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Glucarpidase

Enzym reduziert Methotrexat-Toxizität

Mit Glucarpidase (Voraxaze®) ist ein neues Medikament zur Senkung toxischer Methotrexat-Konzentrationen verfügbar. Gedacht ist es für Patienten mit einer verzögerten Clearance des Zytostatikums aufgrund einer beeinträchtigten Nierenfunktion.
Kerstin A. Gräfe
03.05.2022  07:00 Uhr
Enzym reduziert Methotrexat-Toxizität

Eine Chemotherapie mit hochdosiertem Methotrexat (HD-MTX) wird zur Behandlung oder Vorbeugung bestimmter Krebsarten bei Erwachsenen und Kindern eingesetzt. Trotz unterstützender Standardmaßnahmen kann eine HD-MTX bei manchen Patienten eine Nierenfunktionsstörung verursachen. Da die Ausscheidung von Methotrexat (MTX) hauptsächlich renal erfolgt, reichert sich das Zytostatikum im Knochenmark, den gastrointestinalen Schleimhäuten und anderen Geweben an. Dadurch kann es zu einer schweren bis lebensbedrohlichen Toxizität kommen. Insgesamt ist die Inzidenz hierfür aber sehr selten.

Zur Standardbehandlung einer MTX-Toxizität gehört die Gabe von Folinsäure (Leucovorin®). Zwar profitieren viele Patienten von dieser Therapie, doch kann in einigen Fällen eine Hämodialyse notwendig werden. Mit dem Orphan Drug Glucarpidase (Voraxaze® 1000 Einheiten Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung, SERB SAS) ist nun für diese Patienten eine zusätzliche medikamentöse Therapieoption verfügbar. Die Zulassung erfolgte »unter außergewöhnlichen Umständen«. Das heißt, der Hersteller muss weitere Daten zu Sicherheit und Wirksamkeit bereitstellen, die die Europäische Arzneimittelbehörde EMA jährlich neu bewertet.

Spaltung in inaktive Metabolite

Glucarpidase ist eine Carboxypeptidase, die MTX in die inaktiven Metaboliten DAMPA (2,4-Diamino-N10-methylpteroinsäure) und Glutamat spaltet. Beide werden hauptsächlich über die Leber ausgeschieden. Glucarpidase selbst passiert aufgrund seiner erheblichen Molekülgröße nicht die Zellmembran und hebt daher die intrazellulären antineoplastischen Wirkungen des hochdosierten MTX nicht auf. Eingesetzt wird Voraxaze zur Verringerung toxischer MTX-Plasmakonzentrationen bei Erwachsenen und Kindern ab einem Alter von 28 Tagen mit verzögerter MTX-Ausscheidung oder mit einem Risiko für eine MTX-Toxizität.

Der Einsatz kommt infrage, wenn die MTX-Plasmaspiegel höher als zwei Standardabweichungen von der mittleren erwarteten MTX-Ausscheidungskurve sind. Optimalerweise sollte die Anwendung 60 Stunden nach Beginn der MTX-Hochdosisinfusion stattfinden, da lebensbedrohliche Toxizitäten nach diesem Zeitpunkt möglicherweise nicht mehr vermeidbar sind. Klinische Daten zeigen jedoch, dass Glucarpidase auch nach diesem Zeitfenster noch wirksam ist. Empfohlen wird eine Einzeldosis von 50 Einheiten pro kg Körpergewicht als intravenöse Injektion über fünf Minuten.

Folinsäure, ein kompetitives Substrat der Glucarpidase, sollte nicht innerhalb von zwei Stunden vor oder nach einer Voraxaze-Gabe angewendet werden, um Wechselwirkungen zu vermeiden. Zudem kann Glucarpidase die Konzentrationen anderer Folat-Analoga oder Folat-analoger Stoffwechselinhibitoren reduzieren.

Glucarpidase wird in Kombination mit MTX verabreicht, das in der Schwangerschaft kontraindiziert ist. Es sollte bei Schwangeren nur verabreicht werden, wenn es unbedingt erforderlich ist. Hinsichtlich des Stillens muss eine Entscheidung getroffen werden, ob das Stillen zu unterbrechen oder die Therapie abzubrechen beziehungsweise darauf zu verzichten ist.

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