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Periphere Polyneuropathie

Individuelle Therapieansätze

Mit einer Prävalenz von 5 bis 8 Prozent zählen Polyneuropathien bei Erwachsenen zu den häufigsten generalisierten Erkrankungen des peripheren Nervensystems. Mehr als 200 Ursachen werden diskutiert, doch bei jedem fünften Patienten bleibt die Pathogenese ungeklärt. Die Therapie richtet sich nach der Grunderkrankung und der Art der Symptome.
AutorKontaktChristiane Berg
Datum 27.09.2020  08:00 Uhr

»Es ist, als gehe man auf dicken Socken. Du spürst den Boden unter den Füßen nicht mehr«: Das oft schleichend zunehmende und von Betroffenen auch als heimtückisch beschriebene Leiden beginnt meist mit Gefühlsstörungen. Dabei können Taubheitsgefühle wie auch Missempfindungen, zum Beispiel Ameisenlaufen, Kribbeln und Brennen der Füße, Beine und Hände, auftreten. Etwa die Hälfte aller peripheren Polyneuropathien (PNP) geht früher oder später mit häufig spitzen, messerscharfen und plötzlich einschießenden Schmerzen einher.

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Archiv. Aktuelle Informationen zum Thema finden Sie auf unserer Themenseite "Polyneuropathie".

Die Gefühlsstörungen, verbunden eventuell mit Muskelschwäche, können zu Gangunsicherheiten mit Sturzgefahr führen. PNP-Patienten beschreiben auch Muskelkrämpfe, Faszikulationen, also unregelmäßige unwillkürliche Kontraktionen von Muskelfaserbündeln, und eine schnelle Ermüdbarkeit der Beine. Generelle Erschöpfungszustände, Schlafstörungen, Angst und Depressionen können die Folge sein. Zusätzliche Krankheitszeichen bei bestimmten Formen der PNP sind Muskelschwund, Lähmungen und Gelenkdeformitäten.

»Diabetes mellitus und Alkoholmissbrauch sind die häufigsten Ursachen von Polyneuropathien in Europa und Nordamerika. Aufgrund der Zunahme maligner Erkrankungen und neuer Substanzen in der Tumorbehandlung sind auch Chemotherapie-induzierte Neuropathien zunehmend von hoher klinischer Relevanz«, berichtet Professor Dr. Claudia Sommer, leitende Oberärztin am Universitätsklinikum Würzburg, im Gespräch mit der PZ.

Grunderkrankungen behandeln: Diabetes

Ob angeboren oder erworben, ob tumorassoziiert, endokrinologisch, toxisch, chronisch-inflammatorisch, nutritiv oder vaskulitisch, also durch entzündliche Erkrankungen der Blutgefäße bedingt: »Eine rasche Diagnose bei Einordnung der Ursache der Polyneuropathie ist entscheidend, um rechtzeitig therapeutisch intervenieren zu können«, so die Schmerzforscherin und Präsidentin der Deutschen Schmerzgesellschaft. Insbesondere Patienten mit schwerer Neuropathie unbekannter Ursache sollten zur gründlichen Diagnostik an spezialisierte Zentren überwiesen werden.

Die diabetische PNP zählt aufgrund der globalen Diabetes-mellitus-Pandemie zu den häufigsten Erscheinungsformen der peripheren Nervenerkrankung. Die Prävalenzen variieren infolge der unterschiedlichen diagnostischen Kriterien, Untersuchungsmethoden und -populationen bei Patienten mit Typ-1-Diabetes zwischen 8 und 54, bei Patienten mit Typ 2 zwischen 13 und 46 Prozent. Als zugrunde liegende pathophysiologische Faktoren werden Mikroangiopathie, Störungen der Mikrozirkulation, Beeinträchtigungen des Mitochondrien- und Fettstoffwechsels sowie die Bildung neurotoxischer glykierter Proteine diskutiert.

Auch bei Diabetes mellitus selbst gebe es verschiedene Formen der Neuropathie und somit nicht »die Therapie schlechthin«, sagt die Ärztin. Dennoch sollten Patienten in allen Krankheitsstadien intensiv zu Lebensstiländerungen, zum Beispiel hinsichtlich Ernährung und Bewegung, sowie zur Reduktion von Risikofaktoren wie Übergewicht, Alkohol- und Nikotinabusus beraten werden. Wichtig sind eine optimierte Diabeteseinstellung, medizinische Fußpflege und professionelle Schuhversorgung.

Noxen ausschalten: Alkohol

Abhängig von der Dauer des Missbrauchs und der Lebenszeit-Alkoholmenge variiert die Prävalenz der Alkohol-assoziierten Polyneuropathie bei chronisch abhängigen Menschen von 22 bis 66 Prozent. Sommer: »Frauen sind mehr als Männer, Spiegeltrinker stärker als episodische Trinker betroffen. Eine Menge über 100 g/Tag über mehrere Jahre gilt als wahrscheinlich prädestinierend für eine PNP.«

Pathophysiologisch liegen der Alkohol-assoziierten PNP verschiedene Faktoren zugrunde. Das sind neben den direkten toxischen Einflüssen des Alkohols und seiner Abbauprodukte, vor allem der Acetaldehyde, oft auch Vitamin-B-Defizite infolge von Mangelernährung. Oxidativer Stress spielt ebenfalls eine Rolle. Neuropathologisch sind vor allem die dünnen Nervenfasern betroffen, was die Schmerzhaftigkeit erklärt. Bei Abstinenz könne sich die Neuropathie innerhalb von Monaten bis Jahren zurückbilden, berichtet Sommer aus ihrer Praxis.

Generell kann ein Vitamin-B12-Mangel subakute Beschwerdebilder mit Kribbelparästhesien der Füße und Hände, sensibler Ataxie (Bewegungsstörungen) und Hypästhesie (herabgesetztem Berührungsempfinden) bewirken. Bei etwa der Hälfte der Betroffenen ist die typische makrozytäre Anämie nicht nachweisbar. Eine Vitamin-B12-Substitution sollte so rasch wie möglich begonnen werden, zumal ein anhaltend starkes Defizit unbehandelt zu einem Gewebeschwund des Nervus opticus, Depressionen oder Demenz führen kann.

Ein Vitamin-B6-Mangel kann die Entwicklung einer subakuten sensomotorischen PNP zur Folge haben. Mehrere Fälle seien als Komplikation der Morbus-Parkinson-Therapie mit intestinalen Duodopa-Pumpen sowie auch nach rascher Gewichtsabnahme beschrieben, erklärt die Neurologin. Da eine Vitamin-B6-Überdosierung über längere Zeit vermutlich ebenfalls Nervenschäden bewirkt, sollte eine unkontrollierte Einnahme vermieden werden.

Quälende Symptome: Missempfindungen wie Ameisenlaufen und taube Füße / Foto: Adobe Stock/Gribanov
Quälende Symptome: Missempfindungen wie Ameisenlaufen und taube Füße / Foto: Adobe Stock/kittima

Medikamente als Auslöser

Als Auslöser sonstiger toxischer Neuropathien kommen laut Sommer Umweltgifte wie Arsen, Blei, Quecksilber und Thallium sowie diverse Lösungsmittel und Medikamente infrage. Zu Letzteren zählen beispielsweise Antiinfektiva (Chloroquin, Dapson, Isoniazid, Metronidazol, Nitrofurantoin, Chinolone), Antirheumatika und Immunsuppressiva (Chloroquin, Colchicin, Gold, Tacrolimus), Antiarrhythmika oder Vasodilatatoren (Amiodaron, Dronedaron, Hydralazin, Propafenon), Antikonvulsiva (Phenytoin) und Psychopharmaka (Lithium).

Bedeutend für die PNP-Diagnose sind eine sorgfältige Anamnese hinsichtlich Krankheitsbeginn und -verlauf, klinische und elektrophysiologische Untersuchungen sowie Labortests (Differenzialblutbild, Elektrolyte, Leber- und Nierenwerte, Eiweißelektrophorese, HbA1c, B-Vitamin-Status).

Gegebenenfalls sind bildgebende Verfahren wie eine Nervensonografie mit hochauflösendem Ultraschall beziehungsweise MR-Neurografie, also die Darstellung gesunder oder kranker Nervenabschnitte mithilfe der Magnetresonanztomografie (MRT), sowie Nerven- und Hautbiopsien oder Gentests angezeigt. Diese Tests und Verfahren können nicht nur auf einen Diabetes mellitus, Vitaminmangel oder Alkoholabusus hinweisen, sondern auch auf Autoimmunprozesse, orthopädische Probleme wie Spinalkanalstenosen, Traumata oder Genmutationen.

Polyneuropathie als Chemotherapie-Folge

Aufgrund des demografischen Wandels und somit auch der Zunahme maligner Erkrankungen werden Chemotherapie-induzierte Polyneuropathien (CIPN) immer bedeutender. Je nach Therapieregime bestehen starke Abweichungen. »Die Zahlen variieren in Abhängigkeit von den verwendeten Substanzen und Konzepten sowie der Art des Assessments zwischen 10 bis 90 oder 30 bis 40 Prozent.«

Besonders oft sind neurotoxische Beeinträchtigungen nach der Gabe von Platin-haltigen Zytostatika, Taxanen, Vinca-Alkaloiden oder Proteasomen-Inhibitoren wie Bortezomib zu beobachten. Nach der Applikation von neueren Antikörper-basierten Therapien und hier auch Checkpoint-Inhibitoren treten teilweise persistierende Strukturschäden an Spinalganglien und peripheren Nerven auf. Die Gefahr der Entstehung einer CIPN steigt bei Kombination der verschiedenen Chemotherapeutika noch zusätzlich. Der Grad der Neurotoxizität hängt zudem ab von der Menge der Einzel- und kumulativen Gesamtdosis sowie der Chemotherapie-Dauer.

Typischerweise beginnt die CIPN mit sensiblen Ausfallsymptomen sowie Schmerzen innerhalb der ersten beiden Therapiemonate. Sie kann sich stabilisieren oder zurückbilden, nachdem die Therapie abgesetzt wurde. Insbesondere Platin-, seltener auch Vincristin-basierte Therapien können zu Spätfolgen und dabei auch zum »Coasting«-Phänomen führen, sprich: Symptome können oft erst Jahre später auftreten oder stärker werden (Kasten).

Laut Studien berichtet ein Großteil der Patient(inn)en nach einer Chemotherapie über anhaltende oder teilweise verstärkte Sensibilitätsverluste unter anderem in Füßen und Beinen. In spezifischen Untersuchungen war das Sturzrisiko fast doppelt so hoch wie bei Patienten ohne Neuropathie. Es war umso ausgeprägter, je stärker die neuropathischen Symptome waren.

Entfernung von Stolperfallen, Mobilitätshilfen und barrierefreier Umbau: Individuell angepasste Schutz- und Vorbeugemaßnahmen inklusive Physiotherapie können die Sturzgefahr und somit die Immobilitäts- und Mortalitätsraten durch Frakturen mindern.

Wie entstehen neuropathische Schmerzen?

Prinzipiell können Noxen und Grunderkrankungen primär Nervenzellen, also Motoneuronen oder Spinalganglienneuronen angreifen. Sie können aber auch Prozesse in der Nervenfaser, also dem Axon, der Markscheide und den Schwann-Zellen, stören. Ebenso können die epi- und endoneuralen Blutgefäße betroffen sein.

Etwa die Hälfte aller Polyneuropathien geht mit Schmerzen einher. »Diese entstehen durch Spontanaktivitäten geschädigter Axone, vermittelt durch überaktive Natrium-Kanäle, sowie die Einwirkung von Entzündungsmediatoren und Wachstumsfaktoren«, erklärt die Neurologin. Durch den permanenten Einstrom nozizeptiver Informationen ins Rückenmark und Gehirn komme es parallel zum Versagen der tonischen und phasischen endogenen Schmerzhemmung und zu zentralen Sensibilisierungseffekten. »Da die Mechanismen neuropathischer Schmerzen sich somit grundlegend von denen nozizeptiver Schmerzen unterscheiden, sind spezielle Therapieansätze notwendig.«

Als Manifestationen systemischer Grunderkrankungen seien Polyneuropathien behandelbar, wenn die zugrunde liegenden Noxen und Erkrankungen frühzeitig diagnostiziert und therapiert werden.

Arzneimitteltherapie der ersten Wahl

Zur symptomatischen Linderung neuropathischer Schmerzen stehen diverse Medikamente zur Verfügung, die in der 2019 veröffentlichten S2k-Leitlinie »Diagnose und nicht interventionelle Therapie neuropathischer Schmerzen« der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) beschrieben werden (www.awmf.org; AWMF-Registernummer 030/114).

Leitliniengemäß kommen als Medikamente der ersten Wahl die Antikonvulsiva Gabapentin und Pregabalin, tri- und tetrazyklische Antidepressiva (TZA) sowie der selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSNRI) Duloxetin zum Einsatz. Duloxetin ist jedoch nur zur Behandlung der diabetischen Neuropathie zugelassen.

Mit einem Warnhinweis vom 20. April 2020 machen die Autoren der DGN-Leitlinie eingangs auf das Abhängigkeitspotenzial von Pregabalin insbesondere bei Patienten mit vorbestehender Substanzabhängigkeit, unter anderem von Opioiden, aufmerksam. Allerdings träten diese Nebenwirkungen lediglich bei sehr hohen Tagesdosen auf, die über der maximal zugelassenen Pregabalin-Tagesgabe von 600 mg liegen. Es wird empfohlen, die Patienten engmaschig hinsichtlich eines Fehlgebrauchs zu beobachten oder – aufgrund der günstigeren Pharmakokinetik mit geringerer Toxizität bei oraler Überdosierung – auf Gabapentin auszuweichen.

Trizyklika wie Amitriptylin und Imipramin werden analgetische Effekte zugeschrieben, denen die präsynaptische Wiederaufnahmehemmung monoaminerger Neurotransmitter wie Serotonin und Noradrenalin und die Aktivierung absteigender noradrenerger inhibitorischer, also schmerzhemmender Bahnen zugrunde liegt. Allerdings sind TZA aufgrund ihrer anticholinergen Nebenwirkungen (Delirien, Stürze, Harnverhalt, Obstipation) vor allem bei alten und geriatrischen Patienten sehr vorsichtig einzusetzen.

Generell sei eine individuelle Titration in Abhängigkeit von Wirkung und Nebenwirkungen erforderlich, heißt es in der Leitlinie. Amitriptylin und Imipramin liegen auch in Tropfenform vor, was eine minutiöse Dosisanpassung bei Patienten mit geringer Toleranz gegenüber unerwünschten Wirkungen ermöglicht.

Die wirksame und tolerierbare Dosierung der Tri- und Tetrazyklika liegt meist zwischen 25 und 75 mg/d und sollte je nach Wirkstoff retardiert als Einmalgabe oder verteilt auf zwei bis drei Tagesdosen gegeben werden. Höhere Dosierungen (über 150 mg/d) seien nur notwendig, wenn zusätzlich antidepressive Effekte erwünscht sind, schreiben die Leitlinienautoren. Als Startdosis werden 10 bis 25 mg retardiert zur Nacht beziehungsweise je nach Wirkstoff auch morgens empfohlen. Bei älteren Menschen sollte man mit niedrigen Dosierungen einsteigen. Falls angezeigt, kann die Dosis alle drei bis fünf Tage um 10 bis 25 mg erhöht werden.

Auch die analgetische Effektivität von Duloxetin wird mit der präsynaptischen Wiederaufnahmehemmung der monoaminergen Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin und somit einer Verstärkung der deszendierenden schmerzhemmenden Bahnsysteme erklärt. Der SSNRI habe sich bei Patienten mit schmerzhafter diabetischer Neuropathie in Tagesdosen von 60 bis 120 mg bewährt.

Die Therapie sollte laut DGN-Leitlinie mit 30 mg morgens begonnen und nach 7 bis 14 Tagen auf die Zieldosis von 60 bis 120 mg (Einmalgabe morgens) gesteigert werden. Schwere Nebenwirkungen seien selten. Vor allem in den ersten Behandlungswochen könne es zu Übelkeit und Erbrechen und langfristig unter anderem zum Blutdruckanstieg kommen, sodass regelmäßige Blutdruckkontrollen anzuraten sind.

Off-Label-Use in Einzelfällen

Aufgrund nicht zweifelsfrei nachgewiesener Effektivität oder unzureichender Datenlage oder aber ungünstiger Nebenwirkungsprofile sollten Venlafaxin beziehungsweise SSRI wie Citalopram/Escitalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin oder Sertralin zur Therapie neuropathischer Schmerzen jeglicher Ursache nicht eingesetzt werden. Sie könnten aber in Einzelfällen off Label erwogen werden. Gleiches gilt laut Leitlinie auch für Carbamazepin, Oxcarbazepin, Topiramat, Lamotrigin, Lacosamid, Phenytoin und Levetiracetam sowie für Benzodiazepine oder Baclofen als Wirkstoff aus der Gruppe der Muskelrelaxanzien. Baclofen ist jedoch bei Trigeminusneuralgie und Multipler Sklerose von Nutzen.

Als Medikamente dritter Wahl können sowohl schwache µ-Opioid-Rezeptor-Agonisten und Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (wie Tramadol) als auch hochpotente Opioide (wie Morphin oder Oxycodon) eingesetzt werden. Unerwünschte Wirkungen, Toleranzentwicklungen und komorbide Suchterkrankungen limitieren die Anwendung.

Aufgrund eines geringen Effekts und einer hohen Nebenwirkungsrate werden Cannabinoide zur Therapie neuropathischer Schmerzen jeglicher Ursache nicht empfohlen. Bei Versagen anderer Schmerztherapien und nur in Einzelfällen könne ihr Einsatz als Off-Label-Therapie im Rahmen eines multimodalen Schmerztherapiekonzepts erwogen werden.

Auch Alpha-Liponsäure wird zur Therapie neuropathischer Schmerzen jeglicher Ursache nicht empfohlen. Zwar könne ein Effekt bei diabetischer Neuropathie nicht ausgeschlossen werden, jedoch reiche die Evidenz nicht aus für eine generelle Empfehlung.

An der Evidenz für Wirksamkeit mangelt es auch bei Nicht-Opioid-Analgetika wie nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR), Cox-2-Inhibitoren, Paracetamol oder Metamizol. Bei Langzeitanwendung seien zudem Nebenwirkungen wie Nierenschädigung und Blutungen sowie vor allem gastrointestinale Blutungen zu bedenken. Paracetamol wirkt in hohen Dosen hepatotoxisch und Metamizol birgt ein, wenn auch geringes, Agranulozytose-Risiko.

Topische Therapie

Lidocain blockiert spannungsabhängige Natriumkanäle und unterbindet damit die Entstehung von ektopen Aktionspotenzialen. Darüber hinaus wurde bei längerer Anwendung eine Reduktion der epidermalen Nervenfaserdichte beschrieben.

Daher werden Lidocain-Pflaster in der Leitlinie als Medikament der zweiten Wahl bei lokalisierten neuropathischen Schmerzen eingestuft. Eine Effektivität sei vor allem bei der postzosterischen Neuralgie (PZN) gezeigt; daher sei hier der primäre Einsatz zu erwägen. Zugelassen sind die Pflaster nur bei PZN; alle anderen Indikationen sind off Label.

Als Startdosis sollten ein bis maximal drei Pflaster (700 mg/Pflaster) im Schmerzareal für zwölf Stunden auf die trockene, intakte, nicht gereizte Haut appliziert werden. Danach ist eine mindestens zwölfstündige Pause einzulegen.

Lokale Hautreaktionen wie Erythem, Juckreiz und sehr selten Blasenbildung sind möglich. Die Applikation darf nur auf abgeheilter Haut erfolgen. Aufgrund der geringen systemischen Resorptionsrate sind keine zentralen Nebenwirkungen oder Interaktionen zu erwarten. Dies kann vor allem bei gebrechlichen oder älteren Patienten vorteilhaft sein.

Selbsthilfe und Selbstmanagement

Nicht-medikamentöse Maßnahmen sind allgemein schlechter untersucht. Sie könnten aber im Einzelfall wirksam sein, sagt Sommer. So könne Akupunktur bei Sensibilitätsstörungen und Schmerzen beschwerdelindernd wirken. Manche Patienten schildern warme, andere kalte, wiederum andere Wechselbäder als hilfreich. Diskutiert wird eine Effizienz der transkutanen elektrischen Nervenstimulation (TENS). Bei häufigen Wadenkrämpfen kann die Einnahme von Magnesium angezeigt sein.

Gemäß der großen Zahl der bekannten und unbekannten Ursachen sind die Erscheinungsformen der PNP vielfältig. In der Betreuung, Beratung und Information muss es darum gehen, das gesundheits- und körperorientierte Selbstmanagement der Patienten zu stärken. Dazu zählt die umfangreiche Aufklärung über zugrunde liegende Krankheitszeichen und mögliche Pathomechanismen.

Angst, Depressionen, Schlafstörungen: Da auch psychische Faktoren die Krankheitsbewältigung beeinflussen, kann die Unterstützung durch Psychoonkologen oder Verhaltenstherapeuten angezeigt sein. Zudem kann das Engagement in Selbsthilfegruppen zur Stärkung der seelischen und körperlichen Gesamtkonstitution und somit zur Krankheitsbewältigung beitragen.

Große Bedeutung haben physio- und ergotherapeutische Trainingsmaßnahmen, die sich an den Symptomen und funktionellen Defiziten orientieren müssen. Zudem müssen sie Übungen zur Verbesserung des Gleichgewichts, der Koordination sowie der Stand- und Gangsicherheit beinhalten. Bei Paresen spielt die Stärkung der Muskelkraft und -funktion eine wichtige Rolle. Physikalische und balneologische Therapien können zusätzlich eingesetzt werden. Bei Patienten mit Chemotherapie-induzierten Polyneuropathien wirkt sich dreimal wöchentliches Ergometer- und Krafttraining positiv auf Ausdauer und Muskelkraft aus. »Sport ist im Rahmen der erhaltenen Funktionen erwünscht«, resümiert die Schmerzexpertin.

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