EuGH sieht Mannose als Arzneimittel |
Ev Tebroke |
14.03.2025 11:00 Uhr |
Im Zweifel eher mehr Schutz: Der EuGH tendiert dazu, den Anwendungsbereich des Arzneimittelrechts weit auszulegen. / © Imago/Patrick Scheiber
Medizinprodukt oder Arzneimittel? Diese Frage ist hinsichtlich der Zulassungspflicht eines Präparats entscheidend. Denn Prüfprozedere bei Arzneimitteln sind weit strenger und umfangreicher, als es für den Marktzugang von Medizinprodukten der Fall ist.
Entscheidend für die Einschätzung, ob es sich um ein Arzneimittel handelt, ist unter anderem auch das Vorhandensein einer pharmakologischen Wirkung. Diese Frage war dann auch zentral in einem Rechtsstreit zum Vertrieb von Medizinprodukten mit dem Monosaccharid Mannose. Medizinprodukte dürfen nur eine physikalische Wirkung haben.
Handelt es sich bei Mannose um einen Stoff mit pharmakologischer Wirkung, dann müssten die Präparate unter das Arzneimittelrecht fallen – oder handelt es sich, wie vom Vertreiber postuliert, um ein Medizinprodukt? Um in einem Verfahren ein Urteil fällen zu können, hatte der Bundesgerichtshof (BGH) diese Frage am 23. September vergangenen Jahres zum Vorabentscheid beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingereicht.
Ausgangspunkt ist ein Rechtsstreit zwischen dem Pharmaunternehmen Klosterfrau und dem Verband Sozialer Wettbewerb (VSW). Klosterfrau vertrieb früher Femannose® als Medizinprodukt »zur Behandlung und Prävention von Zystitis (Blasenentzündung) sowie anderen Harnwegsinfekten«. Als wesentliche Bestandteile waren in dem Präparat D-Mannose und Cranberry-Extrakt enthalten. Klosterfrau betreibt eine Internetseite, auf der das Produkt Femannose bis Oktober 2017 beworben wurde.
Seit Oktober 2017 hat das Unternehmen unter der Bezeichnung Femannose N ein Produkt auf dem Markt, das keinen Cranberry-Extrakt enthält. Auf dessen Verpackung heißt es: »zur Prävention und unterstützenden Behandlung von Zystitis (Blasenentzündung) sowie anderen Harnwegsinfekten«.
Der VSW hatte gegen den Vertrieb und die Werbung als Medizinprodukt beim Landgericht Köln (LG) geklagt. Aus Sicht des Klägers handelt es sich bei den Produkten um Arzneimittel, die zulassungspflichtig sind. Das LG sah dies in seinem Urteil vom 15. Januar 2020 ebenso.
Besagte Produkte seien Funktionsarzneimittel, deren pharmakologische Wirkung durch D-Mannose ausgeübt werde. Die gegen dieses Urteil von den Vertreibern eingelegte Berufung am Oberlandesgericht Köln (OLG) wurde mit Urteil vom 23. Dezember 2020 zurückgewiesen. Auch das OLG war der Auffassung, dass Mannose eine pharmakologische Wirkung hat im Sinne des Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (Artikel 1 Nr. 2 Buchstabe Richtlinie 2001/83).