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Nicht nur würzig, sondern ausgesprochen gesund

08.05.2000  00:00 Uhr

-PharmazieGovi-VerlagDIKETONE

Nicht nur würzig, sondern ausgesprochen gesund

von Gunter Metz, Blaubeuren

Die populären Gewürzpflanzen Ingwer, Rosmarin und Salbei verfeinern nicht nur zahlreiche Gerichte. Die in ihnen enthaltenen phenolischen Phytamine aus der Stoffklasse der Diketone und Hydroxyketone wirken ausgesprochen antioxidativ und antimikrobiell.

Gewürze in Speisen dienen nicht nur dem Geschmack, sondern fördern auch das Wohlbefinden. Die meisten Gewürzpflanzen enthalten antibiotisch wirksame Stoffe, die über Nahrungsmittel eingeschleppte Bakterien in Speisen abtöten. Knoblauch, Zwiebel oder Oregano töten im Experiment die meisten Bakterien, darunter sogar Salmonellen und Staphylokokken. Zum Beispiel vernichten die Inhaltsstoffe der Pfefferschote rund 80 Prozent aller Erreger. Je heißer das Klima ist und je rascher Nahrungsmittel verderben, desto feuriger und intensiver wird daher gewürzt. Neben Knoblauch und Zwiebeln sind Pfeffer, Peperoncini, Zitronensaft, Curcuma und Ingwer weltweit die am häufigsten angewendeten Gewürze.

Gelbwurz (Curcuma) und Ingwer, die hierzulande auch als Gewürz gebräuchlich sind, enthalten verschiedene b-Diketone und b-Hydroxyketonderivate. Diese werden durch Reaktion der Ferulasäure mit Malonyl-CoA gebildet. Die Gruppe der Curcuminoide beinhaltet zusätzlich Demethoxyverbindungen des Curcumins. Sie bilden die gelben Pigmente der javanischen Gelbwurz, die auch für die Gewürzmischung Curry verwendet wird. Die b-Diketonstruktur spielt im antioxidativen Mechanismus eine wichtige eigenständige Rolle. Auch Diketone wie das Tritriacontandion, die keine phenolischen Gruppen enthalten, wirken antioxidativ. Tritriacontandion oder TTAD ist ein natürliches Antioxidans, das man zuerst im Wachs von Eukalyptusblättern entdeckte.

Ingwer enthält ebenfalls b-Diketone wie das 6-Gingerdion, bietet aber eine wesentlich größere strukturelle Variationsbreite als Curcuma. Allein vom 6-Gingerol-Typ sind 14 unterschiedliche Derivate bekannt, die meisten wirken stärker antioxidativ als Vitamin E. Anstelle der endständigen Methylgruppe kann auch ein weiterer o-Methoxyphenolrest stehen. Von diesem Typ der Diarylheptanoide sind verschiedene Verbindungen bekannt.

Bisher ordnete man die Effekte von Ingwer ausschließlich den Gingerolen zu. Neuere Untersuchungen haben aber ergeben, dass das populäre Rhizom einen weiteren Strukturtyp mit selektiven Sauerstoff-Funktionen enthält. Hierbei handelt es sich um nicht phenolische Diterpenderivate vom Labdan-Typ, wovon zwei Dialdehyde, ein Monoaldehyd und ein Lacton (Galanolacton) gefunden wurden (1). Auch diese Derivate sind potenziell wirksam und wesentlicher Teil des Wirkspektrums von Ingwer.

Curcumin gegen Entzündung und Krebs

Das Diferuloylmethan Curcumin wirkt wesentlich stärker antioxidativ als Ferulasäure. Hierfür dürfte die Keto-Enol-Tautomerie essentiell sein, die auch die Chelatisierungskapazität von Metallionen verbessert. Im Experiment zeigt Curcumin antithrombotische und hypocholesterolämische Effekte an der Ratte, verhindert effizient die Bildung von Lipidperoxiden und ist in vitro antimutagen. Auch beim Menschen wirkt Curcumin antimutagen und zusätzlich hypoglykämisch. Bei Rauchern reduzierten Gaben von 1,5 g Curcuma pro Tag signifikant die Ausscheidung von Mutagenen im Urin, während in der Kontrollgruppe die Ausscheidungsrate unverändert blieb (2).

Im Vordergrund des Interesses stehen jedoch die markanten antikarzinogenen und antientzündlichen Effekte. Curcumin hemmt die chemisch induzierte Tumorinitiierung und -promotion in Colon, Magen und Haut der Mäuse; topisch auch die Bildung von DNA-Addukten. Auch TTAD wirkt potenziell antikarzinogen. Bei Ratten, die 0,2 Prozent TTAD im Futter erhielten, sank die Rate der Tumorbildung in Leber und Pankreas deutlich (3).

Curcumin wirkt stark entzündungshemmend und immunmodulierend, da es in die Arachidonsäurekaskade eingreift. 5 bis 10 µM Curcumin hemmen die Enzyme Cyclooxygenase und Lipoxygenase (IC50) sowie die Bildung von der Prostaglandinmetaboliten PGE2, PGF2   und PGD2 (4). Die Interleukin-(IL)-4-Produktion in T-Helferzellen steigt moderat, die Konzentration von IL-2 und zytotoxische T-Lymphozyten bleibt unverändert. Da höhere IL-4-Spiegel Allergien und Autoimmunerkrankungen günstig beeinflussen, ist zu erwarten, dass Curcumin auch beim Menschen das Immunsystem beeinflusst. Alle bisher beschriebenen Effekte werden weder qualitativ noch quantitativ von Ferulasäure ausgelöst, auch nicht in höheren Dosen.

Insbesondere zur äußerlichen Anwendung gegen Entzündungen ist Curcumin auf Grund seiner intensiv gelbe Farbe nur begrenzt geeignet. Hierfür bietet das an beiden Doppelbindungen reduzierte Tetrahydrocurcumin Vorteile. Im Versuch erwies es sich als hitzestabiles Antioxidans und wirkte stärker antioxidativ als Curcumin.

Gingerole beeinflussen Plättchenaggregation

Wichtigste Würzkomponente und Scharfstoff des Ingwers ist das 6-Gingerol. Gingerole und wässrige Extrakte von Ingwer hemmen die Plättchenaggregation sowie die Biosynthese von Thromboxan und Prostaglandinen. Dabei wirken 6-Gingerdion und 6-Gingerol etwa gleich stark; bei 10-Gingerole ist dieser Effekt deutlich geringer.

Interessant sind vor allem auch die beiden im Ingwer vorkommenden Dialdehyde. Sie hemmen die Plättchenaggregation bereits ab etwa 3 µM ähnlich potent wie Indomethacin, jedoch ohne die Aktivität der PGH-Synthetase zu unterdrücken. Auch 5-Lipoxygenase wird von den Dialdehyden stark gehemmt. Was ihre antikarzinogene Wirkung angeht, sind die Phytamine des Ingwers noch unzureichend charakterisiert, möglicherweise fehlt aber auch ein deutlicher Effekt.

Ingwer wird medizinisch als Stomachicum und Carminativum eingesetzt, im Mittelalter diente es sogar als Aphrodisiacum. An diesen Effekten dürften Gingerole nur gering beteiligt sein, eher deren Terpenoide.

Neuerdings wird Ingwer als natürliches Schlankheitsmittel propagiert, da er vasodilatatorisch wirkt, eine Hyperthermie erzeugt und den Stoffwechsel steigern soll. Einige Untersuchungen sprechen auch dafür, dass Ingwer analgetisch wirkt. Von diesen Effekten kann sich jeder selbst überzeugen. Es muss kein orientalisches Curry sein, bereits eine Tasse Ingwertee genügt.

Rosmarin und Salbei

Vor allem in der mediterranen Küche sind die Blätter von Rosmarin und Salbei als Gewürz an Fleisch, Fisch, Soßen und Salaten sehr beliebt. Ihr sehr ähnlich zusammengesetztes ätherisches Öl wird therapeutisch und balneologisch genutzt. Die Volksmedizin kennt auch Presssaft, Tee und andere Zubereitungen. Rosmarin dient innerlich als Antispasmodicum, Cholagogum und Stomachicum, äußerlich zur Einreibung bei Rheuma, Ekzemen und zur Wundbehandlung. Rosmarin soll die Leberfunktion, Gallenproduktion und Blutzirkulation stimulieren und die Verdauung verbessern.

Salbei kommt dagegen hauptsächlich als Adstringens zum Einsatz. Peroral, zum Beispiel als Tee verabreicht, senkt die Gewürzpflanze auch deutlich die Perspiration. Salbei ist gut wirksam in Gurgelmitteln und als Presssaft bei Insektenstichen. Beide Zubereitungen können jedoch bei drastisch gesteigertem Konsum Vergiftungssymptome auslösen.

Rosmarin und Salbei enthalten eine Reihe identischer Phytamine wie Carnosolsäure, Carnosol und Ursolsäure. Ihr antioxidatives Potenzial hängt direkt von der Konzentration von Carnosolsäure und Carnosol ab; mangels phenolischer Gruppen ist Ursolsäure antioxidativ unwirksam. Die Carnosolsäure, ein phenolisches Diterpen, ist in Wasser instabil und geht vermehrt in Carnosol über, woraus in Rosmarin unter Umlagerung zum g-Lacton auch Rosmanol gebildet wird.

Breites antikarzinogenes Spektrum

Als isolierte Stoffe sind Carnosol und Carnosolsäure hoch potente Inhibitoren der Lipidperoxidation in liposomalen Systemen. Sie fangen Peroxidradikale direkt ab, chelatisieren Eisenionen und blockieren so die Bildung von Hydroxylradikalen. Carnosol ist zudem ein relativ spezifischer Inhibitor der Lipoxygenase. In Vergleichsstudien mit anderen Antioxidantien und Flavonoiden beobachteten Wissenschaftler, dass bereits 2 µM der Substanz die 5-Lipoxygenase hemmen (IC50), dagegen erst 16 µM die Cyclooxygenase (5).

Im Zellmodell hemmt Rosmarinextrakt konzentrationsabhängig die Tumorpromotion (6). Ähnliche Effekte wurden auch im Experiment mit Mäusen erzielt. In Konzentrationen von 2 Prozent dem Futter beigemischt senkte Rosmarinextrakt die induzierte Tumorrate in verschiedenen Organen. Nach 16-wöchiger Behandlung sank zum Beispiel die Rate der Mammatumoren um 47 Prozent. Diese Ergebnisse verdeutlichen eindrucksvoll das Potenzial von Rosmarin und seine berechtigte Aufnahme in die Pyramide der chemopräventiv besonders interessanten Nahrungsmittel.

Literatur:

  1. Kawakishi, S., et al., Chemistry of ginger components and inhibitory factors of the arachidonic acid cascade. In: Ho, C. T., et al. (Hrsg), Food Phytochemicals for Cancer Prevention II. Washington DC 1994, American Chemical Society, S. 244 - 250.
  2. Polasa, K., et al., Effect of turmeric on urinary muta-gens in smokers. Mutagenesis 7 (1992) 107 - 109.
  3. Hirose, M., et al., Modifying effects of the naturally oc-curing antioxidants gamma-oryzanol, phytic acid, tannic acid and n-tritriacontane-16,18-dione in a rat wide-spectrum organ carcinogenesis model. Carcinogenesis 12 (1991) 1917 - 1921.
  4. Huang, M. T., et al., Inhibitory effects of curcumin on in vitro lipoxygenase and cyclooxygenase activities in mouse epidermis. Cancer Res. 51 (1991) 813 - 819.
  5. Laughton, M. J., et al., Inhibition of mammalian 5-lipoxygenase and cyclooxygenase by flavonoids and phe-nolic dietary additives. Biochem. Pharmacol. 42 (1991) 1673 - 1681.
  6. Guillot, F., et al., Beneficial effects of rosmary antioxidants: establishment of a rapid in vitro biological screening system. IFSC: Polyunsaturated fatty acids, eicosanoids and antioxidants in biology and human diseases (1993) 24 - 28.

Anschrift des Verfassers:
Dr. Gunter Metz,
Auf dem Rucken 29,
89143 Blaubeuren
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