Individuelle Sporttipps für Krebspatienten |
Daniela Hüttemann |
11.04.2025 07:00 Uhr |
Die Finger ballen und ausstrecken regt Durchblutung und Lymphfluss an und mobilisiert die Gelenke. / © Getty Images/verbaska_studio
Sport gilt oft als die beste Medizin – natürlich nicht allein, aber unterstützend bei Krebs. Laut S3-Leitlinie zur Komplementärmedizin bei Krebs ist sogar nichts wirksamer bei Fatigue als Bewegung, erläuterte Sportwissenschaftlerin Constanze Handmann von der Uniklinik Köln kürzlich beim NZW-Krebskongress für Pharmazeuten. In Handmanns Workshop lernten die teilnehmenden Apothekerinnen und Apotheker nicht nur die Theorie zum Nutzen von Bewegung, sondern führten auch gleich kleine Übungen aus, die man jedem Patienten ans Herz legen kann. Denn die Faustregel lautet: Jede kurze Bewegungseinheit ist besser als keine Bewegungseinheit, und wenn es einfachste Übungen sitzend auf einem Stuhl sind.
»Im Grunde gilt für Krebspatienten die gleiche WHO-Empfehlung wie für alle: 150 Minuten moderate Aktivität pro Woche«, so die Referentin, die die Akademie des Centrums für Onkologische Trainings- und Bewegungstherapie (OTT) der Uniklinik Köln und der Deutschen Sporthochschule Köln leitet. »Man sollte sich noch unterhalten, aber nicht mehr singen können«, beschrieb die Sportwissenschaftlerin den optimalen Belastungsgrad.
Wobei das »moderat« sehr individuell sein kann, gerade bei onkologischen Patienten vor, während und nach einer Chemotherapie oder gar in der Palliativsituation. Es gehe nicht darum, seine Belastungsgrenze zu überschreiten. Aber: »Man sollte einen Krebspatienten auch nicht wie ein rohes Ei behandeln, denn bei der Fitness heißt es nun mal ›use it or loose it‹.«
Das gilt auch für Fatigue-Patienten: »Im OTT fragen wir die Patienten vor und nach jeder Einheit, wie schwer sie das Training empfunden haben, und passen es an«, berichtete Handmann. Genutzt wird eine Skala von 1 bis 10. »Bei einem Wert von 1 bis 3 ist ein etwas anstrengenderes Training durchaus möglich. Dann versuchen wir, Belastungsspitzen von 70 bis 80 Prozent einzubauen. Bei einem Ausgangswert von 4 bis 7 sollte man es langsamer angehen lassen, sich aber durchaus noch fordern, damit der Körper sich adaptiert«, riet die Expertin.
Hat der Patient es so gerade überhaupt geschafft zu kommen, reiche ganz sanftes Ausdauertraining, sensomotorisches Training oder Yoga und Qi Gong. »Manche Fatigue-Patienten fühlen sich nach dem Training sogar angeregter, andere wollen danach ins Bett«, so Handmanns Erfahrung. Ein Overpacing ist zu vermeiden.
Patienten mit Kachexie oder Sarkopenie bräuchten ein Krafttraining, das die Muskeln fordert. Unter Krebsbehandlung mit Osteoporose-Risiko wie einer antihormonellen Therapie sei ein Impact-Training wichtig und bei Polyneuropathien ein sensomotorisches und Balance-Training unabdingbar. Bei Risiko für oder bei bestehendem Lymphödem gibt es ebenfalls spezielle Übungen, die den Lymphfluss anregen sollen und entstauen.