Gegen Resistenzen ankämpfen |
Edith Bennack |
02.02.2020 08:00 Uhr |
Keinesfalls kann und darf der Apotheker die Verschreibung des Arztes vor dem Patienten in Zweifel ziehen. Das gefährdet die Compliance. Außerdem überschreitet der Apotheker damit seine Kompetenzen, da er ja keine Diagnostik getätigt hat.
So bleibt nur der Versuch, mit dem Arzt zusammen zu überlegen, wie man die Therapie im Sinne des Patienten suffizienter gestalten kann. Hier würden gemeinsame Fortbildungen sicher helfen, fördern sie doch die gegenseitige Akzeptanz. Ein Beispiel sind die von der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI) oder anderen Institutionen angebotenen ABS-Kurse.
Auch muss sich der Apotheker immer bewusst sein, dass er mit einer Empfehlung, die der des Arztes zuwiderläuft, gefährliches Terrain betritt. Hier hat es der Apotheker im Krankenhaus häufig deutlich leichter, denn er kann den Patienten sehen, seine Laborwerte über das Krankenhaus-Informationssystem abrufen und mit dem Arzt gemeinsam überlegen, welche Therapie die beste ist. Auch das Steuerungselement der »Sonderanforderung« ist im Krankenhaus hilfreich. Hier kann bei der Stationsbestellung festgelegt werden, dass bestimmte Antibiotika nur von Oberärzten freigegeben werden können. Bei einer solchen Anforderung kann der Apotheker nachforschen, ob es einen mikrobiologischen Erregernachweis gibt, und in den direkten Dialog mit dem Arzt treten. Unter Umständen kann er die Therapie mit beeinflussen.
Auch die Zahl der Clostridioides-difficile-Infektionen lässt sich im Krankenhaus herausfinden. Zu diesen im schlimmsten Fall lebensbedrohlichen schwersten Durchfallerkrankungen kann es schon nach einmaliger Gabe eines Antibiotikums kommen. Außerhalb des Krankenhauses ist es schwierig bis unmöglich, diese Kausalität herzustellen.
Bis heute gibt es zu wenig ernsthafte Bemühungen, die Antibiotika-Verordnungen zu rationalisieren. Das ist aber vor dem Hintergrund einer relativ leeren Antibiotika-Pipeline und einer sehr angespannten Resistenzsituation, vor allem in osteuropäischen und asiatischen Ländern, zwingend notwendig. Resistente Bakterien kennen keine Landesgrenzen und gelangen auf vielfältigen Wegen auch in unsere Regionen und Krankenhäuser.
Verbessert werden müssen die Anstrengungen vor allem im ambulanten Sektor, in dem Antibiotic-Stewardship-Maßnahmen nicht zwingend vorgeschrieben sind. Gleichwohl ist die kompetente Begleitung jeder Antibiose auch eine pharmazeutische Aufgabe.
Krankenhausapotheker haben hier oft bessere Möglichkeiten, mit den verordnenden Ärzten zu diskutieren und diese zum Beispiel auf die korrekte perioperative Prophylaxe oder Schmalspektrum-Antibiotika hinzuweisen. Offizinapothekern bleibt oft nur der Weg, Patienten zu informieren, bei welchen Indikationen Antibiotika überhaupt angezeigt sind. Ebenso können sie sie über Nutzen und Risiken dieser Wirkstoffe aufklären, Wechselwirkungen überprüfen und sie vor einer eigenmächtigen Einnahme warnen. Gerade Reisende sollten wissen, dass sie im Ausland keine (verschreibungsfreien) Antibiotika kaufen und zu Hause für den »Bedarfsfall« einlagern sollten.
1) www.antibiotic-stewardship.de
2) S3-Leitlinie »Strategien zur Sicherung rationaler Antibiotika-Anwendung im Krankenhaus«. AWMF 092/001; Update 2018.
3) Davey, P. et al., Interventions to improve antibiotic prescribing practices for hospital inpatients (Review). Cochrane Database of systematic review 2017 Issue 2 Art. No. CD 003543.
4) European Center for Disease Prevention and Control. Point prevalence survey of healthcare associated infections and antimicrobial use in European acute care hospitals. Stockholm, ECDC 2013.
4a) Diamantis, P., et al., Antimicrobial use in European acute care hospitals: results from the second point prevalence survey (PPS) of healthcare-associated infections and antimicrobial use, 2016 to 2017. Euro Surveill.2018;23(46).
5) Branch-Elliman, W., et al., Association of Duration and Type of Surgical Prophylaxis with Antimicrobial-Associated Adverse Events. JAMA Surg. 2019;154(7): 590–598. DOI: 10.1001/jamasurg.2019.0569.
6) www.abda.de
7) Uranga, A., et al., Duration of Antibiotic treatment in Community acquired Pneumonia. JAMA Intern Med. 2016;176(9):1257-1265.
8) Llewlyn, M., et al., The antibiotic course has had its day. BMJ 2017;358:j3418.
9) European Center for Disease Prevention and Control. Survey of healthcare workers’ knowledge, attitudes and behaviours on antibiotics, antibiotic use and antibiotic resistance in the EU/EEA. Stockholm, ECDC 2019.
10) S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit chronisch obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (COPD) Stand 01/2018.
11) Holstiege, J., et al., Update: Die ambulante Anwendung systemischer Antibiotika in Deutschland 2010 bis 2018; eine populationsbasierte Studie. Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland. Versorgungsatlas-Bericht Nr. 19/07. Berlin 2019.
12) Ewig, S., et al., S3-Leitlinie Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie und Prävention. Update 2016. AWMF-Reg.-Nr 020–020.
Edith Bennack studierte Pharmazie von 1991 bis 1996 in Bonn, nachdemsie eine Ausbildung zur PTA absolviert hatte. Von 1991 bis 2006 war sie in öffentlichen Apotheken tätig und von 2006 bis 2010 als Apothekerin in der Uniklinik-Apotheke Würzburg. Seit 2010 leitet Bennack die Apotheke des St. Elisabeth-Krankenhauses Köln. Sie ist Fachapothekerin für Offizinpharmazie und für Klinische Pharmazie sowie Antibiotic-Stewardship (ABS)- Experte (DGI).