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In der Selbstmedikation sehr beliebt sind topisch anzuwendende Präparate wie Wärmepflaster und -salben oder Schmerzcremes. »Viele Patienten machen damit gute Erfahrungen«, weiß Bingel. Ein Cochrane-Review zeigte 2017 gute Evidenz für eine analgetische Wirkung insbesondere von Diclofenac- und Ketoprofen-Gel bei muskuloskelettalen Schmerzen. Ob der Wirkstoff in ausreichender Menge an den Schmerzort gelangt, hängt unter anderem von der individuellen Hautbeschaffenheit sowie dem Körpergewicht (Übergewicht) der Patienten ab. Studien zur Anwendung speziell bei Kreuzschmerzen liegen bislang nicht vor.
Wärmepflaster und andere Topika sind bei Patienten sehr beliebt. / Foto: Adobe Stock/Uwe Grötzner
Für Capsaicin-Pflaster und -Salben ist eine signifikante schmerzlindernde Wirkung bei akuten und chronischen unspezifischen Rückenschmerzen belegt. Unterstützend kann das Apothekenteam bei der Abgabe von OTC-Präparaten raten, sich damit nicht ins Bett zu legen, sondern körperlich aktiv zu bleiben oder zu werden.
Orale Weidenrindenzubereitungen (Salix alba) sind von der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA aufgrund von Untersuchungen zu Wirksamkeit und Unbedenklichkeit zur kurzzeitigen Linderung von Kreuzschmerzen zugelassen (Well-established-use-Status). Studien bescheinigen dem Phytotherapeutikum (240 mg) eine signifikant bessere Schmerzreduktion als Placebo und eine vergleichbare Wirkung mit Rofecoxib. Wenig Evidenz für die Effektivität und keine EMA-Registrierung liegen dagegen für Teufelskralle (Harpagophytum procumbens) und für Beinwell (Symphytum officinale) bei Rückenschmerzen vor.
Vom Einsatz von Muskelrelaxanzien (Myotonolytika) raten sowohl die NVL als auch Schmerzexperten bei unspezifischen Rückenschmerzen heute generell ab. »Sie schaden mehr als sie nutzen«, fasst Bingel zusammen.
Abgesehen von möglichen zentralnervösen und gastrointestinalen Nebenwirkungen sowie allergischen Reaktionen spreche auch der tonussenkende Effekt gegen diese Substanzklasse. »Wir wollen die Muskulatur ja aktivieren und nicht entspannen.« Trotzdem werde insbesondere das zentral wirksame Muskelrelaxans Methocarbamol nach wie vor in vielen hausärztlichen und orthopädischen Praxen verschrieben. Zugelassen für die Schmerztherapie sind in Deutschland darüber hinaus auch Orphenadrin, Tizanidin und Pridinol.
Ebenfalls nicht empfohlen, aber trotzdem häufig eingesetzt werden Injektionen von Schmerzmitteln, Lokalanästhetika oder Glucocorticoiden. Bei unspezifischen Kreuzschmerzen wirken Diclofenac-Spritzen Studien zufolge nicht besser oder schneller als ein orales Präparat. Auch für Lidocain oder Glucocorticoide liegt kein sicherer Wirksamkeitsnachweis vor. Dem steht das höhere Nebenwirkungs- und Komplikationspotenzial gegenüber, das von allergischen Reaktionen über Infektionen und Abszessbildung bis zu Nervenverletzungen reicht.