EU legt Gesetz gegen Arzneimittelengpässe vor |
Melanie Höhn |
12.03.2025 10:02 Uhr |
Kürzlich sprach sich Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, bei einem Mediengespräch im Vorfeld des EU-Gesetzes für mehr Entscheidungskompetenz der Apothekerinnen und Apotheker aus. Es gebe häufig Variationsmöglichkeiten, um Menschen richtig und zielgerichtet zu versorgen. Hier brauche es Flexibilität, damit keine Folgekosten entstünden, die Therapie zeitnah eingeleitet werden könne und das »Vertrauen der Menschen in unsere Systeme« gesichert werde. Sie begrüßte das Gesetz gegen Lieferengpässe der EU, weil nun kritische Arzneimittel im Fokus seien.
Aus Sicht von Pharma Deutschland brauche die europäische Gesundheitsversorgung jedoch nicht nur einen Notfallplan, sondern auch eine nachhaltige und langfristige Stärkung des EU-Pharmamarktes. »Natürlich ist es ein wichtiger Schritt, dass mit dem Critical Medicines Act Maßnahmen gegen Lieferengpässe ergriffen werden«, sagte Dorothee Brakmann, Hauptgeschäftsführerin von Pharma Deutschland. Die Tatsache, dass das Gesetz benötigt werde, müsse von der Politik auch als Weckruf verstanden werden. »Die EU bedarf einer starken Gesundheitsversorgung, die resilienter gegen internationale Krisen ist. Es geht nicht nur darum, besser auf externe Einflüsse vorbereitet zu sein. Die EU muss auch selbst aufhören, die Gesundheitsversorgung in krisenhafte Situationen zu manövrieren«, so Brakmann. Dennoch begrüße sie den Gesetzentwurf und betont, dass auch Deutschland dringend konkrete Schritte unternehmen müsse, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und die Produktionskapazitäten innerhalb Europas beziehungsweise diversifizierte Lieferketten zu stärken.
Auch der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) begrüßt die EU-Initiative als industriepolitische Antwort auf die Herausforderungen in Europa, um robuste und diversifizierte Lieferketten für die Arzneimittelversorgung sicherzustellen. »Die Europäische Kommission hat erkannt, dass dringend etwas getan werden muss. Sie hat – insbesondere mit einer neuen Dimension, die auch die allgemeine Sicherheitslage einbezieht – erkannt, wie hoch die gesamtgesellschaftliche Relevanz von Arzneimitteln ist«, betont BPI-Hauptgeschäftsführer Kai Joachimsen.
Ulrike Holzgrabe, Seniorprofessorin für pharmazeutische und medizinische Chemie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, kommentierte, dass letztlich »immer die kaum zu überwindende Abhängigkeit von China« bleibe, was die Feinchemikalien betreffe. »Ob die finanzielle Förderung der Produktion in der EU für die 270 essenziellen Arzneistoffe ausreichen wird, bleibt abzuwarten. Es ist zumindest ein Anfang gemacht«, so Holzgrabe. »Ich glaube nicht, dass man eine Produktion in der EU rentabel gestalten kann. Letztlich muss der EU eine teurere Arzneimittelproduktion wert sein, um den Patienten ausreichend Arzneimittel sicher zur Verfügung zu stellen. Zumindest bekundet man den Willen dazu«.
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