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Modafinil zur Therapie der Narkolepsie

28.03.2005  00:00 Uhr
Arzneistoffprofile

Modafinil zur Therapie der Narkolepsie

von Thilo Bertsche, Heidelberg, und Martin Schulz*, Berlin

Narkolepsie ist eine stark belastende Krankheit. Mit Modafinil steht ein strukturell nicht mit Amphetaminen verwandtes Stimulans zur Verfügung, das die Lebensqualität der Betroffenen deutlich verbessert und als Mittel der Wahl gilt. Weiterhin ist der Arzneistoff für die Therapie des obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms zugelassen.

*) unter Mitarbeit von Hartmut Morck, Rolf Thesen und Petra Zagermann-Muncke

Die Narkolepsie ist eine seltene, lebenslang andauernde Krankheit. Von 100.000 Personen sind circa 26 bis 50 Personen betroffen. Die Erkrankung äußerst sich erstmals vorwiegend in der zweiten Lebensdekade, wobei die Ursache meist ungeklärt ist. Nur in wenigen Fällen ist Narkolepsie das Symptom einer primären Erkrankung wie Verletzungen am Hirnstamm. Pathophysiologisch besteht die Ursache aus mehreren Faktoren und geht mit Störungen im cholinergen und noradrenergen System sowie in der Hypocretin-Sekretion einher. Hypocretine sind Peptide mit funktioneller Relevanz für die Regulation von Schlaf und Appetit (1, 2).

Symptome der Narkolepsie

Das Krankheitsbild ist charakterisiert durch Schlaf-Wach-Störungen mit Rapid-Eye-Movement (REM)- und Non-REM-Schlafstadien-assoziierten Symptomen. Sehr häufige klinische Symptome sind Tagesschläfrigkeit mit Tagschlafepisoden (>95 Prozent, meist Erstmanifestations-Symptom), Kataplexie (circa 90 Prozent ­ meist zweites Symptom ­, gilt nahezu als beweisend), Schlaflähmung, beim Einschlafen oder im Halbschlaf auftretende (hypnagoge) Halluzinationen, gestörter Nachtschlaf (jeweils 40 bis 50 Prozent), automatisches Verhalten (circa 20 Prozent). Häufige Begleiterscheinungen (20 bis 40 Prozent) sind Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, einschlafbedingte Unfälle, Depression, Potenzstörungen sowie Persönlichkeitsveränderungen (1, 2).

 

Arzneimittelprofil Modafinil ist der wirksame Bestandteil des Fertigarzneimittels Vigil® der Firma Cephalon GmbH. Eine Filmtablette Vigil enthält 100 mg Modafinil (3).

  

Möglichkeiten zur Therapie

Die nicht medikamentöse Therapie basiert auf verhaltensmodifizierenden Maßnahmen, Schlafhygiene und individuell angepassten Tagschlafepisoden. Die medikamentöse Therapie der Tagesschläfrigkeit erfolgt durch Behandlung mit Stimulantien. Im Gegensatz zu Gesunden variieren bei Narkolepsiepatienten die Effekte der Stimulantien zum Beispiel in Abhängigkeit von der Einnahmesituation. Eine psychische Abhängigkeit ist bei Narkolepsiepatienten bisher nicht festgestellt worden. Bei 30 bis 40 Prozent tritt eine Toleranz auf. Nach kurzzeitigem Absetzen der Stimulantien kann es zu erneutem Ansprechen auf niedrige Dosen kommen.

Modafinil ist das nach Kriterien der evidenzbasierten Medizin am besten untersuchte Stimulans. Große, direkt vergleichende Studien zwischen den unterschiedlichen Substanzen existieren allerdings nicht. Bei lebenslanger Krankheitsdauer ist initial die Gabe der nebenwirkungsärmsten Substanz anzuraten. Auf Grund der Toleranzentwicklung sollte ein zweites oder drittes Präparat erprobt werden, auf das gegebenenfalls gewechselt werden kann (1, 2).

Empfehlungen zur Therapie

Als Therapien der ersten Wahl sind folgende Arzneistoffe zu empfehlen:

  1. Modafinil (Vigil®): 200 bis 400 mg/Tag, bei 70 bis 80 Prozent der Patienten wirksam.
  2. Methylphenidat (Ritalin®): 10 bis 60 mg/Tag (maximal 80 mg/Tag), in Retardformulierung (Concerta®) möglicherweise geringere Wirksamkeit durch schnelle Toleranzentwicklung.
  3. Pemolin (Tradon®): 20 bis 100 mg/Tag.

Therapien der zweiten Wahl sind:

  • Ephedrin (als Rezeptur): 25 bis 75 mg/Tag bis max. 250 mg/Tag.
  • (Dextro-)Amphetamin, Metamphetamin: 40 bis 60 mg/Tag.
  • MAO-Hemmer (nur bei refraktärer Therapie, zum Beispiel Selegilin (Movergan® unter anderem): ab 30 mg/Tag.

Weiterhin können Mazindol, Coffein (Percoffedrinol®), Gammahydroxybuttersäure oder L-Dopa (Madopar®, Nacom® unter anderem) angewendet werden. Zugelassen zur Behandlung der Narkolepsie sind derzeit in Deutschland nur Ritalin und Vigil, jedoch ist ein Off-label-Einsatz in den anderen Fällen möglich. Meist ist eine Dauertherapie erforderlich. Außerdem sind regelmäßige ambulante Kontrollen auf Toleranzentwicklung, eventuelle Abhängigkeit, kardiovaskuläre Nebenwirkungen und Hepatotoxizität notwendig. Falls der Patient nicht auf die Therapie anspricht, können Plasmaspiegelbestimmungen in Erwägung gezogen werden. Kataplexien, Schlaflähmungen oder hypnagoge Halluzinationen werden mit Antidepressiva behandelt (1, 2).

Richtige Anwendung von Modafinil

Vigil ist zugelassen zur Behandlung der Narkolepsie mit und ohne Kataplexie und des mittelschweren bis schweren obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms mit exzessiver Tagesschläfrigkeit trotz adäquater CPAP(Continuous Positive Airway Pressure)-Therapie.

Die Dosierung zur Behandlung einer Narkolepsie für Erwachsene beträgt zwei bis vier Tabletten (200 bis 400 mg) und ist auf zwei Dosen (morgens und mittags) zu verteilen oder als Einzeldosis am Morgen einzunehmen. Die Tagesdosis zur Behandlung beim obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom beträgt zwei Tabletten (200 mg) als Einzeldosis am Morgen. Bei nicht ausreichender Besserung kann auch in dieser Indikation auf bis zu vier Tabletten (400 mg) täglich gesteigert werden.

Die Resorption von Modafinil wird durch die Nahrungsaufnahme nicht beeinflusst. Modafinil kann daher vor, während oder nach der Mahlzeit mit Flüssigkeit eingenommen werden. Die Filmtabletten sollten unzerkaut geschluckt werden (3).

Wirkt anders als Amphetamine

Modafinil stimuliert das zentrale Nervensystem. Es steigert die Wachheit, ohne den Nachtschlaf zu beeinflussen. Der Arzneistoff unterscheidet sich sowohl chemisch als auch pharmakologisch von Psychostimulantien wie Amphetaminen und Methylphenidat. Er hat keine peripheren sympathomimetischen Effekte, die bei Amphetaminen beobachtet werden. Obwohl Modafinil nicht an α-adrenerge Rezeptoren bindet, beruht seine Wirkung zum Teil auch auf einer spezifischen Potenzierung der zerebralen α-1-adrenergen Aktivität.

Die Zunahme der Wachheit wird durch eine selektive Aktivierung des Schlaf-Wach-Zentrums im Hypothalamus verursacht. Über eine Steigerung der c-fos-Expression in Neuronen wird eine indirekte Hemmung GABA-erger Neurone angenommen (3-6).

Besonders häufig sind zentrale Nebenwirkungen wie körperliche Unruhe, Angststörungen, Nervosität, Schwindel, Kopfschmerzen und Schlafstörungen. Weiterhin sind häufig Durchfall, Übelkeit und Rhinitis zu beobachten. Besonders schwerwiegende Nebenwirkungen sind ein erhöhtes Infektionsrisiko, Arrhythmien und Bluthochdruck (3, 4).

Es liegen nur begrenzte Erfahrungen zu Intoxikationen vor. Die wichtigsten Symptome sind Erregung, motorische und affektive Unruhe sowie Schlaflosigkeit. Da bisher kein spezifisches Antidot bekannt ist, beschränkt sich die Therapie bei Überdosierung auf eine Erstversorgung mit stationärer Überwachung des psychomotorischen Status und der kardiovaskulären Parameter für die Dauer von etwa 48 Stunden. Sofern es keine Kontraindikationen gibt, kann eine Magenspülung angezeigt sein. Es gibt keine Hinweise darauf, dass eine Dialyse oder die Anhebung oder Absenkung des Säuregrades des Urins die Ausscheidung von Modafinil verstärkt (3).

Kontraindikationen beachten

Modafinil ist bei Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der sonstigen Bestandteile kontraindiziert. Da unklar ist, welche Effekte Modafinil auf das ungeborene Kind ausübt und in welchem Ausmaß die Substanz in die Muttermilch übergeht, darf keine Anwendung in der Schwangerschaft erfolgen und während der Anwendung nicht gestillt werden.

Die gleichzeitige Behandlung mit α-1-Antagonisten, wie Prazosin, ist wegen der Beeinträchtigung der vigilanzerhöhenden Wirkung von Modafinil kontraindiziert. Bei einer Abhängigkeit von Alkohol, Medikamenten oder Drogen in der Anamnese sollte von seiner Anwendung wegen des nicht auszuschließenden Missbrauchspotenzials Abstand genommen werden. Bei Patienten mit schweren Angstzuständen und Psychosen sollte der Arzneistoff wegen seiner vorhersehbaren Wirkung allenfalls in Facheinrichtungen zur Anwendung kommen. Die Effekte von Modafinil auf Kreislauf und Herzfrequenz mahnen bei Hypertonie oder bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen zur Vorsicht. Bei schweren Lebererkrankungen ist ebenso wie bei schweren Nierenerkrankungen wegen des Risikos einer Kumulation durch Einschränkung der Elimination eine Dosisreduktion vorzunehmen. Dies gilt besonders wegen zunehmender Einschränkung der Nierenfunktion auch für Patienten im höheren Lebensalter. Zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen liegen nur begrenzte Erfahrungen vor (3, 4).

Autofahren unter Modafinil

Narkolepsie-Patienten sind unbehandelt nicht in der Lage, Kraftfahrzeuge zu führen und Maschinen zu bedienen. Obwohl Modafinil das Reaktionsvermögen vor allem in Kombination mit Alkohol erheblich vermindert, kann unter der Behandlung mit Modafinil das Führen von Kraftfahrzeugen unter Umständen bedingt möglich sein. Eine besondere ärztliche Überwachung und eine gesonderte Bescheinigung ist hierzu unbedingt anzuraten (3).

Zu den Wechselwirkungen liegen nur begrenzte Erfahrungen vor. Da Modafinil zumindest in vitro enzym-induzierende Eigenschaften auf CYP1A2, 2B6 und 3A4 und enzym-hemmende auf CYP2C9 zeigt, sind bei Therapieein- und -umstellungen eine engmaschige Überwachung und gegebenenfalls Dosisanpassungen angezeigt. Bei Anwendung von Estrogen-Gestagen-Präparaten zur hormonellen Kontrazeption kann deren empfängnisverhütende Wirkung während der Behandlung sowie noch für die Dauer eines Zyklus nach Behandlungsende herabgesetzt sein. Dies gilt insbesondere für Mini- und Mikropille. Während der Behandlung mit Modafinil müssen zur Empfängnisverhütung unbedingt orale Kontrazeptiva mit einem Gehalt an Ethinylestradiol von mindestens 0,05 mg oder andere Methoden der Empfängnisverhütung angewendet werden (3).

Modafinil besitzt eine von der verabreichten Dosis unabhängige Pharmakokinetik. Die maximale Plasmakonzentration wird zwei bis drei Stunden nach der Einnahme erreicht. Modafinil wird nur zu einem mäßigen Anteil (62 Prozent) an Plasmaproteine gebunden, hauptsächlich an Albumin. Modafinil wird in der Leber metabolisiert, sein Hauptmetabolit Modafinilsäure (40 bis 50 Prozent der Dosis) ist pharmakologisch nicht aktiv. Modafinil und seine Metaboliten werden vorwiegend über die Nieren ausgeschieden, ein geringer Anteil (weniger als 10 Prozent) in Form der unveränderten Ausgangssubstanz. Die Halbwertszeit beträgt 12 bis 15 Stunden. Die therapeutischen Plasmakonzentrationen liegen bei 2 bis 3 µg/ml (3, 7).

Klinische Wirksamkeit

Narkolepsie

In einer randomisierten placebokontrollierten Doppelblindstudie (8) erhielten Patienten mit Narkolepsie täglich Modafinil in fixer Dosierung von 200 oder 400 mg beziehungsweise Placebo. Insgesamt 271 Patienten erhielten eine Studienmedikation während der neunwöchigen Studienphase. Der Studie folgte eine zweiwöchige Placepophase, an der noch 240 Patienten teilnahmen, um mögliche Absetzeffekte zu untersuchen. Unter Verwendung zweier objektiver Meßmethoden, dem Multiple Sleep Latency Test und dem Maintenance of Wakefulness Test, wurde eine signifikante Verbesserung der exzessiven Tagesmüdigkeit bei der Behandlung mit Modafinil festgestellt. Zudem wurde die von den Patienten selbst berichtete Schläfrigkeit signifikant verbessert (Epworth Sleepiness Scale). Der Schweregrad der Narkolepsie wurde nach ärztlicher Einschätzung ebenfalls signifikant reduziert. Der Nachtschlaf wurde nicht beeinträchtigt. Die häufigste Nebenwirkung war Kopfschmerz, allerdings nicht signifikant häufiger als unter Placebo. Während der Absetzphase wurde bei den Patienten, die zuvor Modafinil erhalten hatten, eine vergleichbare Symptomatik in Bezug auf die exzessive Tagesschläfrigkeit ermittelt wie vor der Studie. Entzugssymptome wurden nicht beobachtet.

Die Studiendauer von neun Wochen reicht jedoch nicht aus, eine unter Umständen lebenslang einzunehmende Medikation hinreichend zu beurteilen. Auch Studien, in denen ein längerfristiger Einsatz untersucht wurde, belaufen sich auf lediglich 16 Wochen (9). Hier konnte eine signifikante Abnahme der Symptomatik von exzessiver Tagesschläfrigkeit bei einer mittleren Dosierung von 330 mg Modafinil in Bezug auf den Maintenance of Weakfulness-Test (p=0,009) und den Adverse Sleepness Scale (p=0,023) gezeigt werden. Außerdem wurde die Anzahl von Episoden schwerer Somnolenz Patiententagebüchern zufolge verbessert (p=0,017).

Das zentrale Problem der Therapie der Narkolepsie ist die enorme Einschränkung der Lebensqualität. Deswegen darf zur Einschätzung der Therapie nicht nur die objektivierte Beurteilung der Symptomatik erfolgen, auch Effekte auf die Lebensqualität müssen evaluiert werden. Nach einer Auswaschphase der bisherigen Medikation erhielten 151 ambulante Narkolepsiepatienten in einer 6-wöchigen offenen Multicenterstudie in der ersten Woche einmal täglich 200 mg Modafinil und anschließend täglich 200 oder meistens 400 mg (10). Modafinil verbesserte signifikant die allgemeine, gesundheitsbezogene Lebensqualität, gemessen mit dem Fragebogen SF-36, bezüglich der körperlichen und psychischen Summenskalen sowie den Subskalen körperliche Rollenfunktion, soziale Funktionsfähigkeit und Vitalität (jeweils p 0,001). Die Behandlung mit Modafinil reduzierte die Fatigue-Symptomatik und verbesserte körperliche und geistige Vitalität signifikant nach dem POMS-Score (jeweils p 0,001) von Woche 1 bis 6. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Kopfschmerz, Nausea und Insomnie. Diese Ergebnisse werden auch durch eine ältere 9-wöchige doppelblinde placebokontrollierte Studie bestätigt (11). Zum Studienende wiesen die Patienten, die 400 mg Modafinil erhalten hatten, gegenüber der Placebogruppe signifikante Verbesserungen der Aktivität, der sozialen Kontakte und des psychologischen Wohlbefindens auf. Aufmerksamkeit und Selbsteinschätzung wurden im Vergleich zu Placebo ebenfalls verbessert (p = 0,05).

Obstruktive Schlafapnoe

Patienten einer Studie (12) zur Untersuchung von Modafinil bei obstruktivem Schlafapnoe/Hypopnoe-Syndrom litten trotz regelmäßiger CPAP-Therapie unter Tagesschläfrigkeit, die die Lebensqualität stark einschränkte. In dieser randomisierten placebokontrollierten Doppelblindstudie wurde der Effekt von Modafinil auf die langfristige Aufmerksamkeit und Leistungsfähigkeit sowie die funktionelle Lebensqualität untersucht. 77 Patienten erhielten Modafinil (200 mg/Tag Woche eins, 400 mg/Tag Woche zwei bis vier) und 80 Patienten erhielten Placebo über vier Wochen. Die Fähigkeit zur Aufmerksamkeit wurde anhand eines Psychomotor-Vigilanz-Task (PVT), dem funktionellen Status und der Lebensqualität anhand der Functional Outcomes of Sleep Questionnaire (FOSQ) untersucht. Anhand dieser Parameter konnte die zusätzliche Therapie mit Modafinil signifikante Verbesserungen erzielen (p 0,05).

77 Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe oder -hypopnoe erhielten in Woche 1200 mg Modafinil/Tag, gefolgt von 400 mg/Tag in den Wochen zwei bis vier oder Placebo (n=80) (13). Modafinil verbesserte zum Beispiel signifikant die Tagesschläfrigkeit anhand der Epworth Sleepiness Scale in Woche eins und vier (p 0,001). Der Anteil der Patienten mit normalisierter Tagesschläfrigkeit (Epworth score 10) war signifikant besser unter Modafinil (51 Prozent) als unter Placebo (27 Prozent, p 0,01).

Aktuelle Anwendungsansätze

Aktuelle Studien beschäftigen sich beispielsweise auch mit Fragen der Anwendung von Modafinil im Kontext depressiver Erkrankungen (14), Suchterkrankungen (15) oder schizophrenen Krankheitszuständen (16).

 

Fazit: Wirksam und verträglich ­ aber Langzeitdaten fehlen Das Stimulans Modafinil verbessert Narkolepsie-bedingte Tagesmüdigkeit. In der Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe mit exzessiver Tagesschläfrigkeit werden Anzahl und Dauer von Tagesschlafphasen gebessert, Aufmerksamkeit und die psychomotorische Leistungsfähigkeit gesteigert. Modafinil wirkt sich zudem positiv auf die Lebensqualität aus.

Es unterscheidet sich chemisch und pharmakologisch von amphetaminartigen Substanzen. Als Wirkmechanismus wird unter anderem eine indirekte Hemmung GABAerger Neurone des Hypothalamus und eine Verstärkung von Noradrenalin an zentralen α-1-Rezeptoren diskutiert. Im Gegensatz zu anderen Behandlungsoptionen bei Narkolepsie ist die Wirksamkeit von Modafinil in Dosierungen von 200 bis 400 mg mit verhältnismäßig umfangreichen klinischen Daten dokumentiert. Untersuchungen zu Wirksamkeit und Risiken einer unter Umständen lebenslangen Anwendung fehlen allerdings bislang. Modafinil gilt in der Behandlung der Narkolepsie trotzdem als Mittel der Wahl.

Als Nebenwirkungen treten Kopfschmerzen, Übelkeit und Nervosität auf. Interaktionen über Cytochromisoenzyme sind prinzipiell möglich. Die Entwicklung einer psychischen Abhängigkeit scheint bei bestimmungsgemäßem Gebrauch gering zu sein. Eine Toleranzentwicklung ist jedoch nicht auszuschließen. Vigil untersteht mittlerweile der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung.

Die Tagestherapiekosten für Vigil® bei Narkolepsie liegen bezogen auf die größte Packungsgröße (50 Stück) bei 5,57 bis 11,14 Euro (VK). Zum Vergleich: die Tagestherapiekosten für Ritalin®, bei gleichen Vorrausetzungen je nach der individuell aufzutitrierenden Dosierung, betragen bei Verordnung von 50 Stück 0,53 bis maximal 4,21 Euro (17).

Die Dopingliste 2004 führt Modafinil unter Stimulantien auf (18). Vor einer Anwendung als Partydroge oder Anti-Schlaf-Mittel ist nicht zuletzt wegen des schwerwiegenden Eingriffs in den Schlaf-Wach-Rhythmus mit bislang nicht absehbaren Folgen dringend zu warnen.

  

Literatur

  1. Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, Narkolepsie, erstellt am 1. April 2002 Unter www.leitlinien.net (AWMF), Stand: 22. März 2005.
  2. Mayer, G. Auswirkungen der neuen Arzneimittelbestimmungen auf die medikamentöse Therapie der Narkolepsie. Dtsch. Med. Wochenschtr. 129 (2004) 1198­1201.
  3. Vigil® ­ Fachinformation. Cephalon GmbH, Stand Oktober 2004.
  4. Micromedex Medizinisches Informationssystem 123 (2005).
  5. Lin, J .S., et al., Potential brain neuronal targets for amphetamine-, methylphenidate- and modafinil-induced wakefulness, evidenced by c-fos immunocytochemistry in the cat. Proc. Natl. Acad Sci. USA 93 (1996) 14128­14133.
  6. Silber, M., Sleep disorders. Neurol. Clin. 19 (2001) 173­186.
  7. Schulz, M. und Schmoldt, A., Therapeutic and toxic blood concentrations of more than 800 drugs and other xenobiotics. Pharmazie 58 (2003) 447­474.
  8. US Modafinil in Narcolepsy Multicenter Study Group, Randomized trial of modafinil as a treatment for the excessive daytime somnolence of narcolepsy. Neurology 54 (2000) 1166­1175.
  9. Moldofsky, H., et al., A randomized trial of the long-term, continued efficacy and safety of modafinil in narcolepsy. Sleep Med. 1 (2000) 109­116.
  10. Becker, P.M., et al., Effect of modafinil on fatigue, mood, and health-related quality of life in patients with narcolepsy. Psychopharmacology 171 (2004) 133­139.
  11. Beusterien, K. M., et al., Health-related quality of life effects of modafinil for treatment of narcolepsy. Sleep 22 (1999) 757­765.
  12. Dinges, D. F. und Weaver, T. E., Effects of modafinil on sustained attention performance and quality of life in OSA patients with residual sleepiness while being treated with nCPAP. Sleep Med. 4 (2003) 393­402.
  13. Pack, A.I., et al., Modafinil as adjunct therapy for daytime sleepiness in obstructive sleep apnea. Am. J. Respir. Crit. Care Med. 164 (2001) 1675­1681.
  14. Fava, M., et al., A multicenter, placebo-controlled study of modafinil augmentation in partial responders to selective serotonin reuptake inhibitors with persistent fatigue and sleepiness. J. Clin. Psychiatry 66 (2005) 85­93.
  15. Dackis, C. .A., et al., A double-blind, placebo-controlled trial of modafinil for cocaine dependence. Neuropsychopharmacology. 30 (2005) 205­211.
  16. Rosenthal, M. H. und Bryant, S. L. Benefits of adjunct modafinil in an open-label, pilot study in patients with schizophrenia. Clin. Neuropharmacol. 27 (2004) 38­43.
  17. ABDATA, Pharma-Daten-Service, ABDA-Datenbank, Stand 22. März 2005
  18. World Anti-Doping Agency, The world anti-doping code: The 2005 prohibited list ­ international standard, update 23. September 2004.

 

Anschrift der Verfasser:
Dr. Thilo Bertsche
Universitätsklinikum Heidelberg
Medizinische Klinik (Krehl-Klinik)
Abteilung Innere Medizin VI
Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie
Im Neuenheimer Feld 410
69120 Heidelberg

Dr. Martin Schulz
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