Freiheitsstrafe für »Paxlovid-Apotheker« |
Alexander Müller |
03.12.2024 14:44 Uhr |
Bei der Freiheitsstrafe folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Der Staatsanwalt wollte bei der Wertermittlung aber auf den Einkaufspreis des Bundes von 665 Euro abstellen und forderte den Einzug von 1.796.000 Euro.
Die Verteidigung hatte den Vorwurf der Untreue dagegen grundsätzlich bestritten. Es habe gerade keine wirtschaftliche Verpflichtung des Apothekers gegenüber dem Bund gegeben. De facto wären die Packungen zudem wertlos gewesen, wenn S. sie nicht verkauft hätte, so das Argument der Verteidigung mit Blick auf die abgelaufenen Packungen.
Bei der Berechnung des Vermögensnachteils sei daher der Markt- und Verkehrswert zu bestimmen, so die Verteidigung in ihrem Schlussvortrag. Rechtsanwalt Uwe Freyschmidt hätte dazu gern noch einen pharma-ökonomischen Sachverständigen gehört. Doch das Gericht ließ schon durchblicken, dass man den Wert pro Packung jedenfalls unter 200 Euro ansetzen würde und wies den Antrag ab. Ebenso den Versuch der Verteidigung, die Pfizer-Geschäftsführung in den Zeugenstand zu berufen – der heutige Erstattungspreis von Paxlovid spiele nämlich für das Verfahren keine Rolle.
Aus Sicht der Verteidigung hätte man bei der Einziehung von einem Wert von 112.496,65 Euro ausgehen müssen – so viel hatte der Apotheker mit seinen Verkäufen brutto verdient. Weil er den Handel sogar ordnungsgemäß versteuert hatte, blieb ihm laut verlesener Auskunft seiner Steuerberaterin unter dem Strich ein Rohertrag von 27.010 Euro. Die Verteidigung forderte eine Freiheitsstrafe von unter einem Jahr oder Geldstrafe sowie Wertersatz in der genannten Höhe.
Das Urteil könnte wegweisend für weitere Prozesse sein. Denn wegen des illegalen Handels mit Paxlovid hatten bundesweit Staatsanwaltschaften gegen einzelne Apotheker ermittelt. Aus Berlin gibt es nun ein erstes Urteil. Der Apotheker und die Staatsanwaltschaft können noch Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) einlegen.
S. droht vermutlich jetzt noch ein berufsrechtliches Verfahren – im schlimmsten Fall der Entzug der Approbation. Am heutigen Prozesstag saßen auch Vertreter des Berliner Landesamts für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) im Zuschauerraum.