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Pilz-Resistenz

Gentechnik soll Bananen retten

Um der Deutschen zweitliebstes Obst steht es schlecht. Ein Pilz dezimiert weltweit die Bestände. Mit gentechnischen Methoden haben Forscher ein resistentes Exemplar geschaffen. Ist das die Rettung vor dem Bananen-Aus?
dpa
28.03.2024  10:00 Uhr

Wenn TR4 zuschlägt, können Bananenbauern nur noch hilflos zusehen, wie ihre Plantage stirbt. Ein Gegenmittel gegen den Pilz gibt es nicht. Ein Forschungsteam hat nun eine gentechnisch veränderte Linie der heutzutage in Plantagen für den Export überwiegend angebauten Cavendish-Bananen entwickelt. Sie ist resistent gegen TR4 und wurde in Australien kürzlich für den menschlichen Verzehr zugelassen.

Ist QCAV-4 die Rettung für die weltweit bedrohte Bananen-Industrie? «Ich glaube, dass das die Lösung sein wird», sagt der Pflanzenpathologe Remco Stam von der Christian-Albrechts-Universität Kiel. Panamakrankheit wird es genannt, wenn der Pilz Fusarium oxysporum TR4 Stauden der Cavendish-Banane, der mit Abstand wichtigsten Handelssorte weltweit, absterben lässt.

In Deutschland haben Cavendish-Bananen einen Marktanteil von rund 99 Prozent, wie Andreas Brügger, Geschäftsführer des Deutschen Fruchthandelsverbands (DFHV), sagt. Und in der Gunst der Obstkäufer liegen sie weit vorn: «Üblicherweise an zweiter Stelle nach dem Apfel.» Im Jahr 2022 hätten Haushalte nach Auswertung der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) pro Kopf sogar etwas mehr Bananen als Äpfel gekauft.

Auf Bananen war bislang Verlass

Ein Hauptgrund ist Experten zufolge wohl der Preis: Bananen sind in Supermärkten trotz des weiten Transports in Kühlschiffen oft unschlagbar billig. Das liegt an den vergleichsweise geringen Produktionskosten in den Hauptlieferländern in Süd- und Mittelamerika, aber auch daran, dass Bananen von Supermärkten oft als eine Art gelbes Werbebanner genutzt werden: Sie gehören zu den Dingen, die häufig gekauft werden und bei denen es keine große Produktvielfalt gibt – ideal für leicht vergleichbare Lockangebote.

Ein Kilo Bananen sei oft deutlich billiger als ein Kilo deutsche Äpfel, sagt Brügger. «Und man weiß, was man kriegt, es gibt vergleichsweise wenige Unterschiede bei Qualität und Geschmack.» Der jährliche Netto-Import nach Deutschland liege derzeit bei etwa einer Million Tonnen.

Obwohl sich TR4 (Tropical Race 4) von Südostasien aus schon seit etwa 1990 in Cavendish-Anbaugebieten ausbreitet, gebe es bisher keinen merklichen Preisanstieg. Das liegt vor allem daran, dass den für Deutschland entscheidenden Produzenten in Lateinamerika viel daran gelegen ist, dem Pilz so wenig Chancen wie möglich zu geben. Ecuador, Kolumbien, Costa Rica und Guatemala gehören zu den größten Bananenexporteuren der Welt.

Ist der Pilz einmal auf der Plantage, ist die Plantage verloren

Zwar wurde TR4 im Jahr 2019 erstmals auch im Nordosten von Kolumbien nachgewiesen. Aber auch fünf Jahre später ist die Lage im Land nach Einschätzung des Verbandes der Bananen-Bauern (Augura) noch weitgehend unter Kontrolle. «Von 53.000 Hektar, auf denen wir Bananen für den Export anbauen, sind nur 300 Hektar von der Krankheit betroffen», sagte Verbandspräsident Emerson Aguirre Medina zuletzt.

Ausbrüche gab es allerdings auch schon in Venezuela und Peru. Letztlich werde sich der Pilz weder ganz zurückdrängen noch dauerhaft eindämmen lassen, ist Stam überzeugt. Sei TR4 einmal in einer Plantage, lasse die sich nicht mehr nutzen: «Der Pilz überlebt im Boden mehrere Jahrzehnte.» Ganze Plantagen abzugraben sei keine praxisnahe Lösung und der Einsatz immenser Mengen Fungizide im Boden keine gewünschte.

Warum ist die Cavendish-Banane so empfindlich?

Der Industrie wird zum Verhängnis, dass sie derart auf eine einzige Sorte setzt. Während man bei Äpfeln oder Tomaten zumindest noch einige verschiedene Sorten in Supermärkten findet, ist es im Bereich der Dessertbananen fast ausschließlich Cavendish. «Ein derartiges Monopol einer einzelnen Sorte ist einzigartig», erklärt Stam. «Und das ist auch noch ein Klon, es findet also keine genetische Anpassung im Zuge sexueller Vermehrung statt.» Cavendish-Stauden werden ausschließlich aus Stecklingen gezogen, alle sind genetisch exakt identisch, die Früchte enthalten keine Samen. «Die Cavendish ist ein absolut unnatürliches Gewächs», so Stam.

Es wäre nicht das erste weltweite Aus für eine Bananensorte: Schon der zuvor dominierenden Handelssorte Gros Michel (schmackhafter und dank dickerer Schale einfacher zu ernten und zu transportieren) wurde Fusarium oxysporum zum Verhängnis, damals noch TR1. Bis etwa 1960 war ein Großteil der Bestände vernichtet. Gros Michel wurde dann von der aus Vietnam stammenden Cavendish abgelöst.

Kein natürlich gezüchteter Ersatz in Sicht

Anders als damals scheint diesmal kein für den Massenanbau tauglicher Ersatz in Sicht. Zwar sind inzwischen mehr als 1500 Bananensorten registriert. Doch nur sehr wenige haben die nötigen Resistenzen und sonstigen Eigenschaften sowie überhaupt für den Verzehr geeignete Früchte, wie Stam erklärt. Eine Sorte, die bei Ertrag, Transportfähigkeit und Geschmack halbwegs mit Cavendish mithalten könne, gebe es bisher wohl nicht.

Darum arbeiten Forschungsteams vor allem daran, Cavendish resistent gegen TR4 zu bekommen – über traditionelle Züchtung oder eben gentechnische Ansätze wie den des Teams um James Dale von der Queensland University of Technology (QUT). Die Wissenschaftler haben ein Gen (das Resistenzgen RGA2 aus einer Wildbanane) in Pflanzen der Sorte Cavendish eingefügt. Die den Angaben zufolge erste gentechnisch veränderte Banane war geschaffen.

Crispr/CAS soll helfen

Seit einigen Jahren wurde der Anbau der QCAV-4 genannten Bananen in Feldversuchen getestet. Nun folgte die Freigabe in Australien als für den menschlichen Verzehr geeignet. In Supermärkten erhältlich sind QCAV-4-Bananen dort aber bisher nicht – und das soll vorerst auch so bleiben. QCAV-4 wurde mit älteren Gentechnik-Methoden geschaffen. Solche Lebensmittel müssen häufig eine spezielle Kennzeichnung tragen, die Verbraucher abschrecken kann.

Mit der Genschere Crispr hergestellte Pflanzen und ihre Früchte brauchen eine solche Kennzeichnung hingegen in vielen Ländern nicht, wie Stam sagt. Dales Ziel ist deshalb nun zunächst die Schaffung einer Crispr-Banane: Das Gen RGA2 ist prinzipiell auch in Cavendish vorhanden, aber nicht aktiv, wie Stam erklärt. Mit einem Crispr-Verfahren könnte RGA2 reaktiviert und die Sorte damit resistent gegen TR4 gemacht werden, so die Hoffnung. Unternehmen sehen darin einen interessanten Ansatz: Das QUT-Projekt erhält Millionen Dollar an Fördergeldern.

Unklarheiten bei der Kennzeichnung

Ob eine Crispr-Banane auch in der EU ohne Gentechnik-Kennzeichnung verkauft werden könnte, ist derzeit unklar: Ein Vorschlag der EU-Kommission, die strengen Gentechnik-Regeln zu lockern, steckt gerade fest. Das Vorhaben war bereits vor gut acht Monaten in Brüssel vorgestellt worden, bislang haben sich die EU-Staaten aber nicht auf eine Position einigen können. Zudem muss im Anschluss noch ein Kompromiss mit dem Europaparlament gefunden werden. Dass es noch vor den Wahlen im Sommer dazu kommt, ist unwahrscheinlich.

Auch wenn an allerlei Züchtungen und verschiedenen Abwehrmaßnahmen getüftelt werde: Die Crispr-Banane werde letztlich der einzige Weg aus der TR4-Krise sein, ist Stam überzeugt. Das sei auch völlig unproblematisch, weil nur ein Gen wieder aktiviert werde, das in der Sorte und in Wildbananen ohnehin schon vorhanden sei. Gerade Pilze könnten Stam zufolge künftig generell für mehr Probleme sorgen: überall dort, wo es im Zuge des Klimawandels mehr warme und zugleich feuchte Phasen gebe. «Pilze mögen es warm und feucht, zudem haben sie oft ein leichteres Spiel, wenn Pflanzen von Hitze geschwächt sind.»

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