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»Critical Medicines Act«

EU legt Gesetz gegen Arzneimittelengpässe vor

Lange wurde er erwartet, nun hat die Europäische Kommission ihren Gesetzesentwurf zur Bekämpfung von Arzneimittelengpässen vorgestellt. Der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese (EVP) bewertete den Vorstoß als »extrem mutigen Aufschlag«.
AutorKontaktMelanie Höhn
Datum 12.03.2025  10:02 Uhr

Mit dem »Critical Medicines Act« hat die EU-Kommission gestern eine Verordnung zur Verbesserung der Verfügbarkeit kritischer Arzneimittel in der Europäischen Union vorgeschlagen. Damit sollen Anreize für die Diversifizierung der Lieferketten gesetzt und die Arzneimittelproduktion in der EU gefördert werden, heißt es seitens der Kommission. Das Gesetz ziele auch darauf ab, den Zugang zu Arzneimitteln zu verbessern, die auf bestimmten Märkten möglicherweise nicht verfügbar seien. »Diese Initiative trägt zum Ziel der Europäischen Gesundheitsunion bei, sicherzustellen, dass EU-Patienten jederzeit Zugang zu den benötigten Arzneimitteln haben«, so die Kommission. 

Präsidentin von der Leyen kündigte an, dass mit dem Gesetz Abhängigkeiten verringert und die Widerstandsfähigkeit der EU gestärkt werden soll, insbesondere bei Arzneimitteln und Wirkstoffen, für die es nur wenige Hersteller oder herstellende Länder gebe. Der Entwurf ergänze bereits vorgelegte Gesetzgebungsvorschläge zur Behebung von Arzneimittelengpässen in der EU.

Laut EU-Kommission seien die Mitgliedstaaten in den vergangenen Jahren mit schwerwiegenden Arzneimittelengpässen konfrontiert gewesen, zudem hätten globale Herausforderungen wie die Covid-19-Pandemie und geopolitische Spannungen erhebliche Schwachstellen in der Arzneimittelversorgungskette der EU offengelegt.

»Engpässe können das Leben von Patienten gefährden und unsere Gesundheitssysteme erheblich belasten«, warnte die Kommission. Ursachen für Engpässe seien Produktionsprobleme, Schwachstellen in der Lieferkette oder der globale Wettbewerb um Ressourcen. »Der Critical Medicines Act soll der Industrie ein Instrument zur Lösung dieser Probleme bieten und die EU zu einem Markt machen, auf dem die Produktion kritischer Arzneimittel attraktiver wird«, erklärte die Behörde.

»Lösung eines extrem großen Problems«

Der Act erleichtere zudem Investitionen für Unternehmen, die die Produktion kritischer Arzneimittel in der EU steigern, und fördere gleichzeitig Maßnahmen zur Stärkung der Lieferketten. Er biete den Mitgliedstaaten außerdem die Möglichkeit, sich zusammenzuschließen, um ihre Kaufkraft zu stärken.

»Dies ist ein extrem mutiger Aufschlag der Europäischen Kommission zur Lösung eines extrem großen Problems«, so kommentierte der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese (EVP) den EU-Vorstoß. Liese betonte, dass der vorliegende Vorschlag schnell im Europäischen Parlament und im Ministerrat angenommen werden müsse. Das Problem sei schon seit Jahren akut und es dürfe nicht unnötig Zeit verstreichen.

Zu den wichtigsten Elementen des Critical Medicines Act gehören:

  • Strategische Projekte sollen die Produktionskapazitäten der EU für kritische Arzneimittel oder deren Inhaltsstoffe schaffen, erweitern oder modernisieren. Diese Industrieprojekte sollen von einem leichteren Zugang zu Finanzmitteln und einer beschleunigten administrativen, regulatorischen und wissenschaftlichen Unterstützung profitieren.
  • Es wurden Leitlinien für staatliche Beihilfen veröffentlicht, um die Mitgliedstaaten bei der finanziellen Unterstützung solcher strategischen Projekte zu unterstützen.
  • Mitgliedstaaten sollen durch das Gesetz die öffentliche Auftragsvergabe nutzen, um die Widerstandsfähigkeit ihrer Lieferketten zu diversifizieren und zu fördern. Für kritische Arzneimittel soll es diversifizierte Bezugsquellen geben, außerdem sollen die Lieferketten überwacht werden. Im Falle einer hohen Abhängigkeit von einem einzigen oder einer begrenzten Anzahl von Ländern soll es  Beschaffungsanforderungen geben, die die Produktion kritischer Arzneimittel in der EU begünstigen. Dies sei in begründeten Fällen auch für andere Arzneimittel von gemeinsamem Interesse möglich, so die EU-Kommission.
  • Die Kommission will auf Antrag der Mitgliedstaaten die gemeinsame Beschaffung zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten unterstützen, um die Unterschiede bei der Verfügbarkeit und dem Zugang zu kritischen Arzneimitteln und anderen Arzneimitteln von gemeinsamem Interesse in der gesamten EU zu verringern.
  • Internationale Partnerschaften mit gleichgesinnten Ländern und Regionen sollen geprüft werden, um die Lieferkette zu erweitern und die Abhängigkeit von einzelnen oder einer begrenzten Anzahl von Lieferanten zu verringern.

Mehr Entscheidungskompetenz für Apotheker

Kürzlich sprach sich Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, bei einem Mediengespräch im Vorfeld des EU-Gesetzes für mehr Entscheidungskompetenz der Apothekerinnen und Apotheker aus. Es gebe häufig Variationsmöglichkeiten, um Menschen richtig und zielgerichtet zu versorgen. Hier brauche es Flexibilität, damit keine Folgekosten entstünden, die Therapie zeitnah eingeleitet werden könne und das »Vertrauen der Menschen in unsere Systeme« gesichert werde. Sie begrüßte das Gesetz gegen Lieferengpässe der EU, weil nun kritische Arzneimittel im Fokus seien.

Aus Sicht von Pharma Deutschland brauche die europäische Gesundheitsversorgung jedoch nicht nur einen Notfallplan, sondern auch eine nachhaltige und langfristige Stärkung des EU-Pharmamarktes. »Natürlich ist es ein wichtiger Schritt, dass mit dem Critical Medicines Act Maßnahmen gegen Lieferengpässe ergriffen werden«, sagte Dorothee Brakmann, Hauptgeschäftsführerin von Pharma Deutschland. Die Tatsache, dass das Gesetz benötigt werde, müsse von der Politik auch als Weckruf verstanden werden. »Die EU bedarf einer starken Gesundheitsversorgung, die resilienter gegen internationale Krisen ist. Es geht nicht nur darum, besser auf externe Einflüsse vorbereitet zu sein. Die EU muss auch selbst aufhören, die Gesundheitsversorgung in krisenhafte Situationen zu manövrieren«, so Brakmann. Dennoch begrüße sie den Gesetzentwurf und betont, dass auch Deutschland dringend konkrete Schritte unternehmen müsse, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und die Produktionskapazitäten innerhalb Europas beziehungsweise diversifizierte Lieferketten zu stärken.

Auch der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) begrüßt die EU-Initiative als industriepolitische Antwort auf die Herausforderungen in Europa, um robuste und diversifizierte Lieferketten für die Arzneimittelversorgung sicherzustellen. »Die Europäische Kommission hat erkannt, dass dringend etwas getan werden muss. Sie hat – insbesondere mit einer neuen Dimension, die auch die allgemeine Sicherheitslage einbezieht – erkannt, wie hoch die gesamtgesellschaftliche Relevanz von Arzneimitteln ist«, betont BPI-Hauptgeschäftsführer Kai Joachimsen.

Ulrike Holzgrabe, Seniorprofessorin für pharmazeutische und medizinische Chemie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, kommentierte, dass letztlich »immer die kaum zu überwindende Abhängigkeit von China« bleibe, was die Feinchemikalien betreffe. »Ob die finanzielle Förderung der Produktion in der EU für die 270 essenziellen Arzneistoffe ausreichen wird, bleibt abzuwarten. Es ist zumindest ein Anfang gemacht«, so Holzgrabe. »Ich glaube nicht, dass man eine Produktion in der EU rentabel gestalten kann. Letztlich muss der EU eine teurere Arzneimittelproduktion wert sein, um den Patienten ausreichend Arzneimittel sicher zur Verfügung zu stellen. Zumindest bekundet man den Willen dazu«.

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