Ergebnisse zur Evaluation liegen vor |
Aufgrund des Studiendesigns und der retrospektiv gematchten Kontrollgruppe ist es nicht möglich, einen direkten kausalen Zusammenhang mit der ARMIN Einschreibung herzustellen oder abzuschätzen, durch welche Interventionskomponenten dieser bemerkenswerte Unterschied in Bezug auf die Mortalität erreicht wurde. Ob es Änderungen in der Pharmakotherapie, der engere Austausch zwischen den Heilberuflern oder die engmaschigere Versorgung waren, bleibt unbeantwortet.
Auch bleibt zu bedenken, dass durch die fehlende Randomisierung der beiden Gruppen Verzerrungseffekte nicht vollständig ausgeschlossen werden können. Zum Beispiel kann in einem Matching nicht berücksichtigt werden, dass wahrscheinlich nur besonders motivierte Patienten in ARMIN eingeschlossen wurden. Da die Effekte im Hinblick auf die Mortalität und die Hospitalisierung jedoch auch in mehreren Sensitivitätsanalysen konsistent waren, liegt es nahe, dass die Einschreibung in ARMIN tatsächlich ein ausschlaggebender Faktor war. Letztlich sind aber weitere prospektive, randomisierte Studien zu fordern, um Mechanismen und kausale Zusammenhänge besser zu untersuchen und zu verstehen.
Insgesamt hat die mehrjährige Laufzeit von ARMIN gezeigt, dass das Modellvorhaben mit allen drei Modulen in der Routineversorgung praktikabel war, unter Alltagsbedingungen umgesetzt wurde und dabei mit jedem Quartal mehr Heilberufler erreicht und auch mehr Patienten ins interprofessionelle Medikationsmanagement eingeschlossen wurden. In den begleitenden Befragungen im Rahmen der Evaluation zeigte sich eine hohe Zufriedenheit der teilnehmenden Patienten mit dem Angebot. Auch die Heilberufler äußerten eine hohe Akzeptanz und bestätigten die Machbarkeit des interprofessionellen Ansatzes (10).
Die positiven Outcomes, die die Evaluation nun aufzeigt, wie die verbesserte Therapietreue und – vor allem – das um 16 Prozent relativ verringerte Mortalitätsrisiko in der ARMIN-Gruppe deuten zudem auf einen erheblichen klinischen Nutzen hin und unterstreichen die hohe Relevanz dieses Modellvorhabens. Die ARMIN-Partner fordern nicht zuletzt auch deshalb eine Ausweitung dieses Angebots und insbesondere des interprofessionellen Medikationsmanagements in Betracht zu ziehen.
Mitglieder des ARMIN-Studienteams: Christiane Eickhoff, Uta Müller, Martin Schulz (ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V.); Andreas Fuchs, Dorit Braun, Ulf Maywald (AOK PLUS); Catharina Döhler, Mike Mätzler (Kassenärztliche Vereinigung Sachsen); Anja Auerbach, Urs Dieter Kuhn, Anke Möckel (Kassenärztliche Vereinigung Thüringen); Christine Honscha, Susanne Donner (Sächsischer Apothekerverband e. V.); Stefan Fink, Kathrin Wagner (Thüringer Apothekerverband e. V.); Walter E. Haefeli, Andreas D. Meid, Robert Moecker, Carmen Ruff, Hanna M. Seidling, Felicitas Stoll, Marina Weissenborn, Lucas Wirbka (Universitätsklinikum Heidelberg); Petra Kaufmann-Kolle, Anja Klingenberg, Jona Frasch (aQua – Institut für Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH).
Literatur
(1) Felberg M, Hörsgen R, Tampe N. Pharm Ztg 2014;159:2306-2309
(2) Medikationskatalog der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. www.kbv.de/html/medikationskatalog.php
(3) Leitlinie Medikationsanalyse der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung www.abda.de/fileadmin/user_upload/assets/Praktische_Hilfen/Leitlinien/Medikationsanalyse/LL_MedAnalyse.pdf
(4) Hausärztliche Leitlinie Multimedikation. Empfehlungen zum Umgang mit Multimedikation bei Erwachsenen und geriatrischen Patienten. Deutsche Gesellschaft Allgemeinmedizin und Familienmedizin. www.degam.de/files/Inhalte/Leitlinien-Inhalte/Dokumente/DEGAM-S3-Leitlinien/053-043_Multimedikation/053-043l_Multimedikation_31-07-21.pdf
(5) Spezifikation für einen bundeseinheitlichen Medikationsplan (BMP) gemäß § 31a SGB V. www.kbv.de/media/sp/Medikationsplan_Anlage3_ab_01.04.2023.pdf
(6) Meid AD, Wirbka L, Moecker R, Ruff C, Weissenborn M, Haefeli WE, Seidling HM on behalf of the ARMIN study team: Mortality and hospitalizations among patients enrolled in an interprofessional medication management program – results of the Medicines Initiative Saxony-Thuringia (Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen, ARMIN). Dtsch Arztebl Int 2023; 120:253-60. DOI: 10.3238/arztebl.m2023.0014
(7) O'Mahony D, O'Sullivan D, Byrne S, O'Connor MN, Ryan C, Gallagher P. STOPP/START criteria for potentially inappropriate prescribing in older people: version 2. Age Ageing 2015;44:213-8.
(8) Holt S, Schmiedl S, Thürmann PA. Potentially inappropriate medications in the elderly: the PRISCUS list. Dtsch Arztebl Int 2010;107:543-51.
(9) Austin PC: Absolute risk reductions and numbers needed to treat can be obtained from adjusted survival models for time-to-event outcomes. J Clin Epidemiol 2010; 63: 46-55.
(10) Moecker R, Weissenborn M, Klingenberg A, Wirbka L, Fuchs A, Eickhoff C, Mueller U, Schulz M, Kaufmann-Kolle P, Haefeli WE, Seidling HM. Task sharing in an interprofessional medication management program - a survey of general practitioners and community pharmacists. BMC Health Serv Res 2022;22:1005