein zu hoher Anstieg der Kaliumionen zu elektrischer Instabilität führen. Magnesium verbessert die elektrische Stabilität, indem es die Erregbarkeit der Zellen herabsetzt, Calciumüberladungen der Zelle verhindert und die Freisetzung erregungsfördernder Transmittersubstanzen vermindert.

Kalium und Magnesium sollten dem Körper in ausreichendem Maß zugeführt werden, um physiologische extra- und intrazelluläre Konzentrationen aufrecht zu erhalten. Ein Kaliummangel ist häufig mit Magnesiummangel kombiniert. Oft ist dies die Folge einer längerfristigen Gabe von Diuretika.

Herzrhythmusstörungen sollte man wegen der großen Gefahr proarrhythmischer und anderer unerwünschter Effekte nur sehr zurückhaltend mit Antiarrhythmika behandeln. Zu dieser Erkenntnis hat vor allem die CAST-Studie (Cardiac Arrhythmia Suppression Trial; 6) beigetragen, in der gezeigt wurde, dass die Überlebensrate durch Antiarrhythmika verschlechtert werden kann. Bei allen Arrhythmien ist darauf zu achten, dass die Mineralstoffe und besonders Kalium und Magnesium in ausreichenden Serumkonzentrationen vorliegen.

Bei nicht lebensbedrohlichen Rhythmusstörungen sollte man immer versuchen, diese durch Gabe von Kalium und Magnesium zu unterdrücken oder zu mildern. Bei gefährlichen Störungen, die mit Antiarrhythmika behandelt werden, können Kalium und Magnesium unterstützend wirken. Außerdem gibt es Hinweise, dass die zusätzliche Gabe der beiden Kationen ungünstige Wirkungen der Antiarrhythmika abschwächen und dadurch deren Verträglichkeit verbessern kann.

Kalium auf dem Weg in die Zelle

Täglich werden mit der Nahrung etwa 100 mmol Kalium aufgenommen. Der Mineralstoff wird nahezu vollständig, vorwiegend im Jejunum, resorbiert. Nach Diffusion durch die Darmwand wird ein relativ großer Anteil wieder zurück in den Magen-Darmtrakt sezerniert. Im Verlauf der weiteren Magen-Darmpassage wird Kalium dann zum größten Teil wieder rückresorbiert.

Wenn sich im Plasma die Konzentration der Kaliumionen erhöht, werden diese über hormonelle Regulationen in die Zelle eingeschleust oder über die Niere ausgeschieden. So wird eine Hyperkaliämie vermieden. Insulin und Katecholamine fördern die Kaliumaufnahme in die Zelle, Aldosteron steigert die renale Ausscheidung. Pro Tag werden etwa 90 mmol Kalium über die Nieren ausgeschieden.

Die normalen Plasmaspiegel liegen zwischen 3,5 und 5,0 mmol/l. Erhöhen sich die Kaliumkonzentrationen im Plasma (über 6,5 mmol/l), können Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen auftreten. Bei Einnahme von Kalium mit der Nahrung oder in therapeutischen Dosen ist eine über die obere Grenze des Normbereiches hinausgehende Plasmakonzentration bei normaler Nierenfunktion nicht zu erwarten.

Genügende Magnesiumaufnahme wichtig

Der Organismus benötigt täglich etwa 12 mmol Magnesium. Ein Drittel davon wird resorbiert, zwei Drittel werden über den Stuhl ausgeschieden. Auch Magnesium wird hauptsächlich im Jejunum resorbiert, wobei mit erhöhter Zufuhr die Resorption relativ abnimmt.

Bei Aufnahme geringer Mengen spielt bei den Resorptionsabläufen der sättigbare Anteil eine dominierende Rolle. Im anderen Fall überwiegt die nicht sättigbare Diffusion durch die Darmwand. So werden bei Zufuhr von 5 mmol Magnesium 65 Prozent, dagegen bei Zufuhr von 40 mmol nur noch 11 Prozent resorbiert (15). Der absolut resorbierte Anteil nimmt trotzdem mit steigender Zufuhr zu. Die resorbierte Menge an Magnesium (etwa 4 mmol/Tag) wird nahezu vollständig über die Nieren ausgeschieden. Die Regulationsmechanismen, die das resorbierte Magnesium in den Intrazellularraum und die tiefen Kompartimente (Speicher) verschieben, sind noch weitgehend unbekannt.

Die normalen Magnesium-Plasmaspiegel liegen zwischen 0,7 und 1,0 mmol/l; diese obere Grenze wird bei intakter Nierenfunktion nicht überschritten. In besonderen Fällen kann durch parenterale Gabe der Serumspiegel auf deutlich höhere Werte (bis 1,5 mmol/l) gesteigert werden, ohne dass toxische Wirkungen zu erwarten sind.

Hinsichtlich der Bioverfügbarkeit unterschiedlicher Magnesiumsalze haben Untersuchungen ergeben, dass Magnesiumoxid relativ schlecht bioverfügbar ist. Magnesiumchlorid, -laktat und -aspartat sind dagegen gut bioverfügbar (15 a). Ähnlich dürften die Verhältnisse für Kaliumsalze sein. Letztendlich entscheidet die jeweilige Formulierung im Vergleich zweier organischer oder anorganischer Salze, welches eine bessere Bioverfügbarkeit hat.

Intra- und extrazellulär verteilt

Kalium und Magnesium liegen vorwiegend intrazellulär vor. Der extrazelluläre Anteil ist mit 1,2 Prozent der Gesamtmenge des Körpers für Kalium und 0,7 Prozent für Magnesium im Interstitium sowie 0,4 und 0,3 Prozent im Plasma niedrig. Die Hauptmenge an Kalium (60 Prozent) findet sich in der Muskulatur, die von Magnesium (50 Prozent) im Knochen. Der Knochen dient auch als Magnesiumspeicher.

Die in die Zellmembran integrierte Mg2+-abhängige Na+/K+-Pumpe erzeugt einen Konzentrationsgradienten für Natrium von außen nach innen und für Kalium von innen nach außen. Dieser Gradient ermöglicht die Diffusion von Kalium aus dem Intra- in den Extrazellulärraum. Da die Zellmembran der Herzmuskelzelle in Ruhe nahezu ausschließlich für Kalium durchlässig ist, bildet sich ein Diffusionspotenzial aus, das bei normalen extra- und intrazellulären Kaliumkonzentrationen in etwa dem Ruhemembranpotenzial entspricht.

Magnesium liegt intrazellulär vorwiegend in gebundener Form vor. Von den etwa 10 mmol/l Magnesium der Herzmuskelzelle existieren nur etwa 0,6 mmol/l als freie Ionen. Die Konzentration freier Magnesiumionen ist intra- und extrazellulär etwa gleich. Auf Grund des innen negativen Membranpotenzials hat Magnesium im Gegensatz zu Kalium das Bestreben, von außen in die Zellen einzuströmen. Wird die Gleichgewichtsverteilung mit der Nernst'schen Gleichung bestimmt, liegt die freie Magnesium-Ionenkonzentration im Zytosol weit unterhalb der Gleichgewichtsverteilung (13). Nur unter Energieaufwand kann die Zelle diesen Zustand aufrecht erhalten, denn intrazelluläre Magnesiumionen müssen aus der Zelle heraustransportiert werden. Die zugrunde liegenden Mechanismen sind noch nicht ausreichend geklärt.

Ursachen für einen Mangel

Die Ursachen, die zu einer verminderten Mineralstoffzufuhr, einem vermehrten Bedarf oder einer erhöhten Ausscheidung führen, sind bei Kalium und Magnesium ähnlich. Daher treten Kalium- und Magnesiummangel häufig gemeinsam auf (32). Eine verminderte Zufuhr kann auf falscher Ernährung, zum Beispiel bei Alkoholismus, beruhen. Dies begünstigt die bei Alkoholabusus beobachteten Herzrhythmusstörungen.

Erhöhter Bedarf besteht in der Schwangerschaft. Eine vermehrte Ausscheidung wird besonders bei der Therapie mit Diuretika und Digitalis-Glykosiden sowie zahlreichen Pharmaka beobachtet (Übersicht bei 1, 30, 31).

Auch bei normalen extrazellulären Konzentrationen an Kalium und Magnesium kann ein intrazelluläres Defizit vorliegen. Bei Kalium kann dies mit pH-abhängigen Verschiebungen zwischen Intra- und Extrazellulärraum zusammenhängen. Zusätzlich kann ein chronisches Magnesiumdefizit die intrazelluläre Kaliumkonzentration vermindern. Dies wird darauf zurückgeführt, dass Magnesium für den Transport von Kalium in die Zelle notwendig ist. Mangelt es an beiden Ionen, kann ein Kaliummangel zum Teil erst durch gemeinsame Gabe beider Kationen korrigiert werden (33).

Das Expertengremium "The National Council on Potassium in Clinical Practice" entwickelte in den USA für den therapeutischen Einsatz von Kalium praxisnahe Richtlinien, die dem gegenwärtigen klinischen Wissensstand gerecht werden (9). Entsprechend hat die Gesellschaft für Magnesium-Forschung in Deutschland Richtlinien zur Diagnostik und Therapie des Magnesiummangels erstellt (8, 26).

Wie Kalium am Herzen wirkt

Das Risiko für Herzrhythmusstörungen steigt, wenn die Differenz zwischen Ruhe- und Schwellenpotenzial abnimmt. Eine Minderung der intrazellulären und Erhöhung der extrazellulären Kaliumkonzentration über den Normbereich hinaus reduzieren das Membranpotenzial, wodurch es leichter zu Spontanerregungen der Zelle kommen kann.

Aber auch eine Abnahme der extrazellulären Kaliumkonzentration destabilisiert die elektrischen Eigenschaften der Herzmuskelzellen. Auf diese Weise können bestimmte Zellen (Arbeitsmyokard) hyperpolarisiert, andere dagegen, die zum Erregungsleitsystem gehören (Purkinje-Zellen), depolarisiert werden. Dies beruht darauf, dass bei erniedrigter extrazellulärer Kaliumkonzentration die Leitfähigkeit der Kaliumkanäle sinkt; in der Folge überwiegt die gleichzeitig vorhandene Ruhemembranpermeabilität für Natriumionen, und das Membranpotenzial nimmt ab. Zusätzlich wird die Na+/K+-Pumpe weniger stimuliert, und Natrium kumuliert vermehrt in der Herzmuskelzelle. Sekundär wird die Zelle mit mehr Calcium beladen, was wiederum Arrhythmien begünstigt.

Für das extrazelluläre Kalium existiert demnach ein optimaler Bereich, bei dem 

  • das Membranpotenzial in allen Zellen relativ hoch und stabil ist,
  • die Beladung mit Calcium vermieden wird und
  • das Risiko für Rhythmusstörungen gering ist.

Hochnormale Kaliumkonzentrationen im Plasma (4,0 bis 5,0 mmol/l) liegen in diesem optimalen Bereich.

Magnesium erhöht Erregungsschwelle

Magnesium vermindert in vitro den Einstrom von Calciumionen in die Herzmuskelzelle (10). Eine um 1,2 mmol/l erhöhte extrazelluläre Magnesiumkonzentration vermindert den Calcium-Strom um etwa 20 Prozent. Zudem verschiebt Magnesium die Strom-Spannungskurve zu positiveren Potenzialen. Die Zelle muss also stärker depolarisiert werden, damit die Calciumkanäle geöffnet werden.

Wird die Magnesiumkonzentration von 1 mmol/l auf 10 mmol/l erhöht, sinkt das Schwellenpotenzial für die Auslösung der Erregung von - 62 auf - 54 mV (18). Um jetzt eine Erregung auszulösen, muss die Depolarisation um 8 mV stärker ausfallen. Im Gegensatz zu den Antiarrhythmika der Klasse I erhöht Magnesium die Erregungsschwelle, ohne die Depolarisationsgeschwindigkeit des Aktionspotenzials im Vorhof und Ventrikel und damit auch die Geschwindigkeit der Erregungsfortleitung zu reduzieren. Die Erhöhung der Erregungsschwelle und die Verschiebung der Strom-Spannungsbeziehung für den Calcium-Strom entstehen durch eine Minderung des Membran-Oberflächenpotenzials der Zelle (30). Zusätzlich hemmt Magnesium die Freisetzung erregungsfördernder Transmitter wie Noradrenalin und Adrenalin, die wesentlich zur Arrhythmie-Entstehung beitragen können.

Hochnormale Konzentrationen (0,8 bis 1,0 mmol/l) sind deshalb wichtig, um

  • eine Calciumüberladung der Zelle zu vermeiden,
  • die Schwelle für die Auslösung von Extra-Erregungen hoch zu halten,
  • die Freisetzung von erregungsfördernden Transmittern zu reduzieren und
  • das Risiko von Herzrhythmusstörungen zu mindern.

Durch Anhebung der Serumkonzentration über den Normalbereich hinaus können die günstigen Wirkungen von Magnesium verstärkt werden.

Kalium und Magnesium ergänzen sich

Neben den beschriebenen Wirkungen (Erhöhung der Schwelle der Erregbarkeit, Calcium-Antagonismus und Hemmung der Transmitterfreisetzung) kann Magnesium auch die Repolarisation am Herzen wieder verlängern, wenn sie durch eine verminderte Kaliumkonzentration beschleunigt wurde (28). Ähnliche Effekte wurden unter hypoxischen Bedingungen beobachtet (5). Beide Mineralstoffe konnten Hypoxie-induzierte Arrhythmien unterdrücken. Der Effekt war additiv: Durch Erhöhung von Kalium und Magnesium wurde die höchste antiarrhythmische Wirkung erzielt.

Eine Depolarisation auf Grund erhöhter extrazellulärer Kaliumkonzentration lässt sich durch Erhöhung der extrazellulären Magnesiumkonzentration ausgleichen. Die durch Depolarisation aktivierten Spannungssensoren der Ionenkanäle werden durch die Reduktion des Oberflächenpotenzials der Zelle wieder in ihre Ausgangslage gebracht. Diese antagonistische Wirkung zwischen Magnesium und Kalium erklärt möglicherweise, warum ungünstige Effekte einer Kalium-Erhöhung durch Magnesium kompensiert werden können (30).

Die Interaktion zwischen Kalium und Magnesium und der Wirkung von Antiarrhythmika wurde in einer experimentellen Studie an Rattenmyozyten untersucht (4). Es war möglich, sowohl frühe (EAD) als auch späte (LAD) Nachdepolarisationen auszulösen, die wahrscheinlich Herzrhythmusstörungen hervorrufen können.

Sowohl d-Sotalol als auch Chinidin verschieben das Schwellenpotenzial in negativer Richtung, das heißt, schon bei mäßiger Membrandepolarisation konnten EAD ausgelöst werden. Der proarrhythmische Effekt von 3 mmol/l Chinidin war deutlicher ausgeprägt als der von 100 mmol/l Sotalol. Eine Erhöhung sowohl der Kalium- als auch der Magnesiumkonzentration unterdrückte die durch Sotalol oder Chinidin auslösbaren frühen Depolarisationen. Die Kalium-Wirkung beruhte offensichtlich auf einer Beschleunigung der Repolarisation, während Magnesium über andere Mechanismen wirkt. Eine kombinierte Anwendung beider Mineralstoffe erscheint deshalb sinnvoll.

 

Kombination von Kalium und Magnesium Auf Grund der physiologischen Wirkungen und der klinischen Befunde ergeben sich mehrere Indikationen für die kombinierte Anwendung von Kalium und Magnesium:

  • Extrasystolie mit und ohne nachgewiesenen Kalium- oder Magnesiummangel;
  • Therapie und Prophylaxe von Herzrhythmusstörungen bei Patienten, die zu Hypokaliämie und Hypomagnesiämie neigen; besonders bei Patienten, die mit Diuretika behandelt werden, zum Beispiel Menschen mit Herzinsuffizienz oder Hypertonie;
  • Unterstützung der Therapie und Verbesserung der Verträglichkeit bei der Anwendung klassischer Antiarrhythmika aus der Klasse I und III, zum Beispiel Sotalol;
  • Unterstützung bei der Therapie mit Digitalis-Glykosiden.

 

Auch eine Untersuchung der Auslösbarkeit und der Eigenschaften von späten Nachdepolarisationen (LAD) zeigte proarrhythmische Effekte von Antiarrhythmika und antiarrhythmische Effekte von Kalium und Magnesium. Eine Erhöhung der Kalium- und Magnesium-Konzentrationen reduzierte Amplitude und Frequenz der LAD. Die Zeit bis zum ersten Auftreten der ersten Nachoszillation verzögerte sich deutlich. Die Effekte der beiden Kationen waren auch in Gegenwart von d-Sotalol zu beobachten (4).

In Versuchen an isolierten menschlichen Herzmuskelpräparaten wurde gezeigt, dass erhöhte Kalium- und Magnesiumkonzentrationen die Verträglichkeit von herzwirksamen Digitalis-Glykosiden verbessern. So verlängerte eine Erhöhung der Mg2+-Konzentration auf 2 mmol/l die Zeit bis zum Auftreten Digitalis-induzierter toxischer Effekte signifikant (p < 0,05). Die Erhöhung der Kaliumkonzentrationen reduzierte, niedrige Konzentrationen verstärkten die Toxizität (24).

Mangel begünstigt Arrhythmien

Hochnormale extrazelluläre Kalium- und Magnesium-Serumkonzentrationen vermindern das Risiko für Herzrhythmusstörungen, niedrige Konzentrationen fördern dagegen Arrhythmien (29). Lebensbedrohliche Arrhythmien, zum Beispiel vom Typ Torsade des Pointes, bei Verabreichung von Antiarrhythmika besonders der Klasse III (Amiodaron, Sotalol) werden durch Hypokaliämie und Hypomagnesiämie begünstigt (21, 25). Bei Patienten, die Chinidin erhielten, wurde die verlängerte QT-Zeit durch Infusion von Kalium wieder verkürzt (7). Auch Patienten mit Herzinsuffizienz wiesen eine Verlängerung der QT-Zeit auf - Phänomene, die durch Kaliumgabe zurückgedrängt werden konnten.

Bei Herzinsuffizienz kommt es relativ häufig zu Hypokaliämie und Hypomagnesiämie, was zu Herzrhythmusstörungen prädisponiert (17, 23). Ebenso neigen Patienten nach Herzinfarkt zu erniedrigten Serumkonzentrationen an Kalium und Magnesium (11, 20), so dass zur Vermeidung von Arrhythmien eine Substitution notwendig werden kann.

Intravenös

Bei Patienten, die Diuretika erhielten und ventrikuläre Extrasystolen (VES) entwickelten, verbesserte die intravenöse Verabreichung von Kalium allein die Arrhythmie nur geringfügig (12). Dagegen reduzierte die Anwendung von Kalium plus Magnesium die Extrasystolen um 70 Prozent. Auch in einer anderen Studie verringerte die parenterale Gabe beider Ionen die Frequenz von VES stark (22). Eingesetzt werden sowohl anorganische (zum Beispiel Chlorid) als auch organische Salze wie Aspartat.

Eine besondere Form der supraventrikulären Tachykardie, die multifokale atriale Tachykardie, die häufig bei Patienten mit chronischem Asthma auftritt, konnte ebenfalls mit Kalium plus Magnesium erfolgreich behandelt werden (19).

Die intravenöse Gabe von Kalium mit Erreichen supranormaler Serumkonzentrationen gehört zur klassischen Therapie von kardiotoxischen Erscheinungen (Arrhythmien), die bei Einnahme herzwirksamer Digitalis-Glykoside auftreten. Kalium verdrängt das Digitalis-Glykosid von seiner Bindungsstelle an der Natrium-Kalium-Pumpe und schwächt so dessen Wirkung ab. Eine Kombination mit Magnesium ist sinnvoll.

Eine intravenöse Verabreichung ist auch bei stärkerer Hypokaliämie und Hypomagnesiämie empfehlenswert, insbesondere wenn Resorptionsstörungen zu Grunde liegen.

Peroral gegeben

Verschiedene Studien zeigen einen antiarrhythmischen Effekt einer kombinierten peroralen Anwendung von Kalium und Magnesium. So gingen die Arrhythmien bei 78 Prozent der Patienten mit ventrikulären Extrasystolen zurück, von denen ein Großteil an koronarer Herzkrankheit litt und viele einen Herzinfarkt erlebt hatten (2). Dies wurde in einer weiteren Studie bestätigt (3). Die Verträglichkeit von herzwirksamen Glykosiden wurde durch orale Kalium- und Magnesiumgaben signifikant verbessert. Eine große Studie ergab, dass die kombinierte Anwendung die Zahl von ventrikulären Extrasystolen reduzierte und die Zugehörigkeit zu den hohen Lown-Klassen verminderte, was als Reduktion der Gefährlichkeit der Rhythmusstörung angesehen werden kann (36).

In einer kleinen Doppelblindstudie war der antiarrhythmische Effekt von Kalium und Magnesium bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit vergleichbar mit dem des Antiarrhythmikums Prajmalin; es kam aber nur unter Prajmalin zu Nebenwirkungen (16). Die Beweiskraft dieser Studie ist allerdings eingeschränkt, da sie nicht mehr den modernen Anforderungen an das Studiendesign entspricht.

Dies gilt nicht für die placebokontrollierte, doppelblinde randomisierte MAGICA-Studie (34). 232 Patienten mit normalen Serumkonzentrationen an Kalium und Magnesium wurden aufgenommen, wenn sie innerhalb von 24 Stunden mehr als 720 ventrikuläre Extrasystolen (VES) aufwiesen. 120 Patienten zeigten nach einer einwöchigen Placebo-Vorlaufphase immer noch mehr als 720 VES/24h. Sie nahmen dann drei Wochen lang peroral Kalium- und Magnesiumaspartat oder Placebo ein. Unter Verumtherapie nahmen die VES signifikant ab (um 17,4 Prozent). In einer retrospektiven Subgruppenanalyse wurde deutlich, dass die Kalium- und Magnesiumtherapie vor allem für Patienten über fünfzig Jahre, mit koronarer Herzkrankheit oder anderen Myokardvorerkrankungen vorteilhaft ist (35).

Dass die Gabe von Kalium- und Magnesiumaspartat die durch Antiarrhythmika induzierte QT-Verlängerung abschwächen kann, zeigte eine kleine monozentrische, doppelblinde, randomisierte placebokontrollierte Studie (14). 66 Patienten (Durchschnittsalter: 65,4 Jahre) mit persistierendem Vorhofflimmern wurden nach einem individuellen Dosierungsschema mit Sotalol, als Vertreter eines QT-verlängernden Antiarrhythmikums, behandelt, um den Sinusrhythmus nach Elektrokardioversion aufrecht zu erhalten. Zusätzlich erhielten sie fünf Tage lang entweder täglich Kalium und Magnesium (24 mmol Kalium- und 12 mmol Magnesium-Hydrogenaspartat) oder Placebo. Patienten mit manifester Hypokaliämie (unter 3,8 mmol/l) oder einem korrigierten QT-Intervall größer 430 ms wurden ausgeschlossen. Die zusätzliche Gabe von Kalium und Magnesium minderte die QT-Verlängerung deutlich (14). Aus diesem Befund leiten die Autoren ab, dass Kalium und Magnesium die Verträglichkeit des Antiarrhythmikums verbessern. Weitere Studien sind jedoch notwendig, um zu klären, inwieweit das Verhältnis von Wirkung zu Nebenwirkung verändert wird.

Auch andere Kalium- und Magnesiumsalze wurden in klinischen Studien mit positiven Ergebnissen bei unterschiedlichen Formen von Herzrhythmusstörungen geprüft. So fand man signifikante Verbesserungen bei Patienten mit chronischem Vorhofflimmern nach Infusion von Magnesiumsulfat und Kaliumchlorid (18 a), beim Wolff-Parkinson-White-Syndrom mit denselben Elektrolyten (24 a), und bei ventrikulären Extrasystolen mit Magnesiumhydroxid und Kaliumhydrochlorid (21 a).

Aus den bisherigen Studien geht hervor, dass die Wirksamkeit von Kalium und Magnesium bei ventrikulären Extrasystolen am besten belegt ist. Wie eine Ärztebefragung bei 826 niedergelassenen Ärzten ergab, war Extrasystolie unter den in der Praxis vorkommenden Herzrhythmusstörungen die meistgenannte Diagnose. Diese Störung wurde häufig mit einer Kalium-Magnesium-Kombination behandelt (27). 

 

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Die Autoren

Rudy Susilo studierte Pharmazie und Biochemie an der Freien Universität Berlin und wurde er mit einer von der Ernst-Reuter-Gesellschaft geförderten Arbeit zur Naturstoffforschung am Berliner Institut für Pharmakognosie und Phytochemie 1987 promoviert. Nach wissenschaftlicher Tätigkeit am Institut für Neuropsychopharmakologie der FU Berlin wechselte er 1987 in die Pharmaindustrie in den Bereich klinische Forschung, Produktmanagement und medizinisch-wissenschaftliche Information. Seit 1999 leitet Dr. Susilo die Abteilung Forschung und Entwicklung bei Trommsdorff GmbH & Co. KG, Alsdorf bei Aachen.

Ernst Mutschler, Arzt und Apotheker, ist allen Kollegen als langjähriger Direktor des Instituts für Pharmakologie für Naturwissenschaftler an der Goethe-Universität Frankfurt, als Forscher, Referent, Moderator und vor allem als Autor des Lehrbuchs "Arzneimittelwirkungen" bekannt. Für seine wissenschaftlichen Leistungen wurde Professor Mutschler vielfach hoch geehrt. Eine herausragende wissenschaftspolitische Leistung war die Zusammenführung der beiden pharmazeutischen Gesellschaften in Ost und West während seiner Amtszeit als Präsident der DPhG. Mutschler ist Ehrenmitglied der DPhG.

Wolfgang Vierling studierte Medizin an den Universitäten Erlangen und München und wurde 1968 promoviert. Seit 1970 ist er am Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Technischen Universität München tätig; er ist Facharzt für Pharmakologie und Toxikologie. Nach seiner Habilitation für das Fachgebiet Pharmakologie und Toxikologie an der TU München wurde er 1988 zum Professor ernannt. Wissenschaftlich befasst Vierling sich unter anderem mit dem Einfluss von Kationen, besonders Calcium und Magnesium, auf die Herzfunktion und molekularen Interaktionen von Pflanzeninhaltsstoffen und Calciumkanal.

 

Für die Verfasser
Professor Dr. Wolfgang Vierling
Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Technischen Universität München
Biedersteiner Straße 29
80802 München
wolfgang.vierling@lrz.tu-muenchen.de

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