HbA1c-Messung kann OGTT nicht ersetzen |
Sven Siebenand |
27.07.2021 08:43 Uhr |
Knapp 6 Prozent der Schwangeren entwickeln einen Gestationsdiabetes. Die meisten Frauen haben nach der Geburt wieder normale Blutzuckerwerte. Allerdings besteht auch ein erhöhtes Risiko, später an Typ-2-Diabetes zu erkranken. / Foto: Adobe Stock/seksanwangjaisuk
Verhindern von Komplikationen in der Schwangerschaft oder bei der Geburt sowie Vermeiden von Folgeerkrankungen bei Mutter und Kind: Das sind die Gründe, weshalb ein Gestationsdiabetes möglichst rasch diagnostiziert und gut behandelt werden sollte. Schwangere sollten zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche darauf untersucht werden und erhalten gegebenenfalls einen diagnostischen oralen Glukosetoleranztest (OGTT), heißt es in einer Pressemeldung des DZD. Um dieses Prozedere in Pandemiezeiten zu vereinfachen, wurde in einer britischen Studie im Vorjahr ein HbA1c-Grenzwert von 5,72 Prozent (39 mmol/mol) für die 28. Schwangerschaftswoche vorgeschlagen, um einen Gestationsdiabetes zu diagnostizieren.
Im »Deutschen Ärzteblatt« hat ein Team um Dr. Louise Fritsche vom Universitätsklinikum Tübingen diesen Vorschlag mit Daten aus der sogenannten PREG-Studie geprüft. Dazu wurde zusätzlich zum OGTT auch der HbA1c-Wert bestimmt. Unter 440 Schwangerschaften diagnostizierten die Forschenden 118 Mal einen Schwangerschaftsdiabetes. Bei Anwendung des HbA1c-Grenzwerts von 5,72 Prozent wäre der Gestationsdiabetes nur bei zwölf Frauen erkannt worden. Bei 106 Frauen wäre er also nach diesem Kriterium übersehen worden.
»Unsere Analyse zeigt, dass im zweiten beziehungsweise dritten Schwangerschaftsdrittel ein HbA1c-Wert von 5,72 Prozent nicht geeignet ist, einen Gestationsdiabetes zu diagnostizieren. Fast 90 Prozent der Patientinnen mit Gestationsdiabetes wären mit dieser Methode übersehen und daher auch nicht behandelt worden«, fasst Seniorautor Professor Dr. Martin Heni, ebenfalls Tübingen, die Studienergebnisse zusammen. Die Anwendung des HbA1c-Grenzwerts identifiziere vor allem Schwangere mit erhöhtem Nüchternblutzucker, während Frauen mit normalem Nüchternblutzucker, aber hohen postprandialen Blutzuckerwerten übersehen wurden. Somit sei der diagnostische OGTT nach wie vor die zuverlässigste Methode, um Patientinnen mit einem Gestationsdiabetes rechtzeitig zu identifizieren und dann optimal behandeln zu können, schreibt das DZD.