Impfung senkt Infektionsrisiko um Faktor 3 |
Die Delta-Variante führt offenbar häufiger zu Impfdurchbrüchen als andere Varianten des Coronavirus. / Foto: Adobe Stock/Daniel Ernst
Vollständig Geimpfte tragen inzwischen erheblich zum Infektionsgeschehen bei. In Großbritannien machen sie derzeit 44 Prozent der SARS-CoV-2-Infektionen aus. Das zeigt eine aktuelle Auswertung der Studie REal-time Assessment of Community Transmission-1 (REACT-1), die Forschende um Paul Elliott vom Imperial College London vorgenommen haben. Demnach haben ungeimpfte Menschen ein dreimal so hohes Risiko, sich mit Corona zu infizieren, als vollständig Geimpfte. In der Studie wird regelmäßig anhand einer repräsentativen Stichprobe die Verbreitung des Virus in der Bevölkerung ermittelt.
In der aktuellen Untersuchung (vom 24. Juni bis 12. Juli) wurden 1,2 Prozent von 100.000 Probanden in England positiv auf das Virus getestet, während es unter den vollständig Geimpften nur 0,4 Prozent waren. »Diese Ergebnisse bestätigen unsere vorherigen Daten und zeigen, dass eine vollständige Impfung guten Schutz davor bietet, sich zu infizieren«, sagte der Studienleiter Elliott einer Mitteilung zufolge. Da jedoch kein Impfstoff eine hundertprozentige Wirksamkeit habe, gebe es auch für Geimpfte noch ein gewisses Risiko, sich zu infizieren. 100 Prozent der in der Studie analysierten Proben waren Fälle der Delta-Variante, die in Großbritannien mittlerweile flächendeckend verbreitet ist.
Nachdem die Forscher auch Faktoren wie Alter, Geschlecht und andere demografische Merkmale in die Studie einbezogen, kamen sie zu dem Ergebnis, dass die Geimpften in der Stichprobe verglichen mit den nicht Geimpften ein um 50 bis 60 Prozent reduziertes Risiko hatten, sich zu infizieren.
Damit kommen die britischen Forscher zu einem ähnlichen Ergebnis wie Experten der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC. Diese gehen ebenfalls davon aus, dass der Schutz gegen Infektionen mit der Delta-Variante bei vollständiger Impfung vorhanden ist, aber geringer ausfällt als bei anderen Varianten. CDC-Daten zufolge haben vollständig Geimpfte ein um den Faktor 3 reduziertes Risiko für Delta-Infektionen und ein um den Faktor 10 reduziertes Risiko für schwere Verläufe und Todesfälle aufgrund einer Delta-Infektion.
Andere Forscher hatten zuvor schon die Impfwirkung mit Blick auf eine Covid-19-Erkrankung untersucht. So entdeckte ein Team um Jamie Lopez Bernal von der Gesundheitsbehörde Public Health England eine etwas verminderte Effektivität von Impfstoffen gegen die Delta-Variante. Die Wirksamkeit des Produkts von Biontech/Pfizer gegen eine Corona-Erkrankung durch Delta lag bei 88 Prozent. Bei Astra-Zeneca waren es 67 Prozent, wie das Team im »New England Journal of Medicine« (NEJM) schreibt. Zum Vergleich: Die Effektivität gegen die Ursprungsvariante betrug bei Biontech/Pfizer 95 Prozent und bei Astra-Zeneca rund 80 Prozent. Da die Wirkung gegen Delta nach nur einer Spritze bei beiden Impfstoffen noch erheblich geringer gewesen sei, sollten Menschen unbedingt zweimal damit geimpft werden, schreiben die Forscher.
Gegenüber dem »Science Media Center« Deutschland sagte Professor Dr. Leif Erik Sander, Impfstoffforscher an der Charité Berlin, am Mittwoch: »Wir müssen uns davon verabschieden, dass vollständig Geimpfte das Coronavirus nicht übertragen können.« Aus diesem Grund sollten auch Geimpfte die Infektionsschutzmaßnahmen wie Masketragen und Abstandhalten weiterhin einhalten. In der Diskussion um abnehmende Wirksamkeit der Impfstoffe sollte nicht vergessen werden, dass sich trotzdem Geimpfte seltener infizieren als Ungeimpfte und zudem deutlich seltener schwer erkranken oder sterben.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.