Immer wieder Engpässe bei Impfstoffen |
Daniela Hüttemann |
24.07.2019 15:54 Uhr |
Bei Impfstoffen kommt es immer wieder zu Lieferschwierigkeiten. Im Augenblick fehlen unter anderem Vakzinen gegen Gürtelrose und Masern, Mumps, Röteln und Windpocken. / Foto: Adobe Stock/Khunatorn
Seit 2015 informiert das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) als zuständige Behörde über Lieferengpässe bei Impfstoffen und nennt auch gleich mögliche Alternativen. Verbraucher können dort auch melden, wenn sie einen Engpass vermuten, der noch nicht gelistet ist. Allein im vergangenen Jahr waren 30 Vakzinen offiziell als zeitweise nicht mehr lieferbar neu registriert worden; einige weitere sind bis heute nicht lieferbar.
Aktuell listet das PEI drei fehlende Standardimpfstoffe zur Grundimmunisierung von Säuglingen und Kleinkindern: Die Meningokokken-A, C, W135, Y-Kombiimpfung Menveo (Alternative: Nimenrix) sowie Priorix-Tetra, die Vierfach-Impfung gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken, sowohl als Einer-Packung als auch die Packung mit zehn Fertigspritzen. Während Menveo im September wieder lieferbar sein soll, wird es bei Priorix-Tetra voraussichtlich einen Monat später werden. Alternativ kann derweil die Viererkombi Proquad verimpft werden oder ein Dreifach-MMR-Impfstoff wie Priorix oder M-M-R-Vaxpro plus Windpocken-Einzelimpfstoff wie Varivax oder Varilrix. Von Varivax ist allerdings die 10er-Packung nicht lieferbar. Auch fehlt die 10er-Packung Infanrix-IPV+Hib, die demnächst wieder verfügbar sein soll.
Bei den Standardimpfstoffen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mangelt es derzeit vor allem an Hepatitis-B-Impfstoff. MSD kann sein HBVaxPro wohl erst wieder im Januar 2020 liefern, Glaxo-Smith-Kline (GSK) dagegen will bereits im kommenden Monat wieder Fendrix liefern, der allerdings speziell für Patienten mit Nierenproblemen vorgesehen ist. Als alternative Impfoption empfiehlt das PEI Engerix-B für Erwachsene. Zudem fehlt der Tetanus-Diphtherie-Pertussis-Impfstoff TdaP-Immun. Alternativen sind Boostrix und Covaxis. Auch bei der 10er-Packung Gardasil 9 hapert es wohl noch bis September mit der Verfügbarkeit.
Besonders ärgerlich ist die Lieferunfähigkeit bei den Herpes-zoster-Impfstoffen. Während MSD bereits seit längerem Schwierigkeiten bei der Bereitstellung seines Lebendimpfstoffs Zostavax hat (soll ab Oktober wieder lieferbar sein), ging GSK bereits ein Jahr nach der Markteinführung in Deutschland im Mai 2018 die Ware aus. Gemeint ist der auch umgehend von der STIKO empfohlene und lang erwartete Subunit-Impfstoff Shingrix. Grund ist wohl die erhöhte Nachfrage. Laut PEI-Liste soll das 10er-Pack ab August wieder lieferbar sein, die Einzelspritze erst wieder ab Dezember. Eine Alternative gibt es nicht. »Frühestens zum Jahresende läuft die Versorgung wohl wieder reibungslos«, kommentierte Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein, gegenüber dem »Kölner Stadt-Anzeiger«.
Die STIKO empfiehlt derweil: »Noch vorhandene Impfstoffdosen sollten präferentiell für die Komplettierung begonnener Impfserien eingesetzt werden, bevor neue Impfserien begonnen werden. Neue Impfserien sollten nur begonnen werden, wenn die Gabe der zweiten Impfdosis sichergestellt ist. Für einen vollständigen Impfschutz sind zwei Impfstoffdosen des Totimpfstoffes Shingrix in einem Abstand von mindestens zwei und höchstens sechs Monaten erforderlich. Kann für die zweite Impfung wegen mangelnder Impfstoffverfügbarkeit der maximale Abstand von sechs Monaten zur ersten Impfung nicht eingehalten werden, sollte die zweite Impfung umgehend bei Wiederverfügbarkeit des Impfstoffes nachgeholt werden. Mit Shingrix begonnene Impfungen sind auch mit Shingrix zu komplettieren. Die Verwendung des Lebendimpfstoffes Zostavax wird von der STIKO nicht empfohlen.«
Last but not least und gewissermaßen everlasting sind Lieferschwierigkeiten bei den Tollwut-Impfstoffen. Rabipur von GSK und Tollwut-Impfstoff (HDC) inaktiviert von Sanofi-Aventis werden bereits seit Längerem und auf unbestimmte Zeit als »eingeschränkt verfügbar« gelistet. Dabei ist die Belieferung von Notfalldepots der Landesapothekerkammern sichergestellt, versichert die STIKO. Die Verfügbarkeit für die Postexpositions-Prophylaxe (PEP) sei gewährleistet. Bei Reiseimpfungen soll das Expositionsrisiko genau geprüft und die Indikation streng gestellt werden. Zur Not kann auf das Zwei-Dosen-Impfschema der WHO zurückgegriffen werden, auch wenn das nicht der Zulassung in Deutschland entspricht, die drei Spritzen zur Grundimmunisierung vorsieht.
Nochangespannter dürfte die Lage voraussichtlich bei den Masernimpfstoffen werden, wenn die geplante Masern-Impfpflicht den Bundestag passiert und dann voraussichtlich im März 2020 Kraft tritt. Dann müssten nicht nur alle Kinder, die eine Gemeinschaftseinrichtung wie Kita oder Schule besuchen, geimpft werden, sondern auch deren Personal sowie medizinisches Fachpersonal. Dabei ist in Deutschland nur ein einziger Einfach-Impfstoff gegen Masern zugelassen, der aber nicht mehr hierzulande vermarktet wird: der Masern-Impfstoff Mérieux von EurimPharm.