Erste Gentherapie bei Augenerkrankung funktioniert gut |
Gemäß Zulassung darf die Therapie bei Kindern und Erwachsenen mit einer Netzhautdegeneration aufgrund bestätigter biallelischer RPE65-Mutation eingesetzt werden, das heißt, beide Genkopien müssen defekt sein. Die Patienten müssen aber noch über ausreichend lebensfähige Netzhautzellen verfügen. Absolut notwendige Voraussetzung sei nicht nur die entsprechende molekulargenetische Diagnose, sondern auch die gründliche klinische Untersuchung, da nicht alle Patienten für die Behandlung in Frage kommen. So sei in manchen Fällen die Erkrankung schon zu weit fortgeschritten.
Die Durchführung der Gentherapie macht einen mikrochirurgischen Eingriff erforderlich. Bei diesem wird zunächst der Glaskörper im Auge mittels Vitrektomie unter dem OP-Mikroskop entfernt. Sodann wird der Wirkkomplex über eine hauchdünne Kanüle unter die Netzhaut am Augenhintergrund injiziert. Im Allgemeinen, so Holz, erfolgt der Eingriff, der circa 30 Minuten dauert, unter Vollnarkose. In Deutschland wird dieser aktuell in drei spezialisierten Behandlungszentren, den Universitäts-Augenkliniken in Bonn, München und Tübingen, durchgeführt.
Leitliniengemäß, so Holz, wird eine entzündungshemmende Begleitmedikation mit Prednisolon über insgesamt sieben Tage beginnend drei Tage vor der Verabreichung von Voretigen Neparvovec empfohlen. Diese systemische Corticoid-Therapie sollte mit der üblichen Lokaltherapie für vitrektomierte Patienten, also der Gabe unter anderem von Augentropfen mit steroidalen oder nicht steroidalen Antiphlogistika und Antibiotika kombiniert werden. Empfohlen wird, das Partnerauge zeitversetzt in einem Intervall von 6 bis 18 Tagen zu behandeln.
Es sei zunächst unklar gewesen, wie lang die Wirkung dieser Reparatur der Netzhautzellen durch einmalige Behebung des Gendefektes anhält, berichtete Holz. Die bisherigen Erfahrungen der Praxis zeigten, dass die Therapieeffekte über mindestens drei bis vier Jahre und ohne neu beobachtete Nebenwirkungen oder Komplikationen andauern.
Dennoch, so Holz, werden die Patienten insgesamt über 15 Jahre lang nachbeobachtet, um so, wie von den Zulassungsbehörden gefordert, robuste und belastbare Erkenntnisse zur langfristigen Wirksamkeit und Sicherheit des Arzneimittels zu erlangen.
Nach diesem ersten Erfolg seien weitere gentherapeutische Optionen zur Behandlung auch anderer Augenerkrankungen in der klinischen Prüfung. Aktuell werden gentherapeutische Ansätze nicht zuletzt in der Behandlung der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) untersucht. Bislang müssen Betroffene zum Teil bis zu viermal wöchentlich über viele Jahre behandelt werden, was mit einer enormen Belastung nicht nur für die Patienten, sondern auch für die Angehörigen assoziiert sein könne. »Die Gentherapie besitzt das Potenzial, dass zukünftig auch hier eine Therapie nur einmalig stattfinden muss«, sagte Holz.