Fiebersenkung bei Erwachsenen ohne Vorteil |
Annette Rößler |
02.08.2022 18:00 Uhr |
Bei Fieber sollten Erwachsene sich schonen und genügend trinken. Die Einnahme eines Antipyretikums ist zunächst einmal nicht unbedingt notwendig. / Foto: Adobe Stock/sushytska
Die Körpertemperatur des Menschen wird vom Thermoregulationszentrum im Hypothalamus ständig kontrolliert und auf etwa 37 °C eingestellt. Ist sie niedriger als gewünscht, wird Wärme produziert, andernfalls wird Wärme abgegeben. Bei einer Entzündung oder Infektion kommt es zur Freisetzung von Pyrogenen. Diese sorgen dafür, dass der Sollwert der Körpertemperatur angehoben wird und Fieber entsteht.
Für den Körper hat Fieber mehrere Vorteile: So können sich etwa manche Bakterien und Viren bei höheren Temperaturen schlechter vermehren, bestimmte Prozesse der Immunantwort laufen dagegen beschleunigt beziehungsweise einfacher ab. Von Nachteil ist dagegen, dass Fieber Kreislauf und Stoffwechsel belastet, dass Krämpfe, Organversagen und Gehirnschäden drohen, wenn es zu sehr steigt – und dass es für den Patienten schlicht unangenehm ist.
Fieber lässt sich bekanntlich durch antipyretische Arzneistoffe oder durch Kühlung des Körpers senken. Wegen der wichtigen Funktionen, die Fieber hat, wird allerdings geraten, mit diesen Maßnahmen zurückhaltend umzugehen. Es sollte erst dann dazu gegriffen werden, wenn außer dem Fieber auch andere Symptome hinzukommen, die auf eine Beeinträchtigung des Allgemeinzustands hindeuten.
Eine Gruppe skandinavischer Forscher um Johan Holgersson von der Universität Lund in Schweden geht jetzt im Fachjournal »BMJ« noch weiter und stellt den Nutzen der Fiebersenkung an sich infrage. Ihre systematische Übersicht und Metaanalyse habe ergeben, dass es weder mit Blick auf die Mortalität noch auf schwere unerwünschte Ereignisse von Vorteil sei, wenn Fieber bei Erwachsenen gesenkt werde. Allerdings stufen die Autoren das Verzerrungsrisiko aller Studien, die sie berücksichtigen konnten, als hoch ein.
Insgesamt waren das 42 Studien mit zusammen 5140 Teilnehmern, von denen mehr als die Hälfte (3007 Patienten) sich in einem kritischen Zustand befanden. Bei 3277 Patienten hatte das Fieber eine infektiöse Ursache, bei 1139 eine andere. In 23 Studien wurden Antipyretika wie Ibuprofen oder Paracetamol eingesetzt, in elf Studien eine externe Kühlung des Patienten und in acht Studien beides. Verglichen wurde stets mit Placebo beziehungsweise keiner (fiebersenkenden) Therapie.
In der Gesamtschau ließ sich aus den Daten kein Beleg für die These ableiten, dass eine Fiebersenkung das Sterberisiko der Patienten reduzierte (relatives Risiko 1,04). Gleiches galt mit Blick auf schwere unerwünschte Ereignisse (relatives Risiko 1,02). Die Lebensqualität der Patienten war lediglich in einer Studie erfasst worden; diese zeigte keinen Unterschied zwischen der Interventions- und der Kontrollgruppe. Um die Auswirkungen der Fiebersenkung auf nicht schwere unerwünschte Ereignisse zu beurteilen, reichte die statistische Power nicht aus.