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Mitgliederversammlung des BAH

Hersteller fordern Änderungen am GKV-Spargesetz

Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz wird nicht so bleiben, wie es jetzt ist – dieses Versprechen von Politikern der Ampel-Koalition zog sich wie ein roter Faden durch die Jahreshauptversammlung des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH) am 27. und 28. September in Berlin. Auch Staatssekretär Prof. Edgar Franke (SPD) vertrat die Ansicht, dass noch Änderungen am Gesetz möglich sind.
Anne Orth
29.09.2022  09:55 Uhr
Hersteller fordern Änderungen am GKV-Spargesetz

In seiner Eröffnungsrede kritisierte der BAH-Vorstandsvorsitzende Jörg Wieczorek, dass die Bundesregierung mit Sparmaßnahmen, die im Entwurf des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes vorgesehen sind, Innovationen abwürge. »Wir erleben aktuell die aus meiner Sicht schwierigste Situation unserer Branche seit 50 Jahren«, betonte Wieczorek. So seien die Kosten für Energie, Rohstoffe und Logistik exponentiell gestiegen. Die Covid-19-Pandemie habe dem Thema Gesundheit und der Arzneimittelversorgung einen neuen Stellenwert im öffentlichen Bewusstsein beigemessen. Doch statt »vernünftige Entscheidungen« zu treffen und den Pharmastandort Deutschland zu stärken, wolle die Bundesregierung massiv an der Arzneimittelversorgung sparen.

Wieczorek kritisierte insbesondere, dass das Preismoratorium um weitere vier Jahre verlängert werden soll und dass die Bundesregierung neue AMNOG-Leitplanken einführen wolle. Damit werte sie systematisch Arzneimittel ab, die für Patienten hoffnungsvolle Innovationen darstellen könnten. Neben etlichen weiteren schmerzhaften Einschnitten werde vor allem auch der 20-prozentige Abschlag auf den Erstattungsbetrag bei Anwendung in Kombination mit anderen Arzneimitteln Innovationen abwürgen. Und das geplante Herabsetzen der Umsatzschwelle für Arzneimittel zur Behandlung von seltenen Erkrankungen ersticke die Möglichkeiten vor allem kleinerer Hersteller, an neuen Therapien zu forschen, kritisierte Wieczorek. Der BAH sei dennoch zu einem konstruktiven Dialog bereit. Der Verband schlage einen »echten Inflationsausgleich« vor und setze sich dafür ein, beim AMNOG die etablierte Systematik beizubehalten. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass den Pharmaherstellern irgendwann die Luft ausgehe, warnte Wieczorek.

Gesetz ist notwendig, um Finanzloch zu stopfen

In der Podiumsdiskussion mit Vertretern des Deutschen Bundestages am Dienstagabend machten diese deutlich, dass das sogenannte GKV-Spargesetz notwendig sei, um das Defizit der gesetzlichen Krankenkassen auszugleichen. Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Tino Sorge, kritisierte das Gesetz als »Sammelsurium sinnloser Einzelvorschläge«. Notwendige Strukturreformen fehlten. Auch Prof. Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, gab zu, dass das Gesetz ihm keine Freude mache. Strukturelle Reformen seien notwendig. Die Bundestagsabgeordnete und Arzneimittelexpertin der SPD-Bundestagsfraktion Martina Stamm-Fibich führte aus, dass die Ampel-Koalition derzeit vor einem riesigen Berg an Herausforderungen stehe. Für die Reform des AMNOG hätte sie sich ein separates Gesetz gewünscht. Falls es bei den Regelungen zu den Orphan Drugs »Systembrüche« gebe, müsse nachgebessert werden. »Das Gesetz wird nicht so bleiben, wie es jetzt ist«, davon zeigte sich Stamm-Fibich überzeugt.

Paula Piechotta, die Arzneimittelpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, führte aus, dass das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz notwendig sei, damit das Gesundheitswesen bezahlbar bleibe. Die Ampel-Koalition müsse den »Scherbenhaufen aufkehren«, den die Große Koalition hinterlassen habe. »Mein Ziel ist, das Gesundheitssystem stabil durch das nächste Jahr zu bekommen, das wird ein schwieriger Ritt.« Im Hinblick auf die zunehmenden Lieferengpässe bei Arzneimitteln betonte Piechotta, dass es wichtig sei, Wirkstoffe vor Ort verfügbar zu haben. Dieser Forderung schloss sich Ullmann an. Lieferschwierigkeiten seien nicht neu. Insbesondere die Produktion von Antibiotika müsse nach Europa zurückgeholt werden. Die Pharmahersteller bräuchten Planungssicherheit. «Wir werden uns das Gesetz noch mal anschauen«, versprach der FDP-Politiker.

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