NIR zur Qualitätssicherung von Fertigarzneimitteln |
16.02.2004 00:00 Uhr |
Das ZL lud am 10. Februar zum zweiten Forum „Nahinfrarot (NIR)-Spektroskopie zur Qualitätssicherung von Fertigarzneimitteln in Apotheke, Großhandel und Industrie“ ein. Das Thema war der konkrete Bedarf einer NIR-Datenbank zur Qualitätskontrolle von Fertigarzneimitteln. Hierzu waren Vertreter aus Bereichen der Apothekerkammern, des Großhandels und der Industrie eingeladen.
Die Veranstaltung wurde vom Vorstandsvorsitzenden des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker (ZL), Dr. Richard Klämbt eröffnet. Er wies auf die Gefahren hin, die durch die Legalisierung von Internetversand und die Öffnung des europäischen Marktes entstehen. In diesen Zeiten sei es besonders wichtig, Möglichkeiten für eine effektive Qualitätskontrolle von Fertigarzneimitteln zu nutzen und somit Arzneimittelsicherheit zu gewährleisten.
Im ersten Vortrag erläuterte Dr. Astrid Kaunzinger die Grundlagen der schwingungsspektroskopischen Methode, gab einen Überblick über mögliche Anwendungsgebiete und verdeutlichte besonders die Vorteile der schnellen und zerstörungsfreien Prüfung von Ausgangsstoffen und Fertigarzneimitteln.
Die Messungen erfolgen mit Hilfe des nahen Infrarotlichtes, das sich über einen Bereich von 800 bis 2500 nm erstreckt und somit die Lücke zwischen sichtbarem und mittlerem Infrarotbereich schließt. Mit NIR-Spektroskopie können die Proben ohne jegliche Vorbehandlung sowohl in Transmission als auch in Reflexion vermessen werden. Im Gegensatz zur klassischen IR-Spektroskopie enthalten NIR-Spektren zusätzlich Informationen über physikalische Eigenschaften. So machen sich zum Beispiel Korngröße, Korngrößenverteilung, Viskosität, Feuchtigkeit, Temperatur oder Härte von Tabletten in den Spektren bemerkbar.
Technik erkennt Mängel
Im zweiten Vortrag stellte Julia Petri aktuelle Ergebnisse aus NIR-spektroskopischen Untersuchungen an Tabletten vor und zeigte, wie gut die Technik zur Erkennung von Qualitätsmängeln, wie Unterdosierungen, Placebos, falschen Wirkstoffen oder zusätzlichen Substanzen geeignet ist. Weiterhin wurde die Möglichkeit der Erstellung von Bibliotheken mit eingeblisterten Tabletten erläutert und im Anschluss an den Vortrag praktisch demonstriert.
Vor dem Hintergrund der Gefahr zunehmender Arzneimittelfälschungen könnten Apotheker und Großhändler von dieser schnellen Qualitätskontrollmethode profitieren. Dazu bedarf es jedoch zunächst der Erstellung einer umfassenden Datenbank, deren Zuverlässigkeit durch eine ausreichend große Menge Referenzdaten sichergestellt werden muss.
In der anschließenden Diskussion, die von Dr. Mona Tawab geleitet wurde, waren sich die Teilnehmer prinzipiell über den großen Nutzen der schnellen, innovativen und zerstörungsfreien Technik einig. Das Interesse an dieser Methode zur Qualitätskontrolle von Fertigarzneimitteln war deutlich erkennbar und es herrschte allgemein die Überzeugung, dass im Hinblick auf Arzneimittelsicherheit gehandelt werden müsse, bevor erste lebensbedrohliche Arzneimittelfälschungen auch den Deutschen Markt erreichen.
Klar herausgestellt wurde die Wichtigkeit beziehungsweise die Notwendigkeit einer validen Datenbank, die nur durch das Einlesen einer großen Anzahl von Spektren unterschiedlicher Chargen eines Produktes erstellt werden kann und einer intensiven Pflege bedarf.
Abschließend betonte Tawab, dass sich das ZL als unabhängige Institution bereit erkläre, die Koordination des Projektes zu übernehmen und mit dem vorhandenen Know-how die Erstellung einer Datenbank maßgeblich voranzubringen. Voraussetzung sei allerdings die finanzielle Unterstützung, vor allem bezüglich Geräteausstattung und Personal. Ein klares Konzept über das weitere Vorgehen würde demnächst erstellt.
Pilotprojekt in China In China stellen Arzneimittelfälschungen inzwischen ein ernsthaftes Problem dar. Um dem enormen Fälschungsmarkt, der bereits zahlreiche Menschenleben gefordert hat, einen Riegel vorzuschieben, startete die dortige FDA mit einem Pilotprojekt zur mobilen Kontrolle von Arzneimittelfälschungen. Mit Hilfe eines mobilen NIR-Gerätes können gefälschte Arzneimittel an Ort und Stelle erkannt und aus dem Verkehr gezogen werden. Die Vorbereitungen zur Erstellung der notwendigen Datenbank laufen auf Hochtouren.
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