Erhöhtes Sterberisiko durch Suizid und Unfälle |
Christina Hohmann-Jeddi |
12.08.2019 14:30 Uhr |
Das Unfallrisiko von Patienten mit ADHS ist einer Studie zufolge um den Faktor 4 höher als bei Menschen ohne die Erkrankung. / Foto: Stock Adobe/EKH-Pictures
Eine dänische Studie hatte bereits 2015 gezeigt, dass Patienten mit ADHS eine doppelt so hohe Mortalität wie Gleichaltrige ohne die Erkrankung haben. Um genauer zu untersuchen, wie hoch das Risiko von ADHS-Patienten für unnatürliche Todesursachen ist und welche Faktoren hierbei eine Rolle spielen, haben Forscher um Shihua Sun vom Karolinska-Institut in Stockholm und der Universität Örebro eine Kohortenanalyse durchgeführt. Sie werteten die Daten von 2,68 Millionen Menschen aus, die zwischen 1983 und 2009 in Schweden geboren worden waren. Von diesen hatten 86.670 Menschen (3,2 Prozent) eine ADHS-Diagnose erhalten.
Der Analyse zufolge waren 424 der ADHS-Patienten bislang verstorben, das Sterberisiko lag mit 11,6 pro 10.000 Personenjahre deutlich höher als in der Vergleichsgruppe mit 2,2 pro 10.000 Personenjahre. Dabei gingen 35,8 Prozent der Todesfälle bei ADHS-Patienten auf Unfälle und 31,4 Prozent auf Suizid zurück. Damit war das Risiko für einen Suizid um den Faktor 9 und das für einen Unfalltod um den Faktor 4 erhöht.
Erwachsene Patienten waren insgesamt deutlich stärker betroffen als Kinder. Außerdem nahm das Risiko, frühzeitig zu sterben, mit der Zahl der psychiatrischen Komorbiditäten zu. Bei Patienten mit vier oder mehr Komorbiditäten war die Mortalität um den Faktor 25 erhöht. Wer nur eine ADHS-Diagnose hatte, wies dagegen eine um 40 Prozent erhöhte Mortalität auf. Zu den Komorbiditäten zählten Verhaltensstörungen, Essstörungen, intellektuelle Einschränkungen, Autismus-Spektrum-Störungen, bipolare Störungen, Schizophrenie, Angsterkrankungen, Depression und Substanzmissbrauch. Die meisten Komorbiditäten (außer Autismus und intellektuelle Einschränkungen) erhöhten das Sterberisiko. Besonders deutlich war die Assoziation bei Substanzmissbrauch, schreiben die Autoren in der Publikation in »JAMA Psychiatry«.
»Ein verbessertes Verständnis der Rolle der psychiatrischen Komorbiditäten für die Mortalität bei ADHS-Patienten könnte die Surveillance, die Interventions- und Präventionsbemühungen vereinfachen«, sagt Sun in einer Pressemitteilung des Instituts. Eine Rolle können hierbei auch Stimulanzien spielen. Vor Kurzem zeigte eine US-amerikanische Studie, dass der frühzeitige Einsatz der Substanzen Kinder und Jugendliche mit ADHS vor der Entwicklung von Schulproblemen, Verhaltensstörungen, Depressionen und Suchterkrankungen schützen kann.