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Covid-19-Studie

Hohe Dosis Chloroquin zu schädlich

US-Präsident Donald Trump hat die Kombination aus Chloroquin und Azithromycin im März als »Game-Changer« im Kampf gegen Covid-19 bezeichnet. Nicht allzu lange hat es indes gedauert, bis die Rekrutierung für einen Hochdosis-Chloroquin-Arm in einer Covid-19-Studie wegen der kardialen Risiken abgebrochen wurde.
Sven Siebenand
16.04.2020  12:00 Uhr

Ein Team um Dr. Mayla Gabriela Silva Borba von der Universidade do Estado do Amazonas in der brasilianischen Stadt Manaus hat auf einem Preprint-Server vorläufige Ergebnisse der sogenannten CloroCOVID19-Studie veröffentlicht. In der randomisierten Studie sollten Krankenhauspatienten mit schwerem akutem respiratorischen Syndrom infolge einer SARS-CoV-2-Infektion auf zwei Arme verteilt werden.

In einer Niedrigdosis-Gruppe sollten die Patienten am ersten Tag 900 mg und an den folgenden vier Tagen jeweils 450 mg Chloroquin erhalten. In der Hochdosis-Gruppe waren zweimal täglich 600 mg des Wirkstoffs für eine Dauer von zehn Tagen geplant. Das heißt in der ersten Gruppe waren insgesamt 2,7 g und in der zweiten Gruppe 12 g des Antimalariamittels eingeplant. Zusätzlich wurden alle Patienten mit Ceftriaxon, Azithromycin und gegebenenfalls Oseltamivir behandelt. Vorgesehen war, insgesamt 440 Patienten in die Studie einzuschließen und nach 28 Tagen auszuwerten, zum Beispiel wie sich die Mortalitätsrate in den beiden Studienarmen unterscheidet.

Daraus wird nun nichts. Bereits nach wenigen Tagen kam das Ende. Nur 41 Patienten im Hochdosis-Arm und 40 Patienten im Niedrigdosis-Arm waren zu diesem Zeitpunkt in die Studie aufgenommen worden. Die Bilanz nach sechs Tagen zeigte sieben Todesfälle in der Hochdosis-Gruppe und vier Todesfälle im zweiten Arm. Das führen die Mediziner auf die Wirkung von Chloroquin auf den Herzrhythmus zurück. In der ersten Gruppe kam es vor dem Tod bei zwei Patienten zu einer ventrikulären Tachykardie und jeder vierte Patient wies eine QTc-Zeit-Verlängerung von mehr als 500 ms auf. In der zweiten Gruppe kam es dagegen in keinem Fall zu einer ventrikulären Tachykardie und nur bei gut 10 Prozent der Patienten zur QTc-Zeit-Verlängerung von mehr als 500 ms.

Die Studienautoren räumen ein, dass auch Azithromycin und Oseltamivir das QT-Intervall am Herzen verlängern können. Jedoch wurden die Patienten in beiden Gruppen damit zusätzlich behandelt, sodass die Wissenschaftler eindringlich von einer Hochdosis-Therapie mit Chloroquin bei Covid-19-Patienten abraten.

Was noch an schlechten Nachrichten hinzu kommt: In dieser Untersuchung hatte Chloroquin bei fast allen Patienten keinen Einfluss auf die Viruslast, sodass die Wissenschaftler keinen Beweis für die Wirksamkeit bei Covid-19 liefern können – egal, ob Hochdosis- oder Niedrigdosis-Arm. Von einem Game-Changer kann, zumindest zum bisherigen Zeitpunkt, auf keinen Fall die Rede sein.

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